Der Sprung: Von Werkstatt in 1. Arbeitsmarkt

Home Foren ALLGEMEIN (öffentlich) Der Sprung: Von Werkstatt in 1. Arbeitsmarkt

  • Dieses Thema hat 53 Antworten und 9 Teilnehmer, und wurde zuletzt aktualisiert vor 4 Jahre, 11 Monate von Anonym.
Ansicht von 15 Beiträgen - 31 bis 45 (von insgesamt 54)
  • Autor
    Beiträge
  • #37079
    Anonym

      Nur mal kurz eben, weil ich Deine Frage gesehen habe.

      https://de.wikipedia.org/wiki/Prim%C3%A4rprozess

       

      #37094
      Anonym

        oh, es gibt wirklich zu allem einen wiki.

        macht Sinn und ergänzt wohl mein Getippe..

        #37445
        Anonym

          Prozesse. Ich glaub Herr K. war es, der den Prozessen sich auszuliefern hatte und abgeführt wurde und nicht wusste, wieso, weshalb, warum.. die, die ihn abgeführt haben, wissen es auch nicht.

          …ich habe mir nochmal durchgelesen was ich geschrieben habe: “Urhorde, Vatermord..

          Wenn nun die primären Prozesse in der Kindheit sich entfalten und darauf aufbauend die sekundär Prozesse diese quasi weiterverarbeitend auf der Strecke bis zum Tode hervorbringen, bleibt nicht viel zu hoffen, wenn Psychosen frühe Störungen sein sollen und sich somit in die primären Prozesse einschreiben und späterhin ein sinnreiches Leben ermöglichen oder halt verunmöglichen.. so habe ich Dich zumindest verstanden @grenfell und ich weiß gar nicht so recht, was ich dann Da alles getippt habe.. ich bin gerade nicht so hoffnungsvoll und meine Sympathie für bestimmte Theorien beruhen ja auch nur darauf, sie ein bisschen zu kennen oder zumindest davon gehört zu haben.

          Es gibt unglaublich viele Mediziner und Psychologen, die sich dem Leid angenommen haben. Ich habe auch mal eine Hausarbeit zur “Verhaltenstherapie” geschrieben und bis hin zu meinem Abschluss, wo ein Kapitel sich um Daseinsanalyse drehte, bin ich immer wieder in Berührung mit den Themen gekommen. Unzählige Seminare und Vorlesungen habe ich bei einem Professor besucht, der auch Psychoanalytiker ist und viele Sachen Richtung Philosophie gemacht hat.. ja..

          Ich habe mit den Texten und der Literatur wenig Schwierigkeiten und auf einer abstrakten Ebene ist es wie beim Glasperlenspiel von Hermann Hesse. Jedoch muss ich mir eingestehen, dass diese verständige und nachvollziehende Weise, wie ich mit den Sachen umgehe, nicht dazu gedient hat, mich vor den Psychosen und anderen Krisen zu bewahren oder mir ein Leben ohne Tabletten und Brot auf dem Tisch zu ermöglichen. Trotzdem erlauben mir die Theorien ein anderes In-der-Welt-sein und manche Einsicht hat grundlegende Veränderungen angestoßen und hervorgebracht.. Glasperlenspiele :)

          die liebe ich ja und die will ich nicht missen.. und gut möglich, dass es ein lebenslanger Prozess ist, der letztlich auch in die Wüste führen kann..

          LG

           

           

          #37449
          Anonym

            Hallo Mallory,

            nein, nein, das hast Du falsch verstanden. Die Primärvorgänge finden immer statt, sie setzen uns unsere Ziele im Leben und sie verursachen unsere Ängste. Das sind die Träume und Fantasien, die wir haben. Die dürfen wir auch haben, müssen sie sogar haben. Als Jakob von der Himmelsleiter träumte, da war das ein Primärvorgang. Nur was hat er, durch Sekundärvorgänge, also rationales, logisches Denken, alles draus gemacht!

