"Schizophrenie gibt es nicht" – Jim van Os

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  • #85514

    was denn für Vorteile?

     


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    D / 49Jahre
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    Ofiril 2x 150mg, Bedarf Lorazepam
    L-Thyroxin

    #85557
    Anonym

      was denn für Vorteile?

      Momentan ist meiner Meinung nach die Sicht der Psychiater, jeder sollte ein Leben lang Medikamente nehmen, weil das eine Gehirnerkrankung ist, das ist meiner Meinung nach aber nicht hilfreich für mehr als die Hälfte der Patienten.

      Wenn man genau anschaut wie sich die Krankheit auswirkt und welche Art man hat, dann kann man wahrscheinlich wirklich das ganze ein bisschen differienzierter sehen.

      Der Glaube Schizophrenie wäre eine Gehirnstoffwechselstörung eines kranken Gehirns verhindert in vielen Fällen eine angemessene Behandlung.

      Viele die diese Diagnose bekommen sind völlig fertig, weil sie praktisch nur noch Medikamente nehmen sollen und das ein Leben lang. Wegen den Rückfällen.

      Vorteile hat die alte Sichtweise jedenfalls keine, also muss die andere Sichtweise irgendwo berechtigt sein, weil dieses alle über einen Kamm scheren, alle mit der Diagnose bringt nämlich nur Nachteile.

      Ich würde mir einfach erhoffen, dass man eine bessere Behandlung erhält, die Diagnose Schizophrenie ist ja nicht mehr besonders neu, die  wurde am 24. April 1908 schon erfunden, irgendwie scheint sie mir zwar schon richtig zu sein, aber eben zu wenig genau. Es gibt vielleicht vier oder fünf Unterformen, aber das ist ja schon alles was man dazu erfahren kann in den Lehrbüchern. Diese Diagnose ist veraltet und sollte überdacht werden.

      Aber es ist eben so, dass es in dem Artikel nicht nur darum geht dem Kind einen anderen Namen zu geben, es geht um mehr meiner Meinung nach. Fortschritt in eine richtige Richtung.

      #85561

      Hm….ich seh da jetzt kein Vorteil. Die Behandlung ist doch differenziert. Schließlich bekommen hier nicht alle das gleiche und manche fast nichts. Die Stigmatisierung würde auch nicht aufhören, da dann auch Straftäter eine differenzierte Bezeichnung bekämen.

      Klar es müsste mehr geforscht werden, aber das ist ein anderes Thema.


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      #85566
      Anonym

        Vielleicht sehe ich das auch ganz falsch, mir fehlen weitere Argumente und bei mir persönlich würde sich durch so verschiedene Diagnosen vermutlich auch nichts ändern.

        Aber dass darüber geredet wird finde ich trotzdem gut, schaden kann es ja mal nicht.

        Ich kenne eben mehrere Fälle die so verzweifelt sind durch die Medikamente, dass sie keinen Sinn mehr im Leben sehen und denen würden die Differenzierungen vielleicht wieder Mut machen.

        Es gibt ja auch Menschen die sich nicht so viel informieren und die nur das kennen was eben die Ärzte ihnen sagen und Ärzte können oft verflucht vernichtend sein in ihren Aussagen. Ich habe auch einmal von einer Ärztin gehört, wenn jemand ohne Medikamente symptomfrei bleiben kann, dann kann es keine Schizophrenie gewesen sein, weil Schizophrenie immer ein Leben lang besteht.

        #85567

        Ich finde auch, dass mit den psychischen Erkrankungen und deren Behandlungen differenzierter umgegangen werden müsste. Vielleicht könnten dann doch etwas weniger Neuroleptika gegeben werden, wenn es angebracht ist und die Lebensqualität steigert.

        #85635

        hm…aber psychose bleibt doch psychose, also Neuroleptika wichtig. Ohne wäre ich da jedenfalls nicht mehr rausgekommen.

        Und als ich das einemal die Medis verwechselt hab über Wo. , hab ich ja auch heftige Symptome gehabt. Also ohne Medi wird das bei mir nichts mehr.

        :bye:


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        • Diese Antwort wurde geändert vor 4 Jahre, 2 Monate von Blumenduft.
        #170280

        Ich habe gestern eine Podcast-Folge von Mad in America gehört, in der Jim van Os die Bezeichnung “Hyper-Meaning” vorgeschlagen hat, also so etwas wie Über-Bedeutungssyndrom. Er argumentiert, dass die Leute damit mehr anfangen könnten und die Erkrankung eher nachempfinden könnten. Schließlich hat wohl jeder mal zuviel Bedeutung in zufälligen Ereignissen gesehen. Dazu kommt eben noch die Spektrumsidee, die Abstufungen der Diagnose erlaubt. Letztlich denke ich, dass dadurch die Diagnose Betroffene und Nichtbetroffene nicht mehr so umhauen würde und zu einem besseren Verständnis beigetragen würde.

        #170281

        @Dopplereffekt
        Sehr interessant, kannst Du den Podcast hier verlinken?

