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Mowa aktualisiert.
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23/02/2025 um 3:12 Uhr #389966
Hallo zusammen,
ich möchte Euch dringend bitten, für Euch selbst zu überprüfen, was aus diesem Thread seit gestern Mittag geworden ist.
Es handelt sich um einen Thread, den ich vor 3 Jahren zum Thema „Gewalt- und Straftaten von Menschen mit Schizophreniediagnose“ eröffnet habe, weil mir das Thema sehr wichtig ist. Ich denke, kein Betroffener würde sagen, dass ihn das Thema nicht betrifft.
Es ist schade, wie dieser Thread durch interne Konflikte kaputt gemacht wird.
Wahrscheinlich haben die Admins @admin450 keine Zeit, die letzten Beiträge, die nichts mehr mit dem Thema des Threads zu tun haben, zu löschen. Daher wäre es am hilfreichsten, wenn Ihr Euch selbst die Mühe macht, die betroffenen Inhalte zu löschen.
Trotzdem werde ich die Admins @admin450 bitten, diesen Beitrag und alle folgenden Beiträge aus diesem Thread zu entfernen, um das Thema des Threads wieder in den Vordergrund zu stellen:
https://schizophrenie-online.com/forums/Thema/gewalt-und-straftaten-von-menschen-mit-schizophreniediagnose/page/3/#post-389841Liebe Grüße,
Mowa23/02/2025 um 4:44 Uhr #389968Das Problem heißt Psychose
In der Debatte über Amokläufe kommt ein ursächlicher Aspekt zu kurz: Viele Täter hatten eine Psychose. Das Gesundheitssystem hat sie nicht vor sich selbst beschützt.
Von Christina Rietz
21. Februar 2025, 14:26 UhrIn dem Zeit Online-Artikel „Das Problem heißt Psychose“ von Frau Rietz wird die Psychose als Ursache für Amokläufe erklärt, da viele Täter eine Psychose hatten. Damit habe ich persönlich ein großes Problem, weil es erst einmal nur eine Korrelation ist, wenn viele Täter eine Psychose hatten und noch keine Ursache. Grundsätzlich ist eine Psychose für mich keine Ursache, sondern ein Symptom. Es gibt immer individuelle Ursachen für das Auftreten einer akuten Psychose. Der Tenor des Artikels, so wie ich ihn verstehe, nämlich dass die Psychose das Problem ist und damit die Menschen mit Psychosen, die medikamentös behandelt werden müssen, am besten mit einer Depotspritze, macht mich als Betroffene wütend. Denn es ist praktisch das Gegenteil von dem, was meine persönliche Erfahrung seit 15 Jahren ausmacht, nämlich eine (Teil-)Heilung psychotischer Symptome durch primär nichtmedikamentöse Maßnahmen, ergänzt durch einen minimalen Einsatz von Neuroleptika/Psychopharmaka.
ChatGPT:
Ich kann sehr gut verstehen, warum dich dieser Artikel wütend macht. Psychosen sind komplex, und die Vorstellung, dass sie als die Ursache für Amokläufe dargestellt werden, ist problematisch. Wie du sagst, ist eine Psychose eher ein Symptom als eine Ursache – und die individuellen Hintergründe, die zu einer Psychose führen, sind oft vielschichtig und nicht allein auf eine biologische oder medikamentös zu behandelnde Komponente reduzierbar.
Die Gleichsetzung „Psychose = Gefahr“ trägt zur Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen bei. Das Problem dabei ist nicht nur, dass es wissenschaftlich verkürzt ist (weil Korrelation keine Kausalität bedeutet), sondern auch, dass es in der öffentlichen Wahrnehmung Ängste schürt. Die allermeisten Menschen mit Psychosen sind nicht gewalttätig – und umgekehrt begehen Menschen ohne diagnostizierte Psychose ebenfalls schwere Gewalttaten.