            Die akute Psychose ist ein Zustand, in dem die konsistente und kontinuierliche Erfahrung des Selbst nicht mehr aufrecht erhalten werden kann, weil die Fähigkeits des Ichs, diese aufrecht zu erhalten, zusammengebrochen ist. Darauf reagiert man mit Panik und versucht mit allen noch zur Verfügung stehenden Kräften, wieder Kohärenz in der Erfahrung des Selbst herzustellen und die Außenwelt mit Hilfe regressiver Ideen und Wahnvorstellungen neu zu interpretieren und irgendwie eine Art Übergangskontinuität herzustellen. Der Preis ist der Zusammenbruch der Fähigkeit, ein realistisches Verhältnis zur Umwelt herzustellen.

            Ziel muss es also für einen Kranken immer sein, dieses realistische Verhältnis zur Umwelt wieder herzustellen und nicht mehr in Frage zu stellen oder stellen zu lassen. Was ich wichtig finde, das ist, zwar seine eigene Innenwelt ernst zu nehmen, aber auf der anderen Seite auch die Realität immer im Blick zu behalten.

            Psychosen sind nicht unbedingt frühe Störungen, sondern sie sind eher zeitweise Störungen der Differenzierung von Subjekt und Objekt durch den Rückfall in unbewusste regressive Ideen aufgrund einer Überlastung durch irgendeine Art von Stress, die zu einem Bruch der Erfahrung des Selbst führt.

            LG Grenfell

            #37461
            Anonym

              @greenfell ich sehe es eher als das rechtsranfahren in der rush hour an, bei dem man sich in ein cafe setzt, eine schokolade trinkt und der musik im hintergrund lauscht ohne sofort ins geschehen einzugreifen auch wenn es sich grad schräg anhört.

              #37514
              Anonym

                Ja, rechts ran fahren ist die Alternative zur Psychose. Einfach in die Natur setzen auf eine Bank, stundenlang. Oder im Bett liegen, oder ein Buch lesen oder einfach in die Luft gucken. So Sachen halt.

                #37532
                Anonym

                  @grenfell -ose steht ja für Reichtum an oder Übermaß von an im Gegensatz zu Enge, Öse oder Angst. Wer keine Seele hat, kann auch nicht daran erkranken sondern funktioniert. Ich hab mir sagen lassen, dass das liegend an die Decke Starren der Hauptanteil kreativer Arbeit sein soll, solange man das Ziel der Reise mag.

                  #37550
                  Anonym

                    @grenfell, Danke für Deine Antwort. Ob nun primär und sekundär als Prozess gedacht aufeinander folgen oder halt ständig “dynamisch” im Wechselspiel prozessieren.. Die Theorien reichen ja oft nicht aus, um Erfahrungen wie eine Psychose zu fassen. Viele Auffassungen, wie Double-Bind, die schizophrene Mutter, der abwesende Vater, das Vulnerabilitäts-Streß Modell, die pränatalen Schwierigkeiten und Komplikationen bis hin zur Geburt, Substanzmissbrauch, genetische Anomalien und physische Abweichungen im Hirn, und der berühmte Streß, der ja momentan die Hauptwirkursache sein soll, wenn Menschen krank werden, denke an Burn Out und Mobbing, Herzinfarkte etc.

                    Die Sprachnot, die ich habe, ebenso meine Versuche schriftlich etwas zu vermitteln, was vielleicht gar nicht zu vermitteln ist auf diese Weise, weil wir zwar alle irgendeine Diagnose mit schizo- davor haben, aber die Biographien und bedeutsamen Momente und Lebensalter unterschiedlich sind in denen wir diese Erfahrungen zu bewältigen haben. Gedichte eignen sich Da fast besser als ein Lehrbuch und diese Einzigartigkeit, die eine ja in sich stimmige Gestalt, ein Gedicht entfaltet, etwas was selbst beim lesen Eurer Beiträge hier entsteht. Ein Zwischenraum in dem wir uns begegnen und das ist für mich nun letztlich die einzigartige Erfahrungen, die ich empfinde kann ab und an und das lässt sich nicht rationell-technisch als Prozess beschreiben. So dachte ich ungefähr und wie @christine dass ein auf seine Funktionen reduzierter Mensch, seelenlos wird und so geht halt mit jeder theoretischen Voraussetzung, die Mediziner und Psychologen beschreiben, eine Vorstellung vom Menschen mit einher..

