Krankheitsempfinden abhängig von Vergleichen

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  • Dieses Thema hat 25 Antworten und 14 Teilnehmer, und wurde zuletzt aktualisiert vor 5 Jahre, 2 Monate von Anonym.
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  • #13186
    Anonym

      Mit Vergleichen kann man sich entweder irrsinnig unglücklich machen, aber auch einfach sehen, dass es noch andere gibt, die auch Probleme haben mit Erkrankungen.

      Ich finde es kommt auf den Maßstab darauf an, ob man sich andauernd selbst in der Verliererrolle sieht oder man andere Qualitäten als Erfolg im Beruf entdecken kann.

      Natürlich steige ich fürchterlich aus, wenn ich mich mit alten Freunden vergleiche, bei denen es nie eine ernsthafte Erkrankung gab, aber die Welt ist groß und man darf ruhig vergleichen, das sehe ich nicht als herabsetzen von irgendwem. Ich bin voll der Meinung, dass jeder Mensch gleich viel Wert hat, außer er hat wirklich absichtlich böse Dinge getan und anderen geschadet. Das noch weiter zu ergründen würde zu weit führen.

      Vergleichen ist doch menschlich, finde ich…

      #13207

      Vergleiche ich die Zeit vor, während und nach der ersten akuten Psychose bezogen auf meine Emotionslosigkeit, geht es mir heute gut.

      Vor der Erkrankung war ich sehr sensibel. Mich hat vieles emotional sehr angesprochen und mit genommen. Ich kannte gefühlsmäßig extreme Höhen und Tiefen und zuletzt habe ich so gelitten, dass ich mit Angst weinend zur Arbeit fuhr.

      Ich will Euch nicht mit verschiedenen Schicksalsschlägen langweilen. Jedenfalls habe ich sowohl selber sehr gelitten wie auch mitgelitten und das sowohl privat wie auch beruflich.

      Mir fehlte eine gesunde Distanz und meine Nerven wurden über Jahre sehr strapaziert.
      So erkläre ich mir meinen den Ausbruch der Schizophrenie, dass es wie ein Kurzschluss war. Die Sicherung ist irgendwann durchgebrannt.

      Während der akuten Phase hatte ich ein enormes Hochgefühl. Ich meinte, dass es mir super geht und wollte nicht mit dem Rettungswagen in die Klinik fahren.
      Nach Abklingen der Positivsymptome fühlte ich mich einen Abend grundlos extrem traurig. Da gab mir eine Schwester eine Tablette mit der ich eingeschlafen bin. Am nächsten morgen war die Traurigkeit futsch, aber auch alle anderen Gefühle …

      Mehrere Jahre litt ich darunter, beschrieb mich als Zombie, der nur noch funktioniert und empfand mein Leben nicht mehr sinnvoll. Der erste Tagesklinikaufenthalt dauerte mehrere Monate und half mir nicht. Vermutlich war ich da noch zu krank. Ich steckte in einer erheblichen Negativsymptomatik fest.

      Eine mehrjährige Verhaltenstherapie hat mich zurück ins Leben gebracht. Nicht, dass ich ich nun wieder normal fühlen konnte, aber inzwischen sehe ich die Emotionslosigkeit für mich als Schutz an.
      Viele Ereignisse und auch die Leiden anderer Leute ziehen mich nicht mehr runter. Emotional bin ich recht stabil, ausgeglichen und ruhig. Zum Glück stecke ich gefühlsmäßig ca. in der Mitte fest und nicht am Boden.

      #13226
      Anonym

        Liebe Mango, dein Beitrag könnte inhaltlich von mir stammen. Auch ich hatte vor der Diagnosestellung starke emotionale Schwankungen. Einmal beschimpfte ich zum Beispiel ein paar Frauen, die Zweige für die Vase von einem Baum schnitten, was ich zufällig sah. Ich weinte wie ein Schlosshund aus Mitgefühl mit dem Baum. Ich konnte seine Schmerzen fühlen. Dachte ich. Ungefähr 6 Jahre vor der Diagnose geriet ich dann auch in extrem lethargische, gefühllose Phasen. Da hieß es noch, ich hätte eine Angststörung. Heute bin ich emotional viel stabiler, vermutlich dank der Medikamente. Nun wirft mir mein Freund oft Empathielosigkeit vor aber für mich selbst fühlt sich dieser Zustand gesünder an oder zumindest erholsamer. Ich fühle nicht mehr mit allen Dingen mit, kann auch wieder Fleisch essen (bis auf Fleisch, wo man das Körperteil, von dem es stammt, noch erkennen kann). Ja, man kann das Stumpfheit nennen aber ich bin dadurch viel ausgeglichener und innerlich friedvoller.

