Notizen von Mowa

Viewing 15 posts - 1066 through 1080 (of 1131 total)
  • Author
    Posts
  • #136904

    Gestern Morgen hatte ich ihr geschrieben, dass ich härtere Corona-Maßnahmen nach Weihnachten erwarte und befürchte, dass dann meine OP mehrfach verschoben werden muss. Sie hat dann geantwortet, dass ich eventuell in ihrem Krankenhaus operiert werden könnte, aber die OP-Kapazität dort jetzt auch reduziert wurde. Ich kann sie nächste Woche wieder anschreiben, vielleicht kann sie mir dann Genaueres sagen.

    Apropos, gestern habe ich auch den OP-Termin im Krankenhaus der Oberärztin vereinbart, er soll am 18.01.2021 durchgeführt werden. Dieser Termin ist sicherer als der Termin der Unifrauenklinik. Und vielleicht wird mich die Oberärztin selbst operieren, das wäre schön, ich habe Vertrauen zu ihr.

    #136958

    Danke schön liebe @Bernadette.

    Heute Mittag hatte ich ein sehr angenehmes und hilfreiches Telefonat mit Prof. Rüsch. Er hat mir 3 Dateien zum Thema Stigma zum Weiterlesen geschenkt und mir gesagt, dass er mir noch ein Buch zukommen lassen wird (weil es momentan nicht bei Amazon erhältlich ist) mit 40 Erfahrungsberichten von Betroffenen, und dass ich mich vielleicht davon inspirieren lassen kann. Er hat mir auch angeboten, dass er sich meinen Beitrag durchlesen kann, wenn ich ihn einmal geschrieben habe – wow!

    Es war mir auch nicht bewusst, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen gemäß der UN-Behindertenrechtskovention Recht auf Arbeit haben, dass das also keine Frage der Almosen ist, wenn wir arbeiten wollen. Ich will in seinem Stigma-Buch weiterlesen, darin werden auch verschiedene Modelle vorgestellt, wie Stigma entstehen kann. Ich hatte ihn gefragt, ob es bei Stigma immer um die eigene Aufwertung durch die Abwertung der Anderen geht, usw.

    Jetzt bin ich etwas erschöpft, mein Kopf braucht wohl eine Pause :bye:

    #137009

    Danke schön @Dopplereffekt und @Oceana!

    Heute Morgen habe ich ein Gedächtnisprotokoll zum gestrigen Telefonat getippt. Prof. Rüsch hat mir bereits sein Einverständnis erklärt, dass ich es hier im Forum posten kann und auch intern weiterleiten kann:

    #137011

    Telefonat mit Prof. Nicolas Rüsch, Do. 17.12.2020 von 13:01 – 13:34 Uhr
    Version: Fr. 18.12.2020 08:57 Uhr von Mowa

    Homepage von Prof. Nicolas Rüsch:
    https://www.uniklinik-ulm.de/psychiatrie-und-psychotherapie-ii/unser-team/nicolas-ruesch.html

    Nur sinngemäß aus meinem Gedächtnis, woran ich mich erinnere, und was ich gestern gemeint und verstanden habe. D.h. nicht unbedingt das, was tatsächlich gesagt und gemeint wurde, weder von Prof. Rüsch noch von mir.

    Prof. Rüsch: Wie sind Sie auf das Buch („Das Stigma psychischer Erkrankung – Strategien gegen Ausgrenzung und Diskriminierung“) gestoßen?
    Mowa: Vielen Dank für das sehr hilfreiche Buch. Ich habe es per Google als Erstes gefunden, als ich angefangen habe zum Thema Stigma zu recherchieren. Ich wusste nicht, dass Stigma so ein breites Forschungsfeld ist.
    Prof. Rüsch: Wenn man anfängt zu recherchieren, dann wundert man sich, zu wie vielen Themen schon geforscht wird, es ging mir auch schon so. Auch zum Thema Stigma gibt es viel Forschung und viele Veröffentlichungen. Und davon gibt es auch einige sehr gute Forschung.

    Prof. Rüsch: Sie recherchieren für einen Beitrag in einer internen Veröffentlichung der ***?
    Mowa: Es gibt das ***, das vierteljährlich von der *** herausgegeben wird und den Mitarbeitenden der *** zur Verfügung gestellt wird, mit einer Auflage von ca. 17000. Zu diesem *** gibt es so etwas wie ein Beiheft, das vom Gesamtbetriebsrat der *** verfasst und herausgegeben wird. Mein Beitrag würde in diesem Beiheft erscheinen. Die pdf-Dateien werden im Intranet der *** zur Verfügung gestellt.