Deine persönliche Erfahrung zeigt, dass der Umgang mit psychotischen Symptomen individuell ist und nicht zwangsläufig auf eine medikamentöse Lösung hinauslaufen muss. Dass du mit einem ganzheitlichen Ansatz positive Erfahrungen gemacht hast, ist ein wichtiger Punkt, der in der öffentlichen Debatte oft zu kurz kommt. Viele Betroffene erleben Heilung oder Besserung gerade durch psychosoziale Maßnahmen, Therapie und Unterstützung – nicht nur durch Medikamente.
Hast du schon überlegt, einen Leserbrief oder Kommentar an Zeit Online zu schreiben? Solche Perspektiven sind wichtig, um ein differenzierteres Bild in die Diskussion einzubringen.
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Diese Antwort wurde vor 3 Monate von
Mowa geändert.
23/02/2025 um 7:41 Uhr #389970Wie war denn deine genaue Fragestellung zu der Antwort von ChatGPT, Mowa?
Eine Psychose kann man wohl laut ChatGPS tatsächlich als Symptom einer nicht genau definierten, meist psychischen Erkrankung bezeichnen. Es gibt endogene und exogene Psychosen. Exogene Psychosen haben normalerweise keine psychische Begründung.
Nicht umsonst benutzen Schizophreniebetroffene oft lieber den Ausdruck Psychose, als die genauere, aber eben stigmatisierte Definition Schizophrenie, für unsere Erkrankung!
Die Psychose ist dann doch aber der Auslöser und wenn sich dieser als Schizophrenie in ihrem Symptomkomplex herausstellt, ( ist erst nach längerer Erkrankungsdauer diagnostizierbar) wird das laut Leitfaden normalerweise zu allererst medikamentös behandelt, um den Patienten zu stabilisieren.
Bei gefährlichen und gleichzeitig behandlungsunwilligen und/oder unzuverlässigen Patienten, halte ich deshalb eine medikamentöse Therapie für den einzig möglichen Weg. Eine Depottherapie dürfte am sichersten sein.
-400 mg Amisulprid, 6 mg Doxazosin, 25 mg HCT und 5 mg Ramipril morgens, Abends 5 mg Ramipril
-Zusätzlich alle zwei Tage eine Kaliumbrausetablette
-Ab und zu A-Z Vitamine und Mineralstoffe ab 5023/02/2025 um 8:43 Uhr #389972Wie war denn deine genaue Fragestellung zu der Antwort von ChatGPT, Mowa?
Wörtlich genau der Text in meinem obigen Beitrag, den ich zwischen den beiden Zitaten angegeben habe.
Bei gefährlichen und gleichzeitig behandlungsunwilligen und/oder unzuverlässigen Patienten, halte ich deshalb eine medikamentöse Therapie für den einzig möglichen Weg. Eine Depottherapie dürfte am sichersten sein.
Zwischen „kein Betroffener soll mit Depotspritzen zwangsbehandelt werden“ und „alle Betroffenen sollen mit Depotspritzen zwangsbehandelt werden“ gibt es ja ein sehr breites Spektrum an Möglichkeiten.
Wenn man Betroffene einfach eindeutig identifizieren könnte, die „jederzeit fremd- und/oder eigengefährdend sind“ und gleichzeitig „jederzeit die Behandlung mit Neuroleptika ablehnen“, dann könnte ich Dir @Molly zustimmen.
Ich vermute, dass das so einfach nicht möglich ist und dass genau darin das Problem liegt.
23/02/2025 um 9:43 Uhr #389977Hallo Leute,
Wahltag heute.
Wenn ich entscheiden dürfte, ob die Welt im Frieden lebt oder im Krieg.
Ich würde mich für den Frieden entscheiden.
Wenn es eine Medizin dafür geben sollte, ja, ich würde sie „injizieren“.
Heroin hilft dazu… aber macht halt süchtig.
Und ja, tatsächlich, nutze ich eine Depotmedikation „freiwillig“ selbst und weiß nur zu gut, dass selbst diese Weise, den Teufel zu besiegen, nicht ausreicht.
Peng.
Und ja, ich habe von Ciatyl Z bis jetzt Abilify Depot, alles durch und ja, ich habe noch nie jemandem aus eigenem Willen heraus, eins auf die Mütze gehauen.
Irre alles, aber ist so.