        #13423

        Geht mir auch oft so, dass ich meinen Zustand mit einem früheren, besseren Zustand vergleiche. Aber das bringt ja gar nix. Nur meine Mutter kommt oft mit: aber früher ging das doch auch…
        Sie hat noch nicht akzeptiert, dass ich chronisch krank bin und einfach nicht mehr so kann, wie ich mal konnte.

        Ich versuche auch inzwischen mit jüngeren, akuten Zuständen zu vergleichen, aber ich vergesse dann das positive Ergebnis immer und orientiere mich wieder daran, was ich heute alles nicht mehr kann.

        Solang man daran nagt, wird man keine Ruhe und innere Zufriedenheit finden.

        #13431

        Oh ja, bei mir nenn ich das immer loch im Bauch, da wo was fehlt. Aber auch ich vergleiche mich. Mit anderen die alles schaffen oder mit mir früher (schlank, stark, immer vorne mitmischen)….das ist sehr frustrierend. Dann sagt mir meine Mom immer….Du kannst ja die Medis weglassen…..aber Du weisst was dann passiert. Ja, leider habe ich das festgestellt. Jetzt versuch ich zu sehen was ich schon alles wieder kann und hoffe das es besser wird. Bin z.B. das erste mal in dieser Whg. wieder meistens ruhiger als in den anderen. Wollte immer ins EG jetzt hab ich´s, ist doch auch gut für meinen Dogi, der wird jetzt 10J. und da sind weniger Stufen bestimmt auch gut. Ich kann meistens ohne STottern und lesen geht meistens auch. Mal schaff ich viel, mal weniger. Traurigkeit und Wut kommen auch, ist auch besser als nix (hatt ich unter Amytriptillin…nichts zu fühlen war hart). Ok, ich hasse einkaufen….aber ich bekomm es hin. Meine Whg. ist zum größtenteil ordentlich. Hab´s nur nicht so mit staubsaugen…..das wird und wird nicht besser (war früher total penetrant sauber). Egal wie will iegentlich nur sagen. Man erkämpft sich in kleinen Schritten seinen Alltag wieder und hofft das es nicht stehen bleibt….was ich im Moment so empfinde. Und vergleiche tun mir nicht gut.

        Für alle viel Kraft. :bye:


        https://butterflys-pearl-kalina.hpage.com/willkommen.html
        https://hamasi-ben-ihmz-achthamar.hpage.com/willkommen.html

        D / 49Jahre
        Quetiapin 200 +400 , Risperidon 2mg, Doxepin 2x 50mg,
        Ofiril 2x 150mg, Bedarf Lorazepam
        L-Thyroxin

        #13461

        Guten Morgen @all,

        das Vergleichen an sich ist etwas Unumgängliches, denke ich, wenn ich z.B. versuche eine Situation oder eine Person zu verstehen. Also sowas wie: “Wie konnte das jetzt passieren, was war vorher passiert?” oder “Wie wäre es für mich, wenn ich in ihrer/seiner Lage wäre?” usw.

        Zitat Molly (#13114):

        Ich vergleiche mich auch lieber mit Erkrankten. Würde ich mich mit jemandem vergleichen, der voll im Leben steht und Karriere macht, würde ich wahrscheinlich verzweifeln und das hat auf keinen Fall etwas mit mangelndem Selbstvertrauen zu tun, sondern eher mit einem Mangel an Möglichkeiten.

        Da geht es mir persönlich anders, wenn ich diesen Beitrag von Molly lese. Denn ich weiß, dass ich immer voll im Leben gestanden bin, zu jedem Zeitpunkt in meinem Leben. Wenn z.B. meine Mitmenschen, die keine Erfahrungen mit psychischen Erfahrungen haben, mit mir Mitleid zeigen (zugespitzt ausgedrückt: “aus Dir/Ihnen hätte viel mehr werden können” usw.), dann ist das sehr befremdlich für mich und fühle mich unterschätzt. Wobei es mir auch klar ist, dass die Außenstehenden mein Innenleben nicht nachvollziehen können, erst recht nicht, wenn ich es ihnen nicht mitgeteilt habe.