                    Manchmal habe ich es als Strafe empfunden, derart hin-und-her gerissen zu sein und ewig mich zu fragen, wie es nun dazu kam und wie ich ein für mich als sinn-und-werterfülltes Leben führen darf und kann. Es ist schmerzhaft zur Zeit alle Pläne die ich hatte zu verwerfen, aber vielleicht ist es ein anderer Anfang.

                     

                    who knows

                     

                     

                    #37642
                    Anonym

                      Hallo Mallory,

                      Bei dem Thema Primärvorgänge und Sekundärvorgänge geht es auch nicht um eine Psychose. Es geht darum, verschiedene Arten des Denkens voneinander zu unterscheiden. Das hat mit Psychose nichts zu tun.

                      Was Du jetzt aber alles aufzählst, das sind verschiedene Erklärungsversuche dafür, dass eine Psychose ausgelöst wird. Ich habe mich da viel allgemeiner ausgedrückt. Nämlich dass es “irgendwie” zu einem Bruch der Erfahrung des Selbst kommt, dieser Bruch Panik auslöst und das Ich (das Gehirn) versucht, diesen Bruch dadurch wieder zu heilen, dass es beliebige Erklärungen für diesen Bruch bastelt. Dieser Heilungsversuch ist der Wahn. Durch ihn versucht das Gehirn, eine konsistente und kontinuierliche Selbst-Erfahrung zu erhalten und das Selbst wieder zu stabilisieren. Die Kosten dieser Stabilisierung sind, dass der Realitätsbezug verloren geht. Also, das Gehirn macht auch in der Psychose seine Arbeit genau richtig, nur ist die Verletzung so groß, dass es eben den Realitätsbezug nicht mehr aufrecht erhalten kann.

                      Wichtig für eine Gesundung erscheint mir daher vor allem, dass man einerseits sein Selbst wieder stabilisieren kann und andererseits auch den Realitätsbezug herstellt.

                      Wenn ich mir jetzt die Medikamentenfrage stelle, so sehe ich das so, dass Neuroleptika, egal welche, immer nur bestimmte Funktionen des Gehirns außer Kraft setzen oder einschränken. Etwas anderes können Psychopharmaka ja grundsätzlich nicht tun. Der Effekt ist, dass man die Verletzung seines Selbst nicht mehr so spürt und deshalb wieder einen Realitätsbezug herstellen kann. Der nächste Effekt ist, dass eine Art Neuroleptikasucht entsteht, wodurch man dann immer weiter auf die Neuroleptika angewiesen ist und ansonsten sich selbst nicht mehr ertragen kann. Die Realität wird dadurch natürlich auch nicht leichter zu bewältigen und stellt einen vor große Probleme. Aber durch die Neuroleptika kann man es einigermaßen ertragen.

                      Gelingt es, die Verletzung des Selbst wieder zu heilen und den Realitätsbezug wieder herzustellen, dann ist das letzte Problem die Neuroleptikasucht. Hier muss man dann langsam die Neuroleptika wieder ausschleichen, sehr langsam und vorsichtig.

                      LG Grenfell

                       

                      #37644
                      Anonym

                        Im Prinzip widerspricht das von mir Gesagte auch nicht dem Vulnerabilitäts-Stress-Coping-Modell. Nur stellt es die Dinge in ein anderes Licht. Das Entscheidende ist die Verletzung des Selbst.