        #170283
        Anonym
          #170284
          #170285

          @nichtraucher Ja, das müsste sie sein. Ich wusste nicht das Mad in America auch eine eigene Seite hat.

          #170414

          @Dopplereffekt
          Ich habe die Folge heute auf der Autofahrt zu meiner Oma gehört. Es war wirklich höchst interessant!

          Einerseits bin ich zwar etwas skeptisch wenn so ein Visionär wie van Os kommt und einem als Betroffener eigtl nach dem Mund redet. Also viel Richtung Empowerment und Antipsychiatrie. Ich halte es auch für gewagt zu behaupten dass das Label Schizophrenie bald abgeschafft ist und dass es dann für die Betroffenen leichter wäre Hilfe zu bekommen.

          Aber was ich sehr gut und aufschlussreich fand war die Idee die Krankheit eben auch nach “Schwere” zu klassifizieren, dass man es eben auch nicht biologisch als “Hirnstoffwechselkrankheit” begreift sondern als erhöhte “Suszeptibilität” für diese “Hyper-Meaning” Zustände und diese dann eben auch als natürlichen Teil der menschlichen Erfahrung einzuordnen. Dass eben die Psychiater wirklich eigtl nichts wissen und die Krankheit vor allem damit definiert wird dass es Abweichungen vom akzeptierten kulturellen Kontext gibt UND vor allem dass es HÖCHST wichtig ist einen funktionierenden Narrativ für das Erlebte zu entwickeln und dass dies bisher viel zu kurz kommt, da man meint Medikamente reichen zur Behandlung. Dabei sollten Medikamente tatsächlich als Unterstützung angeboten werden, aber die Hauptbehandlung sollte darin liegen einen angemessenen UMGANG mit seiner Suszeptibilität und Psychoseerfahrung zu entwickeln.

          Dies deckt sich zu 100% mit meiner persönlichen Erfahrung und auch ich hätte SICHERLICH mehr davon profitiert als von der Medikamentenkeule.

          Dabei meine ich aber, dass man das sicher nicht für alle verallgemeinern kann und da werden die Heilsversprechen von Van OS eben wieder gefährlich.

           

          Aber eigtl. war genau das mein Ziel über 1.5 Jahre der Psychose dem Umgang mit den Symptomen zu lernen, bzw zu lernen diesen “spirituellen Kampf” zu kämpfen, da ich ja aus der Religionsgeschichte wusste, dass schon viele vor mir diesen Weg gegangen sind. Leider gab es dafür in meinem Umfeld kein Verständnis und auch mein Vater erklärte mir etwas wie “chemisches Ungleichgewicht” im Gehirn. Ich habe mich dem gefügt, auch weil die Medikamente mir dermaßen auf die Fresse gegeben haben, dass ich einfach nicht mehr für mich einstehen konnte.

          Aber ich meine auch, die Ursache der Psychose liegt tiefer und das chemische Ungleichgewicht ist nur das Resultat von einem ungesunden und nicht-nachhaltigem Lebensstil. Da spielen viele Faktoren mit rein.

          Als Beispiel eben so Sachen wie die Meinumg man müsse im Leben selber durch “Trial and Error” herausfinden was richtig ist. Dies kann man vielleicht machen wenn man bereits eine relativ gute implizite Basis anerzogen bekommen hat, aber wenn dies fehlt, dann ist man dazu verdammt viele Fehler zu machen denn der gesellscheftliche Umgang ist sehr sehr kompliziert. Und wenn man daher gewohnt ist Fehler zu machen, die dann dementsprechend gesellschaftlich sanktioniert werden (oft unbewusst), dann entwickelt man ein schwaches Selbstbewusstsein, denn man macht die Erfahrung “wie mans macht, macht mans falsch”, was wiederum zu Introversion führt und auch ein psychotisches Suchen nach äußeren Zeichen und Hinweisen begünstigt.

          Somit meine ich dass sicherlich auch die Lebensumstände und die Erziehung mitursächlich sind für diese Destabilisierung mit anschließender Dekompensation.

          Die Lösung kann aber nicht sein, denke ich, die Gesellschaft “weicher” zu machen, so dass Fehler eher toleriert werden und weniger Konsequenzen nach sich ziehen, denn das zerrüttet meiner Meinung nach die gesamte Gesellschaft und führt zu einer Zersetzung der sozialen Kohäsion, sondern die Lösung muss darin liegen einfach weniger Fehler zu machen und eben nicht nach dem Prinzip “Trial and Error” zu leben sondern nach bewährten Strategien die ihre Nachhaltigkeit über die Jahrtausende der Menschheitsgeschichte unter Beweis gestellt haben.

          #170445

          @nichtraucher

          Ich habe deinen Beitrag gelesen und finde erstmal, dass er sich diffenziert und nicht zu rigide liest. Ich versuche es Mal mit einer Antwort.

