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25/11/2020 um 3:14 Uhr #132241Anonym
Ja, warum eine Psychose immer wieder durch irgendwelche Auslöser (Trigger) hervorgerufen werden kann, darüber habe ich mir auch schon mal Gedanken gemacht.
Und zwar lernt man während der ersten akuten Psychose, dass dies eine Möglichkeit ist, mit Stress umzugehen. Also, das Gehirn lernt es, dass man, wenn man einem bestimmten Auslöser begegnet, dass man den durch die psychotische Reaktion bewältigen kann.
Da habe ich ja meine Theorie, also ist jetzt nicht meine, aber ich habe mir sie zu eigen gemacht, dass man, wenn man ein Trauma erlebt oder eine existenzielle Krise und das nicht verarbeiten kann, eine Übergangs-Konstruktion baut, mit der man dann mit der Situation doch wieder klar kommt. Also beispielhaft wäre es so, dass man gegen einen Menschen eine sehr starke Aggression hat, weil der einen verletzt hat, durch was auch immer. Und mit dieser Aggression kommt man nicht zurecht, weil man sagt: Ich bin ein guter Mensch. Ich würde niemals jemandem etwas zuleide tun. Und das Gewissen spricht: Ich darf nicht solche Aggression haben. Und damit man seine eigene Aggression nicht so spüren muss und eben auch nicht ausleben muss, weil sie einen auffressen würde, spaltet man diese Aggression ab und sagt: Der andere Mensch ist abgrundtief böse und verfolgt mich. Und dann kriegt man natürlich vor diesem Menschen Angst. Diese Verfolgungsangst ist dann die Paranoia.
Ein anderes Beispiel: Ich fühle mich ohnmächtig und ganz einsam, und ich bin total mit meinem Leben gescheitert. Und das will ich mir selbst nicht zugestehen, weil mein Selbstbild ist, dass ich ein erfolgreicher und beliebter Mensch bin, der sein eigenes Schicksal gestalten kann. Und diesen Konflikt zwischen meinem Selbstbild und der tatsächlichen Situation, den erkenne ich natürlich, aber ich kann ihn nicht aushalten. Also entwickele ich eine Fantasie, dass ich magische Kräfte habe und eigentlich Napoleon bin, nur um mal ein abwegiges Beispiel zu nehmen. Man könnte ja auch jeder andere werden. Aber durch diese Wahnvorstellung kann ich mein eigenes Selbstbild erhalten und meine Realität reparieren. Ich brauche mich nicht mehr mit meiner Ohnmacht, meiner Einsamkeit und meinem Scheitern im Leben auseinander zu setzen.
Das wäre dann auch der echte Krankheitsvorteil der Psychose, dass man sich eben nicht mehr mit dem echten Problem auseinander setzen muss.
Und so kann man sicherlich auch für andere Symptome, die bei einer Psychose auftreten, einen Krankheitsvorteil finden. Also, damit will ich die Psychose nicht abwerten. Sie ist ja nötig für den Menschen, der ansonsten psychisch ganz und gar nicht mehr klar kommen würde. Also, der psychosekranke Mensch braucht seine Symptome, um mit seinem Leben klar zu kommen, auch wenn dadurch die Kommunikation mit der ganzen anderen Welt gestört ist. Das sind eben die Kosten der Psychose.
Ich glaube, dass unser Gehirn automatisch immer so eine Kosten-Nutzen-Rechnung macht. Und wenn es mal gelernt hat, dass es mit einem bestimmten Verhalten eine Krise lösen kann, dann wird das Gehirn diesen Weg auch wieder gehen. Deshalb kriegt man auch, wenn man schon mal eine Psychose hatte, später immer wieder leichter eine Psychose.
Was kann man nun tun? Im Grunde ist die Aufgabe, die Reaktion “Psychose” zu verlernen und unnötig zu machen. Dem Gehirn, und nicht nur dem Bewusstsein, auch dem Unbewussten, muss klar gemacht werden, dass die Psychose zu teuer ist. Dazu kann man natürlich an verschiedenen Stellen ansetzen.