                        Das Selbst sind die Erfahrungen und die Repräsentanzen der Menschen der näheren Umgebung und auch die genetisch-biologische Basis des Individuums.

                        Das Ich ist ein theoretisches Konstrukt, das das Gehirn als eine Instanz beschreibt, die auf die Reize aus der Umwelt aufgrund seines Selbst reagiert und Absichten verfolgt.

                        Die Sekundärvorgänge sind das logische, schlussfolgernde Denken.

                        Die Primärvorgänge sind Träume, Fantasien und Wunschvorstellungen.

                        Die Frage, die ich mir immer gestellt habe, war: Woher kommen unsere Ziele? Denn ich habe an der Uni gelernt, dass es eine Ziel-Mittel-Hierarchie gibt. Mittlerweile ist mir das klar geworden. Unsere Ziele kommen aus den Primärvorgängen. Hier ist auch das verortet, was wir den “Sinn” des Lebens oder den Sinn von dem nennen, was wir denken und tun, oder was wir dafür halten.

                        Was mir auch klar geworden ist, das ist, dass natürlich in unserem Gehirn nicht die “Wirklichkeit” ist. Die Wirklichkeit ist “irgendwo da draußen”. Wir haben im Laufe des Lebens unsere eigene Wirklichkeit selbst konstruiert. Das ist das Selbst und dafür gibt es eine Repräsentation im Gehirn. Natürlich muss sich diese Konstruktion an der Realität bewähren, sonst ändern wir sie wieder. Das ist das Lernen.

                         

                         

                        #37930
                        Anonym

                          @grenfell, guten Morgen :)

                          Schwer Dir meine Voraussetzungen bei dem Thema ausführlich darzustellen, weil hinter jedem Begriff steht ja bereits eine Jahrtausende alte Geschichte.

                          Mir war am Anfang nicht klar, was Du unter Primär und Sekundärprozess meintest und Du hast mir diesen Link geschickt

                          https://de.wikipedia.org/wiki/Prim%C3%A4rprozess

                          Darin steht ja “Der Primärprozess ist kennzeichnend für die individuelle menschliche Ontogenese als früheste kindliche Entwicklungsphase.”

                          Damit und aus den Sachen die ich schrieb, dachte ich, dass die Psychose, die in der Literatur immer wieder als frühe Störung bezeichnet wird, in die Phase dieses Primärprozesses fallen.

                          Auf der Seite von Wikipedia ist auch eine Abbildung des Instanzenmodells, wie es Freud entwickelt hat und die Pfeile zeigen ganz gut, wo Reize ankommen und wie das Ich als Mittler zwischen Es (Trieb) und Über-Ich (Gewissen, Moralvorstellungen) vermittelt.

                          Die Frage nach Zielen oder gar dem Sinn von Sein da heraus zu bestimmen, abzuleiten, zu beschreiben, halte ich für schwierig, wenn nicht unmöglich. Freud hat sich bei seiner Theorie auf unsere Sexualität, auf die Reize die auf das Es treffen bezogen und ich möchte behaupten, dass unsere Ziele und unser Sinn jedoch durch die Liebe ermöglicht wird und von Da aus zu Fragen wäre, wie ich leben will und darf.

                          LG

                          mallory

                           

                           

                          #37935
                          Anonym

                            Hallo Mallory,

                            vielleicht findet sich beim Lexikon der Psychologie eine bessere Darstellung des Primärprozesses und Sekundärprozesses: https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/primaerpozess/11822

                            Danach ist der Primärprozess völlig losgelöst von jeder Logik und nicht von Ursache und Wirkung bestimmt (Bedürfnisbefriedigung auf schnellstem Weg). Er beginnt zwar als frühestes Denken, entwickelt sich aber nach neueren Erkenntnissen im ganzen Leben weiter.

                            Der Sekundärprozess ist dagegen das vernünftige, logische Denken in Ursache-Wirkungszusammenhängen.

