Arbeiten gehen mit Schizophrenie

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  • #5640

    Hallo Wachsmalblöckchen,

    ich bin nun auch schon seit 15 Jahren erkrankt und gehe wie du zur Arbeit. Anfangs war es auch für mich ein Thema, ob ich mich outen sollte oder müsste. Heute habe ich sehr viel Abstand von der Erkrankung.

    Ich habe mich niemals geoutet. Und ich finde das gut so, wie es ist. Ich muss nicht jedem auf die Nase binden, was für Erkrankungen ich habe. Wozu auch? Man muss doch nicht dem Arbeitgeber oder Chef sein ganze innneres offenbaren.

    Natürlich war auch ich öfter Krankgeschrieben. Mich hat aber auch keiner gefragt, was ich für eine Erkrankung habe. Denn jeder Arbeitgeber müsste wissen, dass eine Antwort solche Fragen nicht zu deinen Verpflichtungen gehört. Es geht halt keinen Chef etwas an, auch wenn er es als fürsorglich vepackt.

    Ja, Selbstbewustsein: Liebe Wachsmalblöckchen,
    du leistest trotz Erkrankung so viel mehr, als der Durchschnitt. Aber leider bist du so ein Mensch wie ich, dessen Selbstbewustsein manchmal kränkelt. Mir bleibt dann immer nur, dass ich mir vor Augen halte, was ich trotz der Erkrankung und anderer Tiefschläge im Leben bisher geschafft habe. Es geht halt. Nur oft müssen wir das Tag für Tag neu üben, was auch nicht so einfach ist.

    Herzliche Grüße vom alten Wolf

    #5644

    Nur kurz vorm schlafengehen – danke für eure vielen Antworten. Das gibt mir Kraft. Morgen geht die Arbeit weiter – sie vereinnahmt mich schon sehr. Aber sie lenkt mich ab – fordert mich auch vorallem im Kopf. Ich werde es im Moment so belassen wie es ist. Hab keine Lust auf den ganzen Wirbel um mich rum, wenn ich es thematisiere.Ich arbeite in einem Betrieb mit 120 Leuten, wir haben keinen Betriebsrat oder Behindertenbeauftragten oder ähnliches.

    Bin am überlegen ob ich malwieder was an den Medikamenten drehe. Nehme zur Zeit doch sehr viel. Mein Artzt ist kein guter Beistand, der hat maximal 5 Minuten Zeit. Aber er verschreibt mir immer was ich gerade brauche bzw haben will. Als ich vor zwei Jahren zu ihm kam wollte er reduzieren – hat aber keinen Bericht von meinem vorherigem Artzt verlangt. Er weiß nicht viel über mich. Im Augenblick geht es mir recht gut, aber ich hatte schon schwer verlaufende Psychosen.
    Bin am überlegen, mir einen anderen Artzt zu suchen. Aber eigentlich bin ich auch ganz zufrieden, dass er mir wenigstens nicht groß reinredet. Nach der langen Krankheitsdauer weiß ich selbst, was ich grad brauch und welche Medikamente mir helfen.

    Mit meinem Psychologen vom sozial psychiatrischem Dienst kann ich gute Gespräche führen, nur leider hat der von den Medikamenten wenig Ahnung.

    Im Augeblick nehme ich Morgens 2 mg ciatyl und 40 mg Ziprasidon. Am Abend 600mg Quetiapin retard ,2 mg ciatyl und 40 mg Ziprasidon. Nebenwirkungen sind nicht ideal – hab durch das Quetiapin viel zugenommen…

    So, jetzt schweife ich selbst vom Thema ab, aber das ging mir eben so durch den Kopf..
    Gute Nacht und grüße.

    #5696

    Ich würde mich auch eher bedeckt halten, hab ich bisher so gemacht.
    Und ich empfinde das genauso wie @Nichtraucher dass selbst Therapeuten und Ärzte einen plötzlich anders behandeln.
    Ich hatte das gerade erst mit meiner sehr netten Hausärztin. Ich musste mich outen da ich einen Rentenantrag gestellt habe und sie bescheid wissen musste und ich wurde sofort anders behandelt, eben dieses vorsichtige auf eierschalen..
    Vorher hatte ich nur von depression und Ängsten berichtet und das war ne komplett andere Reaktion von ihr.
    Daher am Arbeitsplatz wo man sich jeden Tag sieht… Auf keinen Fall.
    Sehr schade ist das allerdings..