    Prof. Rüsch: Sie arbeiten im IT-Support, wenn ich es richtig gesehen habe.
    Mowa: Ja, das ist der Job, den mir mein Chef nach meiner Erkrankung angeboten hat und den ich seitdem ausübe. Das ist nicht das, was ich kann.

    Prof. Rüsch: Was ist Ihre Ausbildung und der ursprüngliche Beruf?
    Mowa: Ich habe bei meinem jetzigen Chef Diplomarbeit im Bereich der Biophysik gemacht, dann eine Doktorarbeit in London, dort auch eine Postdoc-Stelle gehabt. Daraufhin habe ich ein Stipendium für eine unabhängige wissenschaftliche Stelle am Imperial College bekommen, allerdings habe ich es vorgezogen, ein Zweitstudium in Freiburg aufzunehmen. Leider bin ich bald daran gescheitert, das Studium war in Humanmedizin, und hatte meine erste Psychose. Das war vor 10 Jahren.

    Prof. Rüsch: Haben Sie den Beitrag schon geschrieben?
    Mowa: Nein, noch gar nicht, ich bin in der Planungsphase.

    Prof. Rüsch: Es gibt ein Arbeitsheft von IWS (https://www.uni-ulm.de/med/iws/), es wird Ihre Entscheidung über die Offenlegung nicht abnehmen aber kann vielleicht eine Hilfe sein („In Würde zu sich stehen um das Stigma psychischer Erkrankungen abzubauen. Version für Erwachsene. Arbeitsbuch für Gruppenleiter & Teilnehmer“). Über das IWS haben wir auch einen Beitrag veröffentlicht. Dieses Arbeitsheft und den Artikel kann ich Ihnen zuschicken.

    Prof. Rüsch: Was beim Schreiben helfen kann, ist wenn man über positive Erfahrungen aber auch über negative Erfahrungen schreibt und dabei ehrlich ist. Und so, dass Menschen, die wenig über psychische Erkrankungen wissen, den Beitrag auch verstehen können. Man kann sich auch dafür entscheiden, nur bestimmte Sachen zu erzählen, z.B. keine intimen Geschichten. Ich als Psychiater würde die Geschichten einordnen können, eher als jemand, der wenig Erfahrung hat. Es kommt auch darauf an, wie wichtig für Sie die Themen wie Stigma und Inklusion sind. Oder auch darauf, wen Sie mit Ihrem Beitrag erreichen wollen, was das Ziel der Offenlegung ist. (…)

    Mowa: Das Thema Inklusion ist sehr wichtig für mich. Es wäre ein großer Traum, falls immer mehr Menschen mit psychischen Erkrankungen ein so hohes Maß an Inklusion erfahren könnten wie ich selbst. Ich möchte gerne darüber schreiben, wie ich über meinen Chef von der *** integriert und auch gefördert wurde, trotz der Rückfälle und Leistungseinschränkungen. Dadurch, dass ich von Anfang an offen mit meiner Erkrankung umgegangen bin, sind durch diese Veröffentlichung mein Arbeitsverhältnis und meine sozialen Kontakte nicht gefährdet. Das bietet mir einen gewissen Schutz. Es wäre sehr schön, wenn auch die Arbeitgeberseite, also auch der Präsident der ***, sich Gedanken zum eigenen Beitrag machen würden, wie Stigma, Vorurteile und diskriminierendes Verhalten abgebaut werden könnten. Was meine eigenen Leistungen betrifft, weiß ich nicht, was mein Chef dazu sagen würde. Durch die Rückfälle hatte ich auch erhebliche Ausfälle. In der *** geht es um die Exzellenzforschung und um die Spitzenleistung, und ich sehe auch, was ich heute nicht mehr leisten kann. Daher kann ich auch verstehen, wenn Arbeitgeber Bedenken haben, Menschen mit psychischen Einschränkungen einzustellen.

    Prof. Rüsch: Solche Erfahrungsberichte werden „first person accounts“ genannt. Es ist gut, dass Sie diesen Schutz haben, das ist nicht selbstverständlich. Haben Sie schon mal von der UN-Behindertenrechtskonvention gehört? Danach haben Menschen mit psychischen Einschränkungen ein Recht auf Arbeit. Es geht nicht um Mitleid oder Almosen, wenn Menschen mit psychischen Erkrankungen arbeiten wollen. Dazu steht auch etwas im Buch, im Kapitel 7.5.2 „Die UN-Behindertenrechtskonvention“. In dieser Hinsicht können Sie ruhig selbstbewusster sein.

