„Warum die Psychiatrie ein neues Paradigma braucht“

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  • #405338

    Vorlesung von Thomas Fuchs: Psychiatrie als Beziehungsmedizin

     


    wir können alle nicht wissen, wer wir sind …

    #405341

    Danke, @Forsythia, ich habe mir dieses und andere Videos von Prof. Fuchs angeschaut. Er ist der Leiter der Tagesklinik Blankenburg, in der ich behandelt wurde, und sehr angenehm. Wir planen auch ein Interview mit ihm. Mal gucken, was aus diesem Plan noch wird :-)

    • Diese Antwort wurde vor 1 Monat, 1 Woche von Mowa geändert.
    #405351

    Danke, interessante Vorlesung. Bestrebungen wider den neurobiologischen Reduktionismus finde ich immer begrüßenswert. Mich hätte noch interessiert, wie eine Psychiatrie, die auf dem ökologischen Paradigma beruht, in der Praxis aussehen kann.

    #405353

    Finde ich auch interessant. Danke! Manchmal habe ich sogar von Ideen gelesen, die besagen, Beziehung sei übergeordnet: also zuerst bestehe die Beziehung und dann erst das Subjekt.

    Mir persönlich fehlt bei dem Vortrag ein wenig das Verhältnis zur eigenen Endlichkeit/Spiritualität, also eine 4. Säule – neben der sozialen, körperlichen und Umweltbeziehung –, weil das in meinem Erleben auch eine große Rolle spielt.

    #405393

    Mann, so ein sperriger Vortrag, dass schaffe ich nicht 50 Minuten lang, da schläft mir das Hirn ein !

    #405404

    Das Gegenteil ist der Fall. Der Vortrag bringt das Gehirn in Schwung und regt es an. Thomas Fuchs ist meistens interessant und immer sympathisch.

    #405414

    Mich hätte noch interessiert, wie eine Psychiatrie, die auf dem ökologischen Paradigma beruht, in der Praxis aussehen kann.

    Hallo @gargel,

    ich habe im April meinen Erfahrungsbericht über die von Prof. Fuchs geleitete Tagesklinik Blankenburg in meinem Forumsblog geteilt:
    https://schizophrenie-online.com/forums/Thema/notizen-von-mowa-teil-3/page/106/#post-399690

    Die Gespräche in den Oberarztvisiten fand ich als hilfreich und angenehm. Als es später um meinen Erfahrungsbericht ging, wurde in diesem Zusammenhang auch sein Buch „Psychiatrie als Beziehungsmedizin” erwähnt.

    Als ich mir im Nachhinein dieses und andere Videos von Prof. Fuchs angeschaut habe, habe ich besser verstanden, warum ich diese positiven Erfahrungen in der Tagesklinik gemacht habe. Das ökologische Paradigma habe ich in Aktion erlebt :yes:

    Wie es aussieht, werde ich diesen Erfahrungsbericht leider nicht bei Mad in America veröffentlichen können, wie ich es mir gewünscht hatte. Wahrscheinlich werde ich ihn in ein bis zwei Wochen einer deutschsprachigen Zeitschrift einsenden und ihn dann erst einmal von meinem Blog entfernen.

    Liebe Grüße,
    Mowa

    #405451

    Danke, Mowa.

    Ich glaube, letztlich spielen mehrere Faktoren eine Rolle dabei, wie wirksam eine Therapie sein kann …

    Da ist zuerst auf Seiten der Behandelnden das Menschenbild, das bewusst oder unbewusst vertreten wird und sicherlich den Umgang mit dem Patienten beeinflusst. Ein Paradigma, wie Prof. Fuchs es vertritt, betrachtet den Menschen in seiner Gesamtheit und nicht nur als neurobiologische Maschine, bei der die Gehirnchemie nicht stimmt, und das ist auf jeden Fall ein Fortschritt.

    Darüber hinaus spielen menschliche Empathie und psychologische Kompetenz auf Seiten der Therapeuten genauso eine Rolle wie Vertrauen und Bereitwilligkeit, sich auf eine Therapie einzulassen, auf Seiten der Patienten.

    Ich selbst habe bei meinem einzigen längeren Klinikaufenthalt auch alle möglichen unterstützenden Begleittherapien gemacht, aber auch nur auf Anraten eines Mitpatienten, der meinte, dass einem sonst schnell langweilig würde. Was fehlte, war ein konkreter Bezug zu meiner persönlichen Situation und auch eine Form von Integration durch einen Arzt, der bei dem Ganzen sozusagen den Hut auf hat und die Therapie in ihrer Gesamtheit überblickt. Für mich war das alles nur Beschäftigungstherapie im negativen Sinne.

    Ich glaube, bei uns war damals das biopsychosoziale Modell Grundlage, wenn ich mich recht erinnere. Und ich selbst war auch eher kritisch gegenüber der ganzen Institution Psychiatrie eingestellt.