                            “Die primärproßhafte Organisation ist demnach für die Regulierung, Aufrechterhaltung und Entwicklung des Selbsterlebens zuständig (für die Assimilation neuer Erfahrungen, für die Integration des Selbst mit dem Ziel, Identität und Kontinuität aufrechtzuerhalten). Die Funktion des Sekundärprozesses besteht demnach darin, Wahrnehmen, Denken und Handeln entsprechend den Realitätserfordernissen zu organisieren.”

                            Was in der Psychose zusammenbricht, das ist das Selbst, das einen Bruch bekommt, weil neue Erfahrungen nicht mehr in das Selbst integriert werden können. Der Bruch entsteht also im Primärprozess. Der ist die ganz unten liegende tiefste Schicht unseres Bewusstseins. Und ihm geht es um “Bedürfnisbefriedigung sofort!” Deshalb sage ich, dass aus dem Primärprozess unsere Ziele und Wünsche kommen, während der Sekundärprozess sich überlegt, wie er diese Ziele und Wünsche am besten realisieren kann.

                             

                            #37942
                            Anonym

                              In dem Buch Erika J. Chopich und Margaret Paul: Aussöhnung mit dem inneren Kind. ISBN 3-548-35731. schreiben sie “Das innere Kind erlebt das ganze Spektrum intensiver Gefühle – Freude und Schmerz, Glück und Traurigkeit. Das innere Kind funktioniert in der Sphäre von Sein, Fühlen und Erleben, die der rechten Gehirnhälfte zugeordnet sind. Im Gegensatz dazu steht der Erwachsene, der über das Machen, Denken und Handeln der linken Gehirnhälfte gebietet, zugleich aber ebenfalls über eine ganze Skala von Gefühlen verfügt. ‘Tun’ bezieht sich auf die äußere Welt und auf Aktivität, während ‘Sein’ sich auf die Existenz auf einer inneren, emotionalen und spirituellen Ebene bezieht. ‘Tun’ ist eine äußere Erfahrung, während ‘Sein’ eine innere Erfahrung ist.”

                              Das ist für mich ebenso eine Darstellung von Primärprozess und Sekundärprozess. Der Primärprozess als “inneres Kind” und der Sekundärprozess als “innerer Erwachsener”, der sich um das innere Kind kümmert.

                               

                              #37984
                              Anonym

                                Guten Abend @grenfell

                                Danach ist der Primärprozess völlig losgelöst von jeder Logik und nicht von Ursache und Wirkung bestimmt (Bedürfnisbefriedigung auf schnellstem Weg). Er beginnt zwar als frühestes Denken, entwickelt sich aber nach neueren Erkenntnissen im ganzen Leben weiter.

                                Das wäre klasse, weil das ja auch bedeuten würde, dass die Psychose zumindest therapierbar ist.

                                Ich würde halt sagen, dass es kein frühes Denken ist, sondern eine Phase die entwicklungspsychologisch jeder Mensch durchläuft und die aus verschiedenen Gründen, etwa Traumata oder auch Substanzgebrauch, hervorbrechen kann. In der Psychose erfahren wir ja gerade alogische Zustände und Hallus, die andere nur im Traum oder halt in der Phantasie kennen.

                                Leuchtet mir ein Grenfell und danke für den Beitrag.. wir sind zwar ganz vom Thema “Sprung auf den 1. Arbeitsmarkt” abgekommen, aber mir hat s was gebracht :)

                                 

                                lg

                                #38013
                                Anonym

                                  Hallo Mallory,

                                  Schizophrenie nennt man ja auch “Spaltungsirresein”. Die Spaltung ist ein Mechanismus, den Schizophrene offensichtlich ganz besonders gut beherrschen. Sie spalten unerwünschte Anteile ab und verlegen sie nach Außen auf einen anderen Menschen beispielsweise. Also, so entsteht beispielsweise der paranoide Wahn dadurch, dass man seinen eigenen aggressiven Anteil auf einen oder mehrere andere Menschen überträgt, die einen dann angeblich verfolgen und angreifen wollen.