    Prof. Rüsch: Was sagt Ihr Mann dazu?
    Mowa: Einerseits „Das bringt nichts“ und andererseits „Das ist super“. Mein Mann hatte bereits mit 17 Jahren ([sic] muss wohl 18 Jahren heißen) seine erste Psychose, und konnte nie richtig in die Gesellschaft integriert werden. Daher hat er nochmal eine ganz andere Perspektive zum Thema als ich, die gute Erfahrungen gemacht hat.
    Prof. Rüsch: Leichter hatten Sie es vielleicht nicht, aber Sie konnten Ihre Ausbildung vor der Erkrankung abschließen.
    Mowa: Ja, und ich hatte es auf jeden Fall leichter als mein Mann, denke ich.

    Prof. Rüsch: Ist Ihnen schon mal der Name „Klaus Gauger“ untergekommen? Er hat das Buch „Meine Schizophrenie“ in 2018 veröffentlicht, über seine Erfahrung mit Schizophrenie. 2021 wird eine Neuauflage im Herder-Verlag erscheinen. Er ist Germanist, lebt in Freiburg und arbeitet inzwischen als Genesungsbegleiter. Ein sehr angenehmer Mensch. Er hat mein Buch gelesen, ich habe sein Buch gelesen, und wir haben zusammen einen Beitrag geschrieben, den ich Ihnen auch zur Verfügung stellen kann. Bitte diesen nicht weitergeben, da er noch nicht veröffentlich ist. Er wird voraussichtlich 2021 in der Zeitschrift „Kerbe – Forum für soziale Psychiatrie“ erscheinen.

    Mowa: Ich möchte noch erwähnen, in der *** gibt es auch das *** für Psychiatrie. Ich habe zwar keine Ahnung, nur scheinen Psychosen keines der Hauptthemen zu sein. Wenn ich mir die Homepage des *** anschaue, dann habe ich nicht das Gefühl, das diese Forschung etwas mit mir zu tun hat.
    Prof. Rüsch: Das Münchner *** für Psychiatrie hat sich in den vergangenen Jahrzehnten v.a. biologischer Forschung gewidmet. Der Mensch, sein Erleben der eigenen Erkrankung und sein soziales Umfeld standen vielleicht nicht immer im Mittelpunkt.

    Mowa: Hat Stigma immer mit der eigenen Aufwertung durch Abwertung der Anderen zu tun?
    Prof. Rüsch: Das ist eine gute Frage. Stigma kann verschiedene Funktionen haben, von der Abwertung anderer, um sich selbst besser zu fühlen, bis zur Bestätigung der eigenen Weltsicht und evolutionär bedingten Funktionen (mehr dazu in meinem Buch im Kapitel 3.3). Stigma kann auch den Menschen eine Sicherheit geben, dass die Welt, so wie sie ist, in Ordnung ist. Z.B. wenn es arme und hungernde Menschen auf der Straße gibt und Menschen überzeugt sind, dass das seine Berechtigung hat und sie selbst schuld sind usw.

    Prof. Rüsch: Zum Schluss noch eine Frage aus Neugierde – wo Sie herkommen?
    Mowa: Ich komme ursprünglich aus Japan, habe mit 10 Jahren das Land das erste Mal verlassen, dann nach London, dann nach Bonn und habe dort die Wiedervereinigung erlebt, usw. Ich kann keine der Sprachen auf dem Muttersprachler-Niveau sprechen.
    Prof. Rüsch: Fehler höre ich nicht heraus aber einen leichten Klang habe ich bemerkt…

    #137032

    Danke schön Bernadette und Dopplereffekt.

    Ist mit dem Recht auf Arbeit auch der 2. Arbeitsmarkt gemeint?

    So wie ich es verstehe, ich glaube, mit dem Recht auf Arbeit wird etwas Grundsätzliches gemeint, so ähnlich wie die allgemeinen Menschenrechte auch. Es gibt in Deutschland sicher noch keine rechtliche Bindung. Es liegt halt an allem, der Politik, der Gesellschaft, den Unternehmen, … und auch an uns Betroffenen selbst, wie wir dieses Recht einfordern und umsetzen.

    Leider ist das Heft auf der Seite nicht veröffentlicht

    Bald werde ich Herrn Rüsch fragen, ob ich es hier zur Verfügung stellen kann. Den Artikel über das IWS gibt es HIER. Vielleicht kann ich ihn auch hier einstellen. Das muss ich auch erst erfragen.