          Eine gewisse Skepsis ist vielleicht angebracht. Dieses “try molecules”, was er in Bezug auf das Einnehmen von Medikamenten sagt, ist vielleicht etwas zu locker, wenn man schwere Fälle betrachtet. Ich tue mir etwas schwer zu sagen, dass es mit Sicherheit keine Fehlfunktion im Gehirn ist. Der Punkt bei dem ich mitgehe ist aber der, dass offensichtlich nicht bekannt ist, was genau im Gehirn schiefläuft und die Medikamente anscheinend nicht genau das Problem beheben. Am Ende kommt das auf dasselbe hinaus. Ich kann es hier nicht so gut wiedergeben, aber ich meine damit unter anderem Empowerment und das Finden neuer besserer Wege.

          Ich habe mich dem gefügt, auch weil die Medikamente mir dermaßen auf die Fresse gegeben haben, dass ich einfach nicht mehr für mich einstehen konnte.

          Diese gewisse Schwäche im Einstehen für sich selbst kann sicher Probleme erzeugen und ist der Heilung hinderlich. Dass das als Nebenwirkung der Neuroleptika auftritt wird, denke ich, viel zu wenig beachtet.

          Bei deinem Trial-and-Error-Absatz musste ich an das Beispiel von Jim van Os über die Niederlande und Italien denken (könnte aus einer anderen Podcast-Folge mit ihm sein). Anscheinend ist es so, dass Italien weniger Geld für geistige Gesundheit ausgibt, es den Leuten in einigen Faktoren aber doch besser geht, weil vielleicht der Familienzusammenhalt besser ist oder andere kulturelle Unterschiede helfen. Allgemein könnte ein besserer sozialer Zusammenhalt hilfreich sein, denke ich. Das ist es letztlich, was mir gefehlt hat.

          Ich weiß nicht, ob das mit dem “weniger Fehler machen” so gut funktionieren kann. Es gibt und gab, soweit ich weiß, in allen Kulturen und Zeiten psychisch Erkrankte. Um weniger Fehler zu machen, müsste man besser wissen, wie es richtig geht und das ist in komplexen Zusammenhängen nicht einfach. Das Leben und die dazugehörigen zwischenmenschlichen Beziehungen sind aber komplex.

          #170456

          https://jamanetwork.com/journals/jamapsychiatry/fullarticle/2664479

          A total of 2183 patients (78.7%) had nonaffective psychotic disorders. After direct standardization for age, sex, and racial/ethnic minority status, an 8-fold variation was seen in the incidence of all psychotic disorders, from 6.0 (95% CI, 3.5-8.6) per 100 000 person-years in Santiago, Spain, to 46.1 (95% CI, 37.3-55.0) per 100 000 person-years in Paris, France.

           

           

          Rates were elevated in racial/ethnic minority groups (incidence rate ratio, 1.6; 95% CI, 1.5-1.7), were highest for men 18 to 24 years of age, and were lower in catchment areas with more owner-occupied homes (incidence rate ratio, 0.8; 95% CI, 0.7-0.8). Similar patterns were observed for nonaffective psychoses; a lower incidence of affective psychoses was associated with higher area-level unemployment (incidence rate ratio, 0.3; 95% CI, 0.2-0.5).

           

          Tatsächlich ist das merkwürdige, dass affektive Psychosen negativ mit der Arbeitslosigkeit korreliert sind. Das heißt: mehr Arbeitslose – weniger affektive Psychosen.

           

          Wahrscheinlich kann man daher diese Faktoren, wie “home ownership rate” usw nur schwer irgendwie vergleichen.

          Man kann jedoch sagen, dass  die Inzidenz zwischen Santiago in Spanien und Paris in Frankreich sich in etwa 8 Fach unterscheidet.

          Ich war zwar noch nie in Santiago, aber ich weiß dass es ein berühmter katholischer Wallfahrtsort ist. Das könnte sein, dass diese Umfeld entweder besonders stabilisierend wirkt, oder eben auch, dass dort eher seltener Psychosen diagnostiziert werden, weil möglicherweise die Kriterien etwas höher liegen, weil man “religiöse Spinner” bereits gewohnt ist.

          Für Paris weiß ich aber ganz sicher aus persönlicher Erfahrung, dass dort, aus verschiedensten Gründen, Stabilität nicht gerade hoch angesehen ist und dass es dort eher drunter und drüber geht. Es ist eine Multikulturelle Weltstadt in der die persönliche Freiheit und das Ausbrechen aus den “Zwängen” zum Ideal erhoben sind, wahrscheinlich so sehr, wie in keiner anderen Großstadt in Europa.

          #170457

          Ich denke, du willst ganz kurz gesagt darauf hinaus, dass bewährte Werte, vor Psychosen schützen, dass diese aber beispielsweise in Paris leicht im Individualismus untergehen.

          Zumindest finde ich mittlerweile auch, dass man ein soziales Netz braucht. Das kann in der Familie, in Gemeinden, Vereinen oder sonstwie entstehen. Der Punkt ist nur, dass man alleine auf die Dauer nicht klarkommen wird.

          Ich wurde auch gefragt, warum ich denn keine Partnerin hätte. Vielleicht hätte mich das gerettet.

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