Viele Grüße
Solarfire
25/11/2020 um 4:19 Uhr #132243Was mir noch zum Thema einfällt, in einem kurzen Bericht, den ich zufällig mal bei Youtube gesehen habe, ging es u.a. um einen Mann in Südkorea, der seinen geliebten Hund hat klonen lassen. Er hatte dann mehrere Hunde, die so aussahen wie der geliebte Hund, aber er war enttäuscht, dass sich die geklonten Hunde alle im Wesen sehr unterschieden und kein Hund so war wie der geliebte Hund.
Naja also zum Wesen des Hundes hat die Genetik kaum etwas beitragen, würde ich meinen. Bei Menschen ist es ja auch so, dass Geschwister sehr ähnliche Gene haben aber im Wesen sehr unterschiedlich sein können.
Es gibt sicher auch familiär übertragene Vulnerabilität für Psychosen, aber ich kann nicht glauben, dass das die Norm ist. Bis jetzt habe ich nur einen Betroffenen im RL getroffen, dessen Schwester auch Psychosen bekommen hat. Klar, nur weil es in meiner Familie außer mir keine Psychosen hatte, muss es nicht heißen, dass es keine familiär erhöhte Vulnerabilität gibt. Trotzdem erscheint es mir schlüssiger anzunehmen, dass jeder Mensch mehr oder weniger psychoseanfällig ist.
Ich glaube auch, dass wenn man mich mehrfach klonen lassen würde und die geklonten Babys in unterschiedlichen, durchschnittlichen Familien aufwachsen lassen würde, möglicherweise bei keinem dieser Klone eine Psychose ausbricht. Dass also auch bei mir die Psychoseanfälligkeit sehr von den Umständen abhängt, wie ich als Person entstanden bin, vom Zeitpunkt der Befruchtung an, bis jetzt.
25/11/2020 um 6:08 Uhr #13225025/11/2020 um 8:57 Uhr #132257Ich muss sagen, dass ich schon einige getroffen habe (unter anderem einer meiner besten Freunde), wo die Schizophrenie wirklich gehäuft in der Familie auftritt. Also, da ist schon irgendwie eine genetische Komponente. Aber es kommt halt nur zum Ausbruch, wenn verschiedene psychosoziale Komponenten zusammenkommen.
Nicht jeder, der den genetischen Code für Schizophrenie hat, wird krank.
Eine Wunde ist ein Ort, über den das Licht in dich eindringt. (Rumi)
25/11/2020 um 9:44 Uhr #132261Bei meiner Verwandtschaft sehe ich auch, dass die Vererbung schon eine Rolle spielt. Also anscheinend kann man schon nahe am Wahnsinn gebaut sein. Aber ob das direkt krank und behandlungsbedürftig ist, kommt darauf an, wie hoch der Leidensdruck für einen und die Umwelt ist, finde ich.
25/11/2020 um 9:52 Uhr #132262AnonymIn meiner Familie tritt es eindeutig gehäuft auf. Meine Ma, Schwester, ich und womöglich Neffe den ich als mindestens vorbelastet sehe. Bei allen kamen Traumen dazu muß man aber auch klar sagen.
Aber ich frage mich umgekehrt warum ist diese Krankheit für so viele so schwer zu akzeptieren, im Gegensatz zu anderen Krankheiten?
LgB
25/11/2020 um 10:21 Uhr #132267Aber ich frage mich umgekehrt warum ist diese Krankheit für so viele so schwer zu akzeptieren, im Gegensatz zu anderen Krankheiten?
Ich glaub, man lässt sich nicht so gerne einreden, dass man nicht richtig denken kann.
25/11/2020 um 12:08 Uhr #132276Für mich sind es zwei völlig unterschiedliche Sachen, ob ich meine persönlichen Psychose-Erfahrungen annehmen und wie gut ich damit umgehen kann; und ob ich das Narrativ der Schulmedizin adoptiere, was Schizophrenie ist und wie sie zu behandeln wäre.
25/11/2020 um 12:56 Uhr #132278Das hat gesessen @mowa. ;) Um sich von der Psychiatrie wieder zu emanzipieren, muss man einfach auch sein individuelles Konzept finden.
25/11/2020 um 14:50 Uhr #132305AnonymIch glaub, man lässt sich nicht so gerne einreden, dass man nicht richtig denken kann.