    Heute habe ich vom Gesamtbetriebsrat die Rückmeldung bekommen, dass ich diesen Erfahrungsbericht tatsächlich veröffentlichen kann, mit bis zu 7000 Zeichen. Dann kann es ja losgehen mit dem Schreiben ;-)

    #137215

    Hallo @Dopplereffekt, es gibt die englische Seite zum ‘HOP Program’, und dort findest Du auch Handbuch und Arbeitsheft etc. Vielleicht ist das für den Moment auch ausreichend für Dich.

    ein Gesetz zur Teilhabe am Arbeitsleben.

    Stimmt @Molly, das Bundesteilhabegesetz habe ich vergessen. Ja, also doch schon eine rechtliche Bindung.

    Würde mich freuen, deine Gedanken zu dem Thema zu lesen :)

    Danke @wunder für den Hinweis. Ich habe bis jetzt kaum Erfahrungsberichte und Bücher über Schizophrenie gelesen. Ich glaube, dass das vor allem daran liegt, weil ich mit mir selbst so beschäftigt war. Es klingt interessant, was Du aufgelistet hast. Vielleicht komme ich dazu, etwas über Frau Wirtz zu lesen.

    hab mich aber ziemlich damit abgefunden und stecke meine Energie in Familie, Ben und Freunde.

    Das ist nur verständlich @Blumenduft, finde ich, nach allem was Du erlebt hast. Ich hoffe, dass Du mit Deiner Situation zurecht kommst und Dich nicht schlecht fühlen musst.

    Ich habe mir die ersten drei Folgen des Podcasts angehört

    Danke für Dein Fazit.

    Heute habe ich das Buch erhalten, das mir Herr Rüsch geschickt hat: ‘Coming Out Proud to Erase the Stigma of Mental Illness – Stories and Essays of Solidarity’ von P. W. Corrigan, J.E. Larson und P. J. Michaels. Es enthält eine persönliche Widmung, worüber ich mich sehr gefreut habe :-)

    Bislang habe ich nur die ersten 20 Seiten gelesen, und ich finde es sehr hilfreich. Es ging mir auch schon so, als ich das Buch von Herrn Rüsch angelesen habe. Die Wertschätzung, die ich bei der Lektüre erfahre, gibt mir das Gefühl, nicht mehr alleine kämpfen zu müssen. So, als würde mir die Last der letzten 10 Jahre genommen. Und mir war nicht mal bewusst, dass ich diese Last mitgeschleppt hatte. Irgendwie so.

    #137412

    Guten Morgen zusammen,

    danke noch einmal @wunder und @Dopplereffekt! Jetzt habe ich mir das Interview mit Herrn Krauthausen angehört. Finde ich sehr gut :good:

    … Ich glaube, Inklusion ist ein Recht auf Teilhabe, unabhängig davon, ob jemand wertschöpfbar ist oder nicht …

    Dieses Selbstbewusstsein und Selbstverständnis wünsche ich mir zuerst für mich selbst. In meinem Beitrag möchte ich es auch betonen. Es ist wahr, ich will auch keinen ‘inspiration porno’ über mich schreiben :-)

    Gestern haben wir unsere Neujahrskarten fertig bekommen. Heute können wir sie alle in den Briefkasten werfen. Die meisten Karten werden in Deutschland verteilt, einige nach Japan, einzelne nach Chile und Cuba :yahoo:

    Lebensmitteleinkäufe für die Feiertage haben wir noch gar nicht erledigt. Das wird sicher nochmal stressig :wacko:

    Wünsche allen eine gute Woche :rose:

    LG,
    Mowa

    #137555

    Hallo zusammen,

    danke schön @rispi und @Bernadette für Eure Grüße; und @jeanne-darc, @Dopplereffekt und @Oceana auch für Eure Kommentare…

    Bald werde ich Herrn Rüsch fragen, ob ich es hier zur Verfügung stellen kann. Den Artikel über das IWS gibt es HIER. Vielleicht kann ich ihn auch hier einstellen. Das muss ich auch erst erfragen.

    HIER ist der Artikel von Prof. Rüsch et al.

    Falls Ihr auch am IWS-Arbeitsbuch Interesse habt, meldet Euch bitte direkt bei Herrn Rüsch: nicolas.ruesch@uni-ulm.de

    Ich schreibe fleissig an meinem Beitrag. Schnell komme ich nicht voran aber es wird… Gleich um 10 Uhr habe ich über diesen Beitrag noch ein Videotreffen mit einer lieben Kollegin. Darauf freue ich mich schon sehr B-)

    Wünsche allen einen schönen Tag :rose:

    LG,
    Mowa

    #137691

    Danke schön liebe @Oceana und liebe @Bernadette :heart:

    Jetzt habe ich den ersten Entwurf für meinen Beitrag geschrieben. Ich bin mir noch gar nicht sicher, ob er so bleibt:
    ____________
    Inklusion – Ein persönlicher Erfahrungsbericht
    Von Mowa

    Psychische Belastungen gibt es überall im Alltag, und je nach Intensität und Dauer können sie für jeden Menschen krankmachend sein. Um so wichtiger ist eine Initiative wie das „Mental Health Collective“ der *** (Abk. „MHC“), die sich für die Förderung der psychischen Gesundheit aller Mitarbeitenden einsetzt (1). Das MHC wurde im Februar 2020 von vier jungen wissenschaftlichen Mitarbeitenden gegründet: ***. Erst im Oktober 2020 hat das MHC die *** mit großem Erfolg veranstaltet, mit mehr als 1100 Teilnahmen an diversen Vorträgen und Seminaren zum Thema psychische Gesundheit. Zweiwöchentlich findet auch die *** statt, die einen offenen Austausch im geschützten Raum über psychisch belastende Erfahrungen ermöglicht. Weitere Unterstützungen dieser bislang noch ehrenamtlichen Initiative mit ihren vielen Ideen für zukünftige Projekte bleiben unverzichtbar. Eine Arbeitskultur, die hinsichtlich der psychischen Gesundheit und der Erkrankung offen ist, bedarf einer aktiven Mitwirkung nicht nur von uns Mitarbeitenden, sondern vor allem auch vom Präsidenten *** als Leiter der ***. Im Folgenden möchte ich von meinen persönlichen Erfahrungen berichten und mich als Mitarbeiterin der *** und als Betroffene mit einer psychischen Erkrankung erkenntlich zeigen. Ich hoffe, sowohl Betroffene als auch Nichtbetroffene dazu einladen zu können, eigenes Stigma zu überdenken und selbst zum Abbau beizutragen.

    Im November 2010, als ich aus meinem ersten Psychiatrieaufenthalt entlassen wurde, kam ich mir wie eine Außerirdische vor. Alles um mich herum war grell, rau und fremd. Ich konnte nicht begreifen, was mit mir passiert war. „Paranoide Schizophrenie, Erstmanifestation (ICD-10: F20.0)“ – was bedeutete das? Mitten in der geschäftigen Altstadt von Freiburg im Breisgau, wo ich das Jahr zuvor als Medizinstudentin im Zweitstudium verbrachte, nahm meine kleine Schwester meine Hand und half mir über die Straße. „Was sind Ihre Visionen der nächsten 10 Jahre?“, wurde ich einige Monate später gefragt, im Bewerbungsgespräch bei einer Nichtregierungsorganisation, die sich mit Ökologie und Nachhaltigkeit befasste. In diesem Augenblick wusste ich nur, dass ich im letzten Sommer einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte, der Psychose hieß, dass ich ein Medikament einnahm, das Neuroleptikum hieß, dass es mir etwas besser ging und ich nicht mehr nur bettlägerig war, dass mein Kopf sich wie eingegipst anfühlte und meine Gedanken und Gefühle wie verschüttet waren, dass ich Adipositas bekam. Sprachlos und verlegen, verabschiedete ich mich.

    Seit diesem Tag kam es schon mal vor, dass ich mir ausgemalt habe, was ich hätte alles noch ohne meine Erkrankung und als Nachwuchswissenschaftlerin erleben können. Und doch habe ich so viel in Fülle erlebt und gelernt, was es bedeuten kann ein Mensch zu sein. Daher denke ich nicht, etwas verpasst zu haben oder verpassen zu werden. Hätte ich dies damals geahnt, hätte ich bestimmt geantwortet: „Mein großer Traum ist, dass immer mehr Menschen mit psychischen Erkrankungen ein so hohes Maß an Inklusion erfahren wie ich selbst“. Mit Inklusion meine ich vor allem meine Arbeit für die Abteilung von Prof. ***, zuerst am *** in *** und dann am *** in ***. Erst durch die Sicherheit, die mir meine Arbeit gab, konnte ich meinen Genesungsprozess einleiten und diesen aufrechterhalten: Finanziell kann ich für mich selbst sorgen; bin von Menschen umgeben, die mich und meine Arbeit wertschätzen; habe eine Tagesstruktur. Darüber hinaus wurden mir Freiheiten gewährt, und ich konnte meine Arbeit inhaltlich weitgehend selbst gestalten, sei es im First Level IT-Support, in Forschungsprojekten, und inzwischen auch im Betriebsrat und Gesamtbetriebsrat. Meine beiden Rückfälle im Frühjahr 2018 und 2019, bei denen ich mit akuten Symptomen wie Hypomanie und Wahn teilweise auch auf der Arbeit war, haben nicht dazu geführt, dass ich ausgegrenzt oder gekündigt wurde. Im Gegenteil, ich habe weiterhin Geduld und Unterstützungen erfahren.