    #5761

    Hallo,

    ich fänd es schön wenn die die arbeiten die anderen nicht als durchschnitt oder schwach bezeichnen. Ich habe schließlich über 20J. gearbeitet und meine PTBS bis von Kindheit an bis 35J. runtergeschluckt und geackert wie ein Tier. Mich auch über die Arbeit definiert, das macht es nicht einfacher daheim zu bleiben. Bestimmt nicht weil ich es toll finde. Ganz im Gegenteil. Aber ich habe über die Reha leider merken müssen das es eben nicht mehr so geht wie früher und wenn ich ehrlich bin, ist es irgendwie ja auch besser, weil ich durch mein damaliges Verhalten (Zähne zusammen und durch) mir so viel angetan habe. Alle Fehler bei mir gesucht. Also bitte nicht so abwerten, wer nicht in meinen Schuhen war kann mich nicht bewerten.

    Gruss


    https://butterflys-pearl-kalina.hpage.com/willkommen.html
    https://hamasi-ben-ihmz-achthamar.hpage.com/willkommen.html

    D / 49Jahre
    Quetiapin 200 +400 , Risperidon 2mg, Doxepin 2x 50mg,
    Ofiril 2x 150mg, Bedarf Lorazepam
    L-Thyroxin

    #5769

    @ Blumenduft
    Ich möchte Niemanden abwerten, der nicht arbeiten geht oder gehen kann. Mein Freund kann selbst wegen seiner Epilepsie nicht arbeiten gehen, hat sich aber damit revanchiert.
    Ich finde es generell nicht gut, Menschen zu bewerten und schon gar nicht nach dem, was sie tun. Ich wollte mich nur mal umhören, ob hier Andere meine Situation teilen..

    Ich war selbst länger arbeitslos und weiß wie schlimm einen die “arbeitende Gesellschaft” behandeln kann. Ich weiß auch, dass es jederzeit wieder damit vorbei sein kann. Aber solange es geht, mache ich es.

    @ Mango
    Die Gehaltserhöhung habe ich aufgrund meiner Leistungen bekommen, der Chef meinte ich solls nicht an die Große Glocke hängen, weil nicht alle eine bekommen haben..

    #5771

    Wachsmalblöckchen,

    ich meinte jetzt nicht Dich im speziellen. Ich hab die Schizo. auch im Arbeitsalltag nicht erwähnt, aber durch meinen Behindertenausweis bzw. Krankheitszeit, war klar das irgendwas ist. War zwar nur für ein Jahr, aber bekam den Job. Bei mir war nach 3Std. allerdings vorbei und das obwohl ich 5Min.Pause gemacht hab. Ich hab jedenfalls gelernt das es sich auf Dauer nicht lohnt sich für den Job fertig machen zu lassen. Dies ist das ergebnis und natürlich die anderen Erlebnisse. Jeder halt so wie´s ist.

    Gruss


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    https://hamasi-ben-ihmz-achthamar.hpage.com/willkommen.html

    D / 49Jahre
    Quetiapin 200 +400 , Risperidon 2mg, Doxepin 2x 50mg,
    Ofiril 2x 150mg, Bedarf Lorazepam
    L-Thyroxin

    #5776

    Liebes wachsmalblöckchen,

    Wow! Gratuliere, dass Dein Chef so zufrieden mit Dir und Deinen Leistungen ist!
    Auch ich lege viel Wert darauf mit meinen Leistungen – der Erkrankung zum Trotz – über dem Durchschnitt zu liegen. Dabei verlange ich mir mit meinem möglicherweise zu hohen Anspruch an mich selbst zu viel ab. – und das wohl auf Kosten der Gesundheit …

    Ich denke, wenn wir langfristig bei der Arbeit bestehen und nicht untergehen wollen oder so wie Du mit Medikamentendosiserhöhungen auf den Stress reagieren, dass wir unsere Anforderungen an uns selber etwas runter schrauben und uns dem Durchschnitt mehr anpassen sollten. Dauernde Überforderung und Arbeit am Limit kann nicht lange gut gehen.

    Wir müssen ganz besonders aufmerksam und pfleglich mit uns umgehen, wenn wir dauerhaft am gesellschaftlichen Leben teilhaben und unsere Erwerbsfähigkeit erhalten wollen.

    Ich genieße es auch gelobt zu werden und von Vorgesetzten Anerkennung zu bekommen. Das ist aber längst nicht Alles! Achte gut auf Dich und sorge gut für Dich. Ich bin auch stets bemüht die Balance zu halten und habe mir für den Rest des Jahres 2018 vorgenommen, es etwas gemütlicher angehen zu lassen.

    Kannst Du Deine Arbeitsmenge und Dein Tempo selbst beeinflussen?