        Dass Karriere zu machen etwas Begehrenswertes sei, halte ich schon für sowas wie ein global beherrschendes Paradigma, selbst in Ländern wie Deutschland, in denen die allermeisten Menschen kein Hungers- oder Kälte-(usw.)Tod befürchten müssen. Für mich war das so, dass ich einige Jahre lang beruflich erfolgreich war, aber der Erfolg bzw. die Karriere nicht das Ziel war sondern eine Folge meiner radikalen Eigenmotivation (aus purer Freude sozusagen). Insofern habe ich nie danach gestrebt.

        Die Gründe verstehe ich schon, warum für viele Menschen in unserer Gesellschaft Karriere so wichtig ist. Ich würde zu den nachvollziehbaren Anreizen vor allem zählen: mehr Freiheit und Selbstbestimmung, mehr Anerkennung und mehr Geld. “Mehr” geht immer, und das Streben nach “mehr” muss ja nicht aufhören. Da bin ich eben sehr froh, dass ich das Gefühl habe, “mehr als genug” in allem zu haben, was ich mir für mein Leben wünsche. Ich bin mir nicht sicher, ob und wie ich diese Zufriedenheit erlernt hätte, ohne meine Erfahrungen mit Psychosen. Nach meiner Ersterkrankung in 2010 hat mein Leben natürlich einen anderen Weg genommen, aber ich bin mir sicher, dass dieser Weg mindestens genauso reich und kraftvoll gewesen ist.

        Wenn ich mitbekomme, dass es den anderen Betroffenen schlecht oder nicht gut geht, dann denke ich, dass es sicher nicht aus ihren eigenen Entscheidungen geschieht. Chronishes Stimmenhören z.B. stelle ich mir sehr schwierig vor. Wenn dann die Medikamente nicht helfen, die Dosis immer höher geschraubt wird und die Nebenwirkungen sich stärker bemerkbar machen, dann ist das ein Teufelskreis. Und mir fehlen die eigenen Erfahrungen damit, um einschätzen zu können, ob und wie ich mich damit arrangieren würde. Es ist ein großes Glück, dass ich keine Stimmen höre.

        LG,
        Mowa

        • Diese Antwort wurde geändert vor 5 Jahre, 3 Monate von Mowa.
        #13467

        @mango: Ich habe in Deinen Thread auf Seite 1 viel zu viel Moral hineingebracht, die da gar nicht reinpasst. Nimm’s mir bitte nicht übel! Irgendwie habe ich zu viel in das Thema hineinprojiziert.

        • Diese Antwort wurde geändert vor 5 Jahre, 3 Monate von Yuri.
        #13532

        Okay, @yuri: “Schwamm drüber.”

        #13587

        Guten Morgen, nur kurz, um einen Tippfehler zu korrigieren:

        Zitat Mowa (#13461):

        Wenn z.B. meine Mitmenschen, die keine Erfahrungen mit psychischen Erfahrungen haben, mit mir Mitleid zeigen

        Soll heißen:
        Wenn z.B. meine Mitmenschen, die keine Erfahrungen mit psychischen ErKRANKUNGEN haben, mit mir Mitleid zeigen<

        LG,
        Mowa

        #15924
        Anonym

          Wenn ich mich mit mir selbst vor vier Jahren vergleiche, habe ich ganz schön abgebaut. Aber das letzte Jahr hat auch viel Fortschritt gebracht in die richtige Richtung.
          Früher war ich, wie mein ehemaliger Therapeut zu sagen gepflegt, ein Rennpferd. Ich habe deutlich mehr geleistet als der Durchschnitt. Heute bin ich ein hinkender Gaul.
          Aber es wird besser und ich gesunde.

          Wenn ich mich mit zwei Freundinnen aus der Klinik vergleiche, die auch psychotisch waren, geht es mir deutlich besser. Die waren bereits lange vor der ersten Psychose anders psychisch krank. Bei mir kam das aus dem nichts. Und ich bin auch mehr auf dem Weg der Besserung.
          Wenn ich mich mit einem Großteil meiner Kommlitonen vergleiche, ist es echt frustrierend. Ich halte einfach nicht mehr so gut mit. Aber das ist ok, solange ich fertig werde und meine Approbation irgendwann kriege. Was mich auf dem Forumstreffen aufgemuntert hat, ist, dass ihr alle mit beiden Beinen im Beruf Ständer. Das hat mir Mut gemacht.

          #19060
          Anonym

            Da muss ich aber mal loben!!
            Ein sehr interessantes thema. B-)

            Lg

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