    Dass es Stigma, Vorurteile und diskriminierendes Verhalten bei psychischen Erkrankungen gibt, schließen meine persönlichen Erfahrungen natürlich nicht aus. So geht es mir auch z.B. mit Rassismus. Nur weil ich selbst keine offenen Anfeindungen und Diskriminierungen aufgrund meiner Herkunft und der sonstigen Merkmale erlebt habe, bedeutet es nicht, dass es nirgendwo Rassismus gibt. Viele Menschen mit psychischen Erkrankungen leben mit schweren Krankheitsverläufen und medikamentösen Nebenwirkungen, haben Schicksalsschläge und existentielle Krisen überlebt. Und viele Menschen sehnen sich nach mehr Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, auch an der Arbeitswelt, und doch fristen viele Menschen ein Schattendasein am Rande unserer Gesellschaft. „Haben Sie schon mal von der UN-Behindertenrechtskonvention gehört? Menschen mit psychischen Erkrankungen haben ein Recht auf Arbeit. Es geht nicht um Mitleid oder Almosen, wenn sie arbeiten wollen“. Das waren die einprägsamen Worte von Prof. Nicolas Rüsch, Psychiater und Stigmaforscher am Universitätsklinikum in Ulm, die mich ins Staunen versetzten (2). Dieses Selbstbewusstsein und Selbstverständnis wünsche ich mir zuerst für mich selbst, sind doch meine Leistungen erheblich eingeschränkt, im Vergleich zu früher, vor meiner Erkrankung? Wie passt das zusammen mit dem Vorzeigebild der *** , mit ihrer Spitzenleistung und Exzellenzforschung?

    Die Frage nach der eigenen Identität: „Was und wie bin ich und warum?“ beschäftigt sicher jeden Menschen sein Leben lang, mal mehr, mal weniger. Bis ich selbst erkrankte, hatte ich keine Berührungen mit psychischen Erkrankungen. Mir fehlte das Wissen komplett, wie sehr psychische Erkrankungen gesellschaftlich stigmatisiert werden. Vor einigen Jahren bezeichnete ich mich einmal selbst als „Psycho“ und meinte es wertefrei, und doch wurde ich von einer langjährigen Freundin, die nicht von psychischen Erkrankungen betroffen ist, sofort korrigiert: „Sage bitte so etwas nicht über dich!“. Erst später habe ich verstanden, warum meine Freundin so schockiert war und dass die Bezeichnung „Psycho“ Stereotype von Menschen mit psychischen Erkrankungen implizierte, wie etwa: schwach; faul; aggressiv; unberechenbar – und einfach nicht normal! Was normal sein sollte, fiel mir schon immer schwer zu begreifen, auch im Kindergarten. Ich sehe mich selbst als das normalste Individuum meiner Welt und kann es mir kaum vorstellen, dass es für meine Mitmenschen anders sein könnte. In der *** treffen Menschen mit verschiedensten Lebenserfahrungen, Überzeugungen und Fähigkeiten zusammen und arbeiten gemeinsam im Dienste der Wissenschaft, für die Allgemeinheit. Jeder Mensch ist ein einzigartiges Individuum, und wir alle können einander respektieren, voneinander lernen und uns gegenseitig bereichern. Genau darin besteht für mich die Exzellenz. Ich bin stolz, Teil dieser Gemeinschaft zu sein.

    Referenzen
    (1) ***
    (2) Persönliche Kommunikation. Siehe auch: Nicolas Rüsch, Das Stigma psychischer Erkrankung: Strategien gegen Ausgrenzung und Diskriminierung, Urban & Fischer/Elsevier, München, 1. Aufl. 2021, 332 Seiten.

    • This reply was modified 4 Jahre, 3 Monate ago by Moderator. Reason: Auf Wunsch der Autorin *** eingefügt
    #137764

    Guten Morgen, danke @Dopplereffekt, @Oceana und @Molly für Eure Rückmeldungen. Sie helfen mir beim Schreiben.

    Ich weiß nicht, ob du mit solchen Aussagen nicht deine Arbeitsstelle gefährdest.

    Das glaube ich eher nicht, das sind ja “nur” Fakten, was passiert war. Aber ich warte auch auf die Rückmeldung von meinem Chef, ob ich den Wortlaut so stehen lassen kann. Hier geht es auch darum, ob er und die Institute namentlich genannt werden sollen oder ob ich nur meinen Namen nenne…

    Ich persönlich habe schlechte Erfahrung mit Unterstützung seitens des Arbeitgebers gemacht. Bin daher vorbelastet und voreingenommen.