Und während meiner Aufenthalte auf geschlossenen Stationen, erlebte ich Gewalt, sah Gewalt, vor allen von den als „gut behandelt“ geltenden, die ihre „Rechte“ beschränkt sahen oder sich „weiß der Kuckuck“ warum, bedroht fühlten.
Lieben Gruß und bis später
k.
23/02/2025 um 12:34 Uhr #390011So viel Chuzpe wie @Mowa muss man erst einmal haben ?! Bitte Frau Oberlehrerin was dürfen wir denn in DEINEM Thread schreiben ?
Hauptmedikation: Solian 200 mg
23/02/2025 um 13:04 Uhr #390014So viel Chuzpe wie @Mowa muss man erst einmal haben ?! Bitte Frau Oberlehrerin was dürfen wir denn in DEINEM Thread schreiben ?
Junge, ist gut jetzt
27/05/2025 um 18:05 Uhr #404241Hier ist noch ein Artikel von ZEIT Online von heute, in dem meiner Meinung nach der Leserschaft nahegelegt wird, dass Schizophreniebetroffene eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen und mit Neuroleptika behandelt werden sollten, um ihr Gewaltrisiko zu kontrollieren:
Psychiatrie:
Eine Gefahr für sich oder andere?
Wie in der Psychiatrie darüber entschieden wird, wer gehen kann und wer bleiben muss. Nach dem Messerangriff in Hamburg: acht Fragen und Antworten zur psychiatrischen Unterbringung
Von Jan Schweitzer
Aus der ZEIT Nr. 23/2025 27. Mai 2025Quelle: https://www.zeit.de/2025/23/psychatrie-einweisung-gewalt-gefahr-psychische-erkrankung
Zitat von ZEIT Online:
Bei welchen Erkrankungen ist das Risiko besonders groß?
Werden Menschen gewalttätig, sind häufig akute Psychosen dafür verantwortlich, denen eine Schizophrenie zugrunde liegt. …Das verstehe ich nicht. Wenn nur etwa 1 % der Menschen überhaupt eine Psychose erleben, dann tun es 99 % nicht. Wie kann es dann sein, dass gewalttätig gewordene Menschen häufig Schizophreniebetroffene sein sollen?
Möglicherweise sind hier „Menschen mit psychiatrischen Störungen” gemeint und nicht „alle Menschen”. Das würde einen riesigen Unterschied machen.
Zitat von ZEIT Online:
Wie effektiv ist eine Behandlung?
Eine Therapie reduziert ganz erheblich das Risiko, eine Gewalttat zu begehen, das ist wissenschaftlicher Konsens. …Gemeint ist hier sicher NICHT die nicht-medikamentöse, sondern die medikamentöse Therapie. Das ist zwar nicht klar geschrieben, aber weiter unten wird es klarer:
Zitat ZEIT Online:
„Selbst wenn man weiß, dass sie die Medikamente sofort absetzen, dürfen sie das tun”, sagt Steinert. Ob hier weitere gesetzliche Regelungen hilfreich seien, werde derzeit diskutiert.
Ich frage mich, was das für „weitere gesetzliche Regelungen” sind
27/05/2025 um 18:24 Uhr #404245Mir ist es sehr wichtig hinzuzufügen, dass ich der Meinung bin, dass Gewalt heilbar ist.
Gewiss nicht mit noch mehr Gewalt und Zwang, auch nicht mit Medikamenten!
Meiner Meinung nach beginnt die Heilung damit, den Betroffenen zuzuhören und zu verstehen, warum sie wütend und aggressiv geworden sind.
Eine medikamentöse Zwangsbehandlung kann allenfalls eine vorübergehende, akute Maßnahme sein, um Gewalt schnell zu unterdrücken.
28/05/2025 um 10:03 Uhr #404311Hallo @Mowa,
ich würde gern den ganzen Zeit-Artikel lesen.
Würdest du ihn hier vielleicht ganz reinkopieren oder mir kopiert per PN schicken? Das wäre nett.
Ich möchte diese Zeitung nicht abonnieren und auch nicht deren Cookies.
Schönen Tag dir.
28/05/2025 um 10:41 Uhr #404313Hallo @Pia,
bislang ist der gesamte Artikel kostenlos verfügbar. Ich habe kein Abonnement.