    #405459

    Die Inhaltsangabe zu dem Buch stellt gut dar, dass es hier nur um hohle, aufgesetzte Wortblasen geht, was anders sollte auch eine philosophische Psychiatrie sein ! In meiner Studienzeit nannte wir so etwas „Hirnmasturbation“ !

    #405461

    Für mich persönlich zählt am Ende, was am besten hilft. @Mowa schreibt, sie hätte gute Erfahrungen mit Prof. Fuchs gemacht.


    wir können alle nicht wissen, wer wir sind …

    #405463

    Die Inhaltsangabe zu dem Buch stellt gut dar, dass es hier nur um hohle, aufgesetzte Wortblasen geht

    Das liegt wohl daran, dass das Buch eher an ein Fachpublikum als an Laien gerichtet ist. Da mag das vielleicht nach hohlen Wortblasen klingen, für eine Beurteilung jedoch, ob das nun wirklich so ist oder ob das Substanz hat, fehlt den meisten wohl einfach die nötige Fachkompetenz. Das ist aber wohl immer so, wenn man als fachfremder ein Fachbuch liest, das nicht gerade populärwissenschaftlich verfasst ist.

    Mich lässt die Inhaltsangabe des Buches ehrlicherweise auch eher ratlos zurück, aber eben aus oben genanntem Grund und nicht deswegen, weil es sich faktisch um Hirnwichsereimasturbation handelt.

    #405466

    Fand den Vortrag sehr interessant und auch gut verständlich – mit einem derartigen Paradigmenwechseln nähert sich die Psychiatrie der Psychologie an.


    „Škaŋ šni kiŋ hé škaŋ šni héčha.“ (Lakȟótiya)

    #405467

    Für mich war das alles nur Beschäftigungstherapie im negativen Sinne.

    Für mich persönlich zählt am Ende, was am besten hilft.

    Danke für Eure Rückmeldungen, @gargel und @Forsythia.

    Was mir persönlich am besten hilft, hat sich seit meiner Ersterkrankung im Jahr 2010 geändert, da sich meine Strategien zur Bewältigung meiner mentalen Gesundheit immer weiterentwickelt haben.

    So habe ich die Tagesklinik Blankenburg bei meinen psychotischen Rückfällen 2018 und 2019 ganz anders erlebt. Damals wollte ich ganz ohne Neuroleptika auskommen und stand der Psychiatrie negativ gegenüber. Ich dachte, sie würde mir die Selbstbestimmung rauben, mich mit vielen Psychopharmaka ruhigstellen und dann damit entlassen.

    Prof. Fuchs war damals genauso Leiter der Tagesklinik Blankenburg, doch ich habe keine Erinnerung an die Gespräche, die wir geführt haben.

    Erst dieses Jahr, als ich „nur” ein Burnout hatte und klar denken und fühlen konnte, konnte ich das Spektrum an Hilfsmöglichkeiten bewusst wahrnehmen und nutzen, das diese Tagesklinik bietet.

    Von meinen Mitpatient:innen weiß ich, dass manche meine Begeisterung für die Tagesklinik nicht teilen.

    Ich persönlich wünsche mir, dass immer mehr Patient:innen die Psychiatrie und psychiatrische Versorgung als heilungsfördernd erleben und nicht nur als Institution zum Patientenmanagement.

    Jedenfalls bleibt für mich die Frage, was „heilungsfördernd“ im individuellen und im strukturellen Kontext sein kann, komplex und hoch spannend.

    Danke, @Zoidberg, für Deine Einschätzung. Vielleicht stimmt Dir @Horst auch in einigen Punkten zu.

    mit einem derartigen Paradigmenwechseln nähert sich die Psychiatrie der Psychologie an.

    Ich weiß nicht, inwieweit die Fachausbildung zum Psychiater bzw. zur Psychiaterin auch Psychologie umfasst.

    Mein Psychiater ist ärztlicher Psychotherapeut. Bei meinen regulären Terminen alle zwei bis drei Monate führe ich sehr hilfreiche Gespräche mit ihm. Ich glaube, dass seine zusätzliche Qualifikation meiner Behandlung sehr zugutekommt.

    #405468

    @Zoidberg : Ein Text der so viel Fremdwörter verwendet möchte meistens über Inkompentenz hinwegtäuschen, es gibt kein Fach, dass nicht auch mit einfachen, klaren Wörtern sein Anliegen erklären kann. Auch der Vortrag mag ein typisches Deutsches Problem darstellen, Kompetenz mit Fremdwörtern und ungelenken Sätzen darstellen zu wollen. Im Angelsächsischen Raum wird so etwas viel eleganter angegangen. Letztendlich hoffe ich, dass Psychiatrie nie zur verschwurbelten Psychologie abfällt !

    • Diese Antwort wurde vor 1 Monat, 1 Woche von Horst geändert.
    #405480

    Mich hat der Vortrag auch im Verständnis dessen, was Bewusstsein ist, bereichert (das ist ja nicht nur ein psychiatrisches Thema).


    wir können alle nicht wissen, wer wir sind …

    • Diese Antwort wurde vor 1 Monat, 1 Woche von Forsythia geändert.
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