    Bestimmt teilen viele Betroffene diese Erfahrung. Bei meinem Mann war es ja auch so, dass er zwei Ausbildungen abbrechen musste usw.

    Das trifft leider auf sehr viele psychisch Erkrankte zu und genau darum sind auch viele berentet.

    Das ist bestimmt so, und genau darum geht es ja in der Inklusion. Bei mir sind die Leistungen auch erheblich eingeschränkt (was ich in diesem Beitrag auch geschrieben habe) und trotzdem wurde ich integriert und gefördert.

    Und wie Herr Rüsch sagte, geht es um ein Recht, nicht um Mitleid oder Almosen. Ich finde, dass es sehr wichtig ist, dass wir alle das realisieren, ob als Betroffene oder als Nichtbetroffene.

    Von Herrn Rüsch habe ich zwei Bemerkungen bekommen, einmal den Wortlaut “eigenes Stigma” abändern, weil es zu hart klingt, und dann auch was seine Zugehörigkeit zur Universität betrifft. Ansonsten hat er mir geschrieben, dass er den Text “gut und klar” findet. Ich bin erleichtert, dass er nicht entsetzt o.ä. ist.

    Jetzt habe ich den Entwurf aktualisiert, mit mehr Absätzen und leichten Änderungen. Hoffentlich habe ich jetzt die Sternchen richtig gesetzt…

    #137765

    Inklusion – Ein persönlicher Erfahrungsbericht
    Von Mowa

    Psychische Belastungen gibt es überall im Alltag, und je nach Intensität und Dauer können sie für jeden Menschen krankmachend sein. Um so wichtiger ist eine Initiative wie das „Mental Health Collective“ der *** (Abk. „MHC“), die sich für die Förderung der psychischen Gesundheit aller Mitarbeitenden einsetzt (1). Das MHC wurde im Februar 2020 von vier jungen wissenschaftlichen Mitarbeitenden gegründet: ***

    Erst im Oktober 2020 hat das MHC die *** mit großem Erfolg veranstaltet, mit mehr als 1100 Teilnahmen an diversen Vorträgen und Seminaren zum Thema psychische Gesundheit. Zweiwöchentlich findet auch die *** statt, die einen offenen Austausch im geschützten Raum über psychisch belastende Erfahrungen ermöglicht. Eine Arbeitskultur, die hinsichtlich der psychischen Gesundheit und der Erkrankung offen ist, bedarf einer aktiven Mitwirkung nicht nur von uns Mitarbeitenden, sondern vor allem auch vom Präsidenten Prof. *** als Leiter der ***. Weitere Unterstützungen dieser bislang noch ehrenamtlichen Initiative mit ihren vielen Ideen für zukünftige Projekte bleiben unverzichtbar.

    Im Folgenden möchte ich von meinen persönlichen Erfahrungen berichten und mich als Mitarbeiterin der *** und als Betroffene mit einer psychischen Erkrankung erkenntlich zeigen. Ich hoffe, sowohl Betroffene als auch Nichtbetroffene dazu einladen zu können, eigene Haltungen zu überdenken und selbst zum Stigma-Abbau beizutragen.

    Im November 2010, als ich aus meinem ersten Psychiatrieaufenthalt entlassen wurde, kam ich mir wie eine Außerirdische vor. Alles um mich herum war grell, rau und fremd. Ich konnte nicht begreifen, was mit mir passiert war. „Paranoide Schizophrenie, Erstmanifestation (ICD-10: F20.0)“ – was bedeutete das? Mitten in der geschäftigen Altstadt von Freiburg im Breisgau, wo ich das Jahr zuvor als Medizinstudentin im Zweitstudium verbrachte, nahm meine kleine Schwester meine Hand und half mir über die Straße.

    „Was sind Ihre Visionen der nächsten 10 Jahre?“, wurde ich einige Monate später gefragt, im Bewerbungsgespräch bei einer Nichtregierungsorganisation, die sich mit Ökologie und Nachhaltigkeit befasste. In diesem Augenblick wusste ich nur, dass ich im letzten Sommer einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte, der Psychose hieß; dass ich ein Medikament einnahm, das Neuroleptikum hieß; dass es mir etwas besser ging und ich nicht mehr nur bettlägerig war; dass mein Kopf sich wie eingegipst anfühlte und meine Gedanken und Gefühle wie verschüttet waren; dass ich Adipositas bekam. Sprachlos und verlegen, verabschiedete ich mich.