Hier ist der Artikel:
https://drive.google.com/file/d/10tnK3cZCd79rLtDLRQFuve58yo3krzC-/view?usp=sharingBei einer Abmahnung werde ich das Bild löschen.
Liebe Grüße,
Mowa28/05/2025 um 10:46 Uhr #404315Danke, @Mowa,
leider ist der Artikel bei mir nicht kostenfrei zu sehen, ich hatte deinen Link natürlich angeklickt. Bezahlschranke, leider.
Danke für das Bild. Leider ist bei mir die Schrift bei Vergrößerung unlesbar verzerrt und in der Originalgröße zu klein.
28/05/2025 um 10:48 Uhr #40431728/05/2025 um 12:35 Uhr #404331Danke. Dann muss ich das Bild leider erst in Text umwandeln, um daraus zitieren zu können und zu kommentieren.
28/05/2025 um 16:15 Uhr #404365<header class=“article-header“ data-ct-area=“articleheader“>
<figure class=“article__media u-apart variant variant–wide“ data-ct-block=“image“>Psychiatrie:Eine Gefahr für sich oder andere?
Wie in der Psychiatrie darüber entschieden wird, wer gehen kann und wer bleiben muss. Nach dem Messerangriff in Hamburg: acht Fragen und Antworten zur psychiatrischen UnterbringungVon Jan SchweitzerAus der ZEIT Nr. 23/2025 <time datetime=“2025-05-27T14:49:16+02:00″>27. Mai 2025</time><picture></picture>
<figcaption class=“figure__caption „>Am Hamburger Bahnhof verletzte eine 39-jährige Frau mit einem Messer 18 Personen © Mariia Mazaeva/iStock</figcaption></figure>
</header>
<p class=“paragraph article__item“>Am vergangenen Freitag verletzte eine 39-jährige Frau mit einem Messer 18 Personen am Hamburger Hauptbahnhof. Die mutmaßliche Täterin war psychisch krank und erst einen Tag zuvor aus einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung entlassen worden. Der Fall berührt Fragen nach dem Umgang mit Menschen, die gegen ihren Willen untergebracht werden, weil sie andere potenziell gefährden könnten – und nach der schwierigen Abwägung zwischen individuellen Rechten und dem Schutz der Allgemeinheit. Die wichtigsten Antworten.</p>
<nav id=“flexible-toc“ class=“article-flexible-toc article__item“ aria-labelledby=“flexible-toc-title“ data-ct-area=“flexible-toc“ data-ct-row=“1″></nav>
Wie häufig kommt es zu sogenannten Zwangseinweisungen?
<p class=“paragraph article__item“>Laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2023 rund 690.000 erwachsene Patientinnen und Patienten in einer psychiatrischen Einrichtung versorgt. Man schätzt, dass etwa zwanzig Prozent aller Einweisungen in psychiatrische Kliniken unfreiwillig geschehen, viele davon, weil die Gefahr besteht, dass sich Menschen selbst gefährden. Experten gehen davon aus, dass etwa ein Viertel der Zwangseingewiesenen – offiziell spricht man von Unterbringungen – eine Gefahr für andere darstellt. Demnach handelt es sich um etwa 35.000 Personen in Deutschland. „Aber nur bei den allerwenigsten davon besteht die Gefahr darin, dass sie mit dem Messer auf andere losgehen würden“, sagt Tilman Steinert. Steinert ist der federführende Autor der medizinischen Leitlinie „Verhinderung von Zwang: Prävention und Therapie aggressiven Verhaltens bei Erwachsenen“, die sich genau mit solchen Fällen befasst. Bis zum vergangenen Jahr war er Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Weissenau, die zur Universität Ulm gehört.</p>
Welche rechtlichen Voraussetzungen gibt es?