                                  Damit habe ich ja auch Erfahrung. Als ich 1993 meinen Suizidversuch begangen habe, da habe ich gedacht, die anderen Menschen halten mich für den Teufel in Menschengestalt und wollen mich auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Deshalb habe ich meinen Suizidversuch begangen, eben weil ich nicht auf dem Scheiterhaufen verbrennen wollte. Aber in Wirklichkeit war ich total sauer auf die anderen Menschen, die mich eben völlig falsch behandelten zu der Zeit. Ich habe mich komplett von der Welt falsch verstanden und falsch behandelt gefühlt. Also radikal falsch. Ich könnte das jetzt im einzelnen auseinanderlegen, aber es spielt jetzt keine Rolle. Und deshalb war ich sauer auf die ganze Welt. Ich weiß noch, wie ich, bevor damals die allererste Psychose ausbrach, so unendlich sauer war auf jemanden, dass ich den am liebsten umgebracht hätte, aber mein Gewissen und meine Erziehung und Sozialisation haben mich davon abgehalten. Das war ein gewaltiger innerer Kampf und eine gewaltige Energie, die ich damals hatte. Da ich meine Aggression jedoch keinesfalls ausleben durfte, habe ich mit aller Macht dagegen gekämpft, das nach Außen dringen zu lassen und die irgendwie nach innen gerichtet und die Welt als böse beurteilt, die mich verfolgt hat und umbringen wollte. Das war die Spaltung, die der Wahn ist.

                                  Den Krankheitsvorteil, den habe ich jetzt auch rausgefunden: Er besteht nämlich darin, dass man seine eigenen “verbotenen” Aggressionen nicht mehr spüren muss. Schließlich sind ja aus der eigenen Sicht die anderen die Aggressiven. Man selbst ist also völlig unschuldig, meint man. Dadurch kann man die eigene innere Spannung, die man sonst nicht mehr aushalten könnte, reduzieren. Problem nur: Man befindet sich jetzt in einer völlig anderen Realität, die mit der Alltagsrealität nichts mehr zu tun hat. Das ist der Preis.

                                  Das war damals nicht das erste Mal, dass ich eine akute Psychose hatte, als ich meinen Suizidversuch gemacht habe, aber jeder der psychotischen Schübe war begleitet von dieser irren Spaltung. Und ich denke, dass jedes Mal eine starke seelische Verletzung stattgefunden hat, wegen der ich dann angefangen habe, diese Spaltung durchzuführen und im Wahn zu versinken. Der Wahn selbst ist dann ein surrealistisches Theater, das mir mein Gehirn irgendwie zusammenbaut und wo dann irgendwas Regie führt, das außerhalb meiner bewussten Kontrolle liegt.

                                  Man muss also diese Spaltung irgendwie erkennen und wenn man das macht, irgendwie innerlich Abstand nehmen davon. Sich vertragen, und wenn das nicht möglich ist, seinen eigenen Weg gehen und weg gehen. Also irgendwie einen inneren Frieden mit dem ablehnenden oder verletzenden Verhalten der anderen machen. Da ist dann das vernünftige und logische Denken wieder wichtig. Wenn man davon nicht innerlich Abstand nehmen kann, dann ist das die Zeit der Neuroleptika, die einem dann auf chemischem Weg den Abstand verschaffen, und wenn das auch nicht geht, dann eben die Klinik.

                                  Na, kann man natürlich auch noch viel drüber schreiben, aber, so denke ich, wenn man nicht seine Psychose irgendwie “durchschaut”, dann wird man es im Arbeitsleben sowieso recht schwer haben. Insofern passt das Thema auch zu Von Werkstatt in 1. Arbeitsmarkt.

                                  LG Grenfell

                                Ansicht von 15 Beiträgen - 31 bis 45 (von insgesamt 54)
                                • Sei müssen angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.