Es hat ja gar nicht so viel mit Denken zu tun, sondern eher mit dem Unbewussten und dem Fühlen. Denn ich entscheide mich gar nicht, psychotisch zu reagieren, sondern ich werde aus dem Unbewussten mit psychotischen Gedanken überflutet, die entstehen, weil ich eben überfordert bin. Es ist eher ein emotionales Problem als ein kognitives. Die Kognition wird durch die Emotionen eben gestört. Also nicht so sehr der Verstand ist beeinträchtigt, sondern die Wahrnehmung.
Und da gibt es das Bild von einem Wagen, der gezogen wird von einem Pony und einem Elefanten. Das Pony ist das Bewusste, der Elefant ist das Unbewusste. Und wenn der Elefant verrückt spielt, dann kann das Pony ziehen, wohin es will, es wird trotzdem vom Elefanten dahin gezogen, wohin der eben will.
25/11/2020 um 16:11 Uhr #132310Find ich richtig gut Erklärt @solarfire :good: . Genauso meine ich es. Es gibt eine genetische Vorbelastung die durch Ereignisse ausgelöst wird. So wie beim alkoholiker-gen, da müssen auch mehrere Faktoren zusammen kommen bis man alkoholiker wird. Mein Dad war einer und ich hab zwar als jugendliche Rebelling oft in Discos getrunken, aber jetzt nur zu Anlässen wenn überhaupt. :bye:
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Quetiapin 200 +400 , Risperidon 2mg, Doxepin 2x 50mg,
Ofiril 2x 150mg, Bedarf Lorazepam
L-Thyroxin26/11/2020 um 8:52 Uhr #133991@solarfire Ja, Du hast recht. Über das Unbewusste ergibt sich ein mögliches Erklärungsmodell; bisher sind die Ursachen ja noch nicht abschließend geklärt. Ich denke aber, dass die Emotionen/Affekte nur bei einem Teil der Patienten diese tragende Rolle einnehmen.
Meine Aussage war mehr eine Antwort auf Bernadettes Frage, warum man diese psychische Krankheit schwerer akzeptieren kann als andere: weil man sich gleichsam selbst verleugnen würde, wenn man sich so ohne weiteres eingestehen würde, dass man nicht alle Tassen im Schrank hat.26/11/2020 um 10:41 Uhr #134022AnonymMeine Aussage war mehr eine Antwort auf Bernadettes Frage, warum man diese psychische Krankheit schwerer akzeptieren kann als andere: weil man sich gleichsam selbst verleugnen würde, wenn man sich so ohne weiteres eingestehen würde, dass man nicht alle Tassen im Schrank hat.
Ja, das ist mir auch schon aufgefallen und habe ich schon mal mit meiner Therapeutin angesprochen: Das, was man am allerwenigsten bereit ist aufzugeben und zu korrigieren, das wofür man am meisten kämpft, das ist das eigene Bild von sich selbst. Und das ist bei Schizophrenen besonders ausgeprägt, also die tun alles dafür, das eigene Selbstbild von sich selbst aufrecht zu erhalten. Selbst um den Preis, dass einen alle anderen für komplett verrückt ansehen und nicht nur das, sondern man weiß auch selbst, dass das verrückt ist, was man macht. Da muss ich mich auch selbst an die Nase fassen.
26/11/2020 um 14:34 Uhr #134046AnonymZu mir selbst mit einer Prise Humor habe ich kein Problem zu sagen ich bin ein bißchen ver-rückt oder etwas bluna. Bzw. die Ereignisse die ich erlebt habe in akuter Psychose waren etwas ver-rückt. Ich hab da kein Problem mir das einzugestehen das ich da aussergewöhnliches erlebt habe.
26/11/2020 um 19:01 Uhr #134100Hab viel drüber nachgedacht und könnte mich schon wieder drüber aufregen.
Es ist einfach eine frage der Ethik verdammt wie sich menschen benehmen müssen und wie sie leben müssen.
Oder andere probieren sachen aus und die anderen versuchen sie wieder grade zubiegen bevor sie überhaupt die ursache herausfinden.
Bsp mein prof. Hat gesagt das die meisten wegen cannabis eine psychose bekommen. Und warum ist es nicht auf der ganzen welt verboten.
Soll der sich doch dafür einsetzen anstatt den fehler der anderen gradezubiegen.
Oder es akzeptieren.
KOTZ ECHT
Sorry leute musste mal sein
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