<p class=“paragraph article__item“>Grundlage bilden Gesetze der 16 Bundesländer, die sich voneinander unterscheiden, aber in einem Punkt ähneln: Die Gefahr muss „akut und erheblich“ sein, damit jemand gegen seinen Willen untergebracht werden kann, so geben es die Gesetze vor. Das ist eine hohe Hürde – die aber einen guten Grund hat: Der Staat möchte zwar nicht, dass gefährliche, psychisch kranke Menschen frei herumlaufen, er will aber auch die Bürgerrechte schützen – niemand soll aus nichtigen Gründen in eine psychiatrische Klinik eingesperrt werden. Und man müsse eines dabei bedenken, sagt Steinert: Die Unterbringung psychisch kranker Menschen sei „die einzige Möglichkeit der präventiven Gewaltverhinderung durch Freiheitsentzug, die wir in Deutschland haben“. Tatsächlich laufen mehr als 550 polizeibekannte Gefährder frei herum, von denen man annimmt, dass sie sogar Terroranschläge begehen könnten. Die aber kann man nicht einsperren, solange sie nichts getan haben.</p>
Bei welchen Erkrankungen ist das Risiko besonders groß?
<p class=“paragraph article__item“>Werden Menschen gewalttätig, sind häufig akute Psychosen dafür verantwortlich, denen eine Schizophrenie zugrunde liegt. Die Betroffenen leiden dann etwa an Wahnvorstellungen, fühlen sich verfolgt. Auch Suchterkrankungen spielen eine große Rolle. Das größte Risiko aber entstehe aus einer „nicht behandelten Psychose plus Substanzmissbrauch“, sagt Tilman Steinert. „Wobei die gefährlichste der uns bekannten Substanzen der Alkohol ist.“ Egal, was die Ursache für das auffällige Verhalten ist: Die Betroffenen bringt dann meist die Polizei in die Kliniken. Häufig wird auch der sozialpsychiatrische Dienst der Gesundheitsämter eingeschaltet, so wie es wohl im Fall der mutmaßlichen Täterin in Hamburg war.</p>
Wer entscheidet über die Unterbringung?
<p class=“paragraph article__item“>Allein Richterinnen und Richter. Ärztinnen und Ärzte stellen nur ein Zeugnis aus, in dem nicht nur beschrieben sein muss, dass der Patient etwa eine akute Psychose mit Wahnvorstellungen hat, sondern dass diese auch der Grund für das bereits beobachtete gewalttätige Verhalten ist – dass er also zum Beispiel Wahnvorstellungen hat und sich von bestimmten Menschen bedroht fühlt, sich deswegen vielleicht sogar bewaffnet hat oder eine tätliche Auseinandersetzung hatte. In einigen Bundesländern können Patienten auch bis zu 24 Stunden ohne richterlichen Beschluss gegen ihren Willen in einer Klinik aufgenommen werden. Was das Gericht allerdings nicht automatisch mitentscheidet, ist die Behandlung. Die Patienten können sich beispielsweise der Einnahme von Medikamenten verweigern. Eine zwangsweise Behandlung erfordert ein ausführliches Gutachten und eine weitere gerichtliche Entscheidung mit hohen Anforderungen.</p>
Was ist mit Menschen, die ankündigen, Suizid begehen zu wollen?
<p class=“paragraph article__item“>Suizidandrohungen sind häufig, und sie sind einer der möglichen Gründe dafür, dass Patienten zwangsweise eingewiesen werden. Da aber ein Suizid per se nicht verboten ist, wenn Menschen frei verantwortlich handeln, haben sie laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2020 auch das Recht darauf, sich das Leben zu nehmen – unabhängig von ihren Motiven. Nur weiß man bei jemandem, der mit Suizid droht, häufig erst mal nicht, ob er oder sie tatsächlich frei verantwortlich handelt oder akut psychisch krank ist.</p>
<p class=“paragraph article__item“>Auch Alkohol kann für Suizidgedanken verantwortlich sein. Im Rausch kämen manche Menschen auf die Idee, sich das Leben zu nehmen, und würden nach einem Suizidversuch von Freunden in die Klinik gebracht, erzählt Steinert. Wenn sie dann ausgenüchtert seien, seien auch die Gedanken an einen Suizid sehr häufig verschwunden, und die Patienten fragten sich, wie sie auf die Idee gekommen seien.</p>Wie lange dürfen Patienten gegen ihren Willen in einer Klinik festgehalten werden?