    Alles Gute für Dich!

    • Diese Antwort wurde geändert vor 5 Jahre, 5 Monate von mango.
    #5793

    Liebe Mango,
    Ich werde über deine Worte nachdenken. Überfordert fühl ich mich eigentlich noch nicht, hab aber doch auch einen hohen Anspruch an mich selbst.

    Du hast sicher recht, dass man auf sich achten muss, wenn man dauerhaft im Arbeitsalltag bestehen will. Die Arbeitsmenge und das erforderte Tempo kann ich schwer selbst beeinflussen. Es ist immer so eine Art Glücksache, welche Aufgaben ich bekomme und wieviel Zeit dafür geplant ist.An schlechten Tagen bin ich zu langsam und mache manchmal dumme Leichtsinnsfehler. Es ist aber durch die Routine besser geworden.

    Vielleicht würde mir auch ein guter Ausgleich gut tun. In meiner Freizeit mach ich nicht besonders viel. Schlafe am WE sehr lange und bewege mich zu wenig.
    Wenn ich Urlaub hab, fahre ich gern weg – das gibt mir dann Abstand. Aber die 28 Tage im Jahr sind schnell weg..

    Natürlich wäre es angenehmer meinen Behindertenstatus zu nutzen. Aber ich werde es nicht preisgeben.Dazu kommt das mein Chef mich beim Unterzeichnen des Arbeitsvertrages gefragt hat, ob ich behindert bin und ich gelogen habe. Ich weiß das er zu diesem Zeitpunkt die Frage nicht stellen durfte.

    Soviel nochmal zu mir, ich merke dass das Schreiben meiner Kommunikation gut tut, bin im Gespräch doch meist passiv.
    Gute Nacht

    #5813

    Wenn Du bei der Einstellung gelogen hast und das rauskommt, könnte man das als “Vertrauensverlust” oder sowas interpretieren und das wäre dann ein Kündigungsgrund. So hab ich es mir zumindest sagen lassen.

    #5817

    Mir wurde vor Jahren bei so einem Seminar, wo es auch um Schwerbehindertenausweis usw. ging gesagt, man müsste schon bei der Einstellung immer angeben, ob man einen Schwerbehindertenausweis hätte, oder später so bald man einen bekommt, denn sonst hätte man keine Ansprüche mehr auf die Vorteile aus diesem, wie zB. erweiterter Kündigungsschutz oder mehr Urlaubstage.

    Der AG hätte dann sogar das Recht, einem zu kündigen, weil der Arbeitsvertrag unter falschen Voraussetzungen Zustande gekommen ist.

    Nachdem jetzt hier einige geschrieben hatten, dass sie das nicht angegeben haben, hab ich im Netz nach Infos dazu gesucht aber absolut überhaupt nichts darüber gefunden. Keine Ahnung, ob das dann stimmt… :unsure:


    Tägliche Medikation:
    400 mg Amisulprid
    12,5 mg HCT
    10 mg Ramipril

    ab 04.03.2024:
    500 mg Amisulprid
    5 mg Olanzapin
    12,5 mg HCT
    10 mg Ramipril

    ab 15.03.2024
    600 mg Amisulprid
    12,5 mg HCT
    10 mg Ramipril
    4mg Doxagamma
    Ab 22.04.2024 400 und 150 mg Amisulprid

    #5818

    Nee nach SBG IX und AGG (Allg. Gleichbehandlungsgesetz) ist die Frage nach einer Schwerbehinderung heutzutage nicht mehr zulässig oder darf ggf. falsch beantwortet werden ohne eine (fristlose) Kündigung wegen Täuschung zu riskieren.

    Quelle:
    https://m.hensche.de/Rechtsanwalt_Arbeitsrecht_Handbuch_Auskunftspflicht.html

    Liebe Grüße
    escargot

    #5928
    Anonym

      Tatsächlich ist das in der Realität nicht so einfach. Ein Anwalt für Sozialrecht meinte noch an diesem Montag, dass die Frage nach einer Schwerbehinderung wahrheitsgemäß zu beantworten sei. Theoretisch möglich, dass er dabei mit der aktuellen Rechtsprechung aus dem Stegreif nicht vertraut gewesen ist.

      In der Praxis bekam ich in der Vergangenheit von Zeitarbeitsfirmen sogar die Frage gestellt, ob ich in letzter Zeit (häufig) krank gewesen sei. Solche Fragen sind natürlich unzulässig und können selbstverständlich getrost falsch beantworten werden. Allerdings sollte man seine physiognomische Irritation dabei tunlichst souverän überspielen, möchte man nicht, so wie ich dann vergegenwärtigte, davon ausgehen, dass sich die Firma nie mehr bei einem zurückmeldet, so wie es auch mir passiert ist.