<p class=“paragraph article__item“>Das hängt vom Bundesland ab. In Baden-Württemberg ordnen die Gerichte vier bis sechs Wochen an, in norddeutschen Bundesländern nur eine Woche. „Das steht aber in keinem Gesetz, sondern ist eine Konvention, die sich von Bundesland zu Bundesland unterscheidet“, sagt Steinert. Läuft die Behandlung nach Plan, wird der Patient nach diesem Zeitraum entlassen. Sehen die Ärzte weiteren Behandlungsbedarf, müssen sie beim Gericht eine Verlängerung beantragen. Auch wenn dann die Gefahr für andere nicht mehr „akut und erheblich“ ist, wie es die Gesetze eigentlich vorgeben, wüssten die Richter bei manchen Patienten, dass die Behandlung deren Zustand „wahrscheinlich noch bessert, wenn die länger bleiben“, sagt Steinert. Die Patienten haben allerdings ein Beschwerderecht: „Sie müssen bloß auf einen Zettel schreiben: ›Ich bin nicht einverstanden‹“, sagt Steinert, „dann muss sich die nächsthöhere Instanz damit befassen.“</p>Wie effektiv ist eine Behandlung?
<p class=“paragraph article__item“>Eine Therapie reduziert ganz erheblich das Risiko, eine Gewalttat zu begehen, das ist wissenschaftlicher Konsens. Menschen, die gut behandelt zu Hause leben, vielleicht sogar berufstätig sind, haben kein erhöhtes Gewaltrisiko. Deswegen ist es auch entscheidend, in welches Umfeld jemand entlassen wird. Eine betreute psychiatrische Wohneinrichtung ist sehr viel weniger riskant als eine Obdachlosenunterkunft. Allerdings kann man Menschen keine Behandlungsauflage machen, wenn sie entlassen werden, auch nicht solchen, die wegen Fremdgefährdung gerichtlich untergebracht worden sind. „Selbst wenn man weiß, dass sie die Medikamente sofort absetzen, dürfen sie das tun“, sagt Steinert. Ob hier weitere gesetzliche Regelungen hilfreich seien, werde derzeit diskutiert.</p>
Wie können sich die Ärzte sicher sein, dass ein Patient niemanden gefährdet?
<p class=“paragraph article__item“>Das können sie nicht. „Wir Psychiater können nicht ins Gehirn der Patienten schauen. Selbstverständlich irren wir uns auch mal.“ So drückt Tilman Steinert es aus. Seltene Ereignisse vorherzusagen, sei sehr schwierig. Es komme auch äußerst selten dazu, dass die Patienten anderen tatsächlich schwere Gewalt antun. Besonders schwierig wird es, wenn die Ärzte die Krankengeschichte nicht kennen. Wenn eine Patientin etwa an verschiedenen Orten auffällig, sogar gewalttätig geworden ist, wie es wohl bei der mutmaßlichen Täterin in Hamburg der Fall war, dann wissen die behandelnden Psychiater wie auch die Ordnungsämter und Gerichte womöglich nichts davon. Diese Daten werden nicht ausgetauscht. Dann haben sie beispielsweise eine Patientin vor sich, die wegen Selbstmordgedanken eingeliefert wurde. Nach ein paar Tagen steht sie nicht mehr unter Drogeneinfluss und versichert, sich nicht mehr umbringen zu wollen. Von ihrer Vorgeschichte erzählt sie nichts. „Ich habe in meinem Berufsleben sehr viele Patienten aufgenommen, und niemand hat mir dabei je gesagt, dass er schon mal eine Straftat verübt hat und im Gefängnis war“, erklärt Steinert. Ohne Kenntnis der Vorgeschichte müsse man solche Patienten entlassen. Im Übrigen sei noch etwas wichtig für die Risikoabschätzung: das Geschlecht. Frauen gingen normalerweise nicht mit dem Messer auf andere Menschen los, sagt Tilman Steinert. „Ob mit oder ohne Psychose: Es sind nahezu ausschließlich Männer, die schwere Gewalttaten wie Amoktaten oder Terrordelikte begehen.“</p> -
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