      Für mein kürzliches -unentgeltliches- Praktikum im Wohnheim für Körper- und mehrfachbehinderte Menschen wurde ich ebenfalls wie selbstverständlich nach einer vorhandenen Schwerbehinderung gefragt.

      In der Tat mache ich mir schon Gedanken, ob es nicht ein Fehler gewesen ist, überhaupt den Status beantragt zu haben, da er für mich nach meiner Kündigung und damit kurze Zeit zu spät mit der grünen Karte in den Briefkasten geflattert kam.
      Denn: Den Status von 80 GdB zu verheimlichen in der Absicht, keine Nachteilsausgleiche wie zusätzliche Urlaubstage in Anspruch zu nehmen, funktioniert wohl auch nicht. Das Integrationsamt und die Agentur sind ja bereits im Bilde, und spätestens bei der nächsten Kündigung steht die Frage im Raum, wie es sein kann, dass man plötzlich anscheinend unkündbar ist, ohne dass der Arbeitgeber je davon gewusst hat. So etwas kann einem dann wohl auch als arglistige Täuschung ausgelegt werden.

      Im Grunde habe ich mich damit abgefunden, dass mich der Ausweis meinem Ziel, in Arbeit zu kommen, kein Stück näher gebracht hat, im Gegenteil, zumal der öffentliche Dienst für mich ohne Ausbildung als Arbeitgeber nicht in Frage kommt.

      #5933

      Also, ich habe mich während der Arbeitsuche beim Integrationsdienst beraten lassen. Mir wurde gesagt man muss die Schwerbehinderung nicht angeben, und hat trotzdem nach einem halben Jahr den Kündigungsschutz.Allerdings nicht die Vorteile wie mehr Urlaub und keine Mehrarbeit. Würde ich jetzt von meinem Chef im laufenden Arbeitsalltag gefragt, müsste ich es angeben.Eine Lüge würde sonst als Täuschung gelten. Beim unterzeichnen des Arbeitsvertrages durfte es der Chef aber nicht fragen. Es gibt in diesem Fall ein “recht zur Lüge”, was aber Auslegungssache ist. Aber es gibt auch unterschiedlich ausgelegte Gerichtsverfahren, wo in diesem Fall mal Arbeitgeber und mal Arbeitnehmer recht bekamen. Es ist eine art Grauzone.
      Käme es jetzt zur Kündigung-aus welchem Grund auch immer- müsste ich auch die Schwerbehinderung angeben – sonst gibts keine Kohlen vom Arbeitsamt.

      Aber was solls, ich habe mich von vornherein entschieden, es nicht anzugeben. Und warum schlafende Hunde wecken..Ich gehe arbeiten solange es geht. Wenn ich wirklich Stunden reduzieren will, muss ich das ja auch nicht damit begründen.

      #5957

      ich finde ihr könnt alle sehr stolz auf euch sein, die ihr es schafft, mit der erkranknung noch zu arbeiten…
      ich würde das niemals schaffen, das ist echt eine tolle leistung…

      liebe grüße :bye:
      erdbeere

      #5960
      Anonym

        Naja, von “schaffen” kann, was mich betrifft, weniger die Rede sein. Eher von “müssen”. In der Hartz-IV-Mühle bleibt einem auch nichts anderes übrig. Das letzte erst kürzlich erstellte Gutachten der Agentur besagt denn auch, dass ich “vollschichtig” leistungsfähig sei. Es stimmt zwar, dass Hartz IV nicht Armut per se bedeutet, sondern als Antwort darauf zu verstehen ist.
        Ich wäre aber nicht der erste, der von dieser Mühle langsam zermahlen wird. Ich bin mittlerweile um die vierzig, alle Versuche, eine geregelte Arbeit aufzunehmen und durchzuhalten sind bisher kläglich gescheitert; ich gehöre damit zum Bodensatz der Gesellschaft und werde mir dessen tagtäglich aufs Neue bewusst.
        Ansonsten kann ich, mich zum sogenannten Prekariat zugehörig fühlend, mich für grüne Positionen zwar weniger erwärmen, aber Grundeinkommen nach Habeck oder Bürgergeld, wie es etwa von Frau Nahles vorgeschlagen wird, erscheinen für mich wie ein Silberstreif am Horizont, um meiner Misere und dem Selbsttod auf Raten doch noch zu entrinnen.

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