    Seit diesem Tag kam es schon mal vor, dass ich mir ausmalte, was ich hätte alles noch ohne meine Erkrankung und als Nachwuchswissenschaftlerin erleben können. Und doch habe ich so viel in Fülle erlebt und gelernt, was es bedeuten kann ein Mensch zu sein. Daher denke ich nicht, etwas verpasst zu haben oder verpassen zu werden. Hätte ich dies damals geahnt, hätte ich bestimmt geantwortet: „Mein großer Traum ist, dass immer mehr Menschen mit psychischen Erkrankungen ein so hohes Maß an Inklusion erfahren wie ich selbst“. Mit Inklusion meine ich vor allem meine Arbeit für die Abteilung von Prof. ***, zuerst am ** in *** und dann am *** in ***.

    Erst durch die Sicherheit, die mir meine Arbeit gab, konnte ich meinen Genesungsprozess einleiten und diesen aufrechterhalten: Finanziell kann ich für mich selbst sorgen; bin von Menschen umgeben, die mich und meine Arbeit wertschätzen; habe eine Tagesstruktur. Darüber hinaus wurden mir Freiheiten gewährt, und ich konnte meine Arbeit inhaltlich weitgehend selbst gestalten, sei es im First Level IT-Support, in Forschungsprojekten, und inzwischen auch im Betriebsrat und Gesamtbetriebsrat. Meine beiden Rückfälle im Frühjahr 2018 und 2019, bei denen ich mit akuten Symptomen wie Hypomanie und Wahn teilweise auch auf der Arbeit war, haben nicht dazu geführt, dass ich ausgegrenzt oder gekündigt wurde. Im Gegenteil, ich habe weiterhin Geduld und Unterstützungen erfahren.

    Dass es Stigma, Vorurteile und diskriminierendes Verhalten bei psychischen Erkrankungen gibt, schließen meine persönlichen Erfahrungen natürlich nicht aus. So geht es mir auch z.B. mit Rassismus. Nur weil ich selbst keine offenen Anfeindungen und Diskriminierungen aufgrund meiner Herkunft und der sonstigen Merkmale erlebt habe, bedeutet es nicht, dass es nirgendwo Rassismus gibt. Viele Menschen mit psychischen Erkrankungen leben mit schweren Krankheitsverläufen und medikamentösen Nebenwirkungen, haben Schicksalsschläge und existentielle Krisen überlebt. Und viele Menschen sehnen sich nach mehr Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, auch an der Arbeitswelt, und doch fristen viele Menschen ein Schattendasein am Rande unserer Gesellschaft.

    „Haben Sie schon mal von der UN-Behindertenrechtskonvention gehört? Menschen mit psychischen Erkrankungen haben ein Recht auf Arbeit. Es geht nicht um Mitleid oder Almosen, wenn sie arbeiten wollen“. Das waren die einprägsamen Worte von Prof. Nicolas Rüsch, Psychiater und Stigma-Forscher an der Universität in Ulm, die mich ins Staunen versetzten (2). Dieses Selbstbewusstsein und Selbstverständnis wünsche ich mir zuerst für mich selbst, sind doch meine Leistungen erheblich eingeschränkt, im Vergleich zu früher, vor meiner Erkrankung? Wie passt das zusammen mit dem Vorzeigebild der ***, mit ihrer Spitzenleistung und Exzellenzforschung?

    Bis ich selbst erkrankte, hatte ich keine Berührungen mit psychischen Erkrankungen. Mir fehlte das Wissen komplett, wie sehr psychische Erkrankungen gesellschaftlich stigmatisiert werden. Vor einigen Jahren bezeichnete ich mich einmal selbst als „Psycho“ und meinte es wertefrei, und doch wurde ich von einer langjährigen Freundin, die nicht von psychischen Erkrankungen betroffen ist, sofort korrigiert: „Sage bitte so etwas nicht über dich!“.

    Erst später habe ich verstanden, warum meine Freundin so schockiert war und dass die Bezeichnung „Psycho“ Stereotype von Menschen mit psychischen Erkrankungen implizierte, wie etwa: schwach; faul; aggressiv; unberechenbar – und einfach nicht normal! Die Frage nach der eigenen Identität: „Was und wie bin ich und warum?“ beschäftigt sicher jeden Menschen sein Leben lang, mal mehr, mal weniger. Was normal sein sollte, fiel mir schon immer schwer zu begreifen, auch im Kindergarten. Ich sehe mich selbst als das normalste Individuum meiner Welt und kann es mir kaum vorstellen, dass es für meine Mitmenschen anders sein könnte.

    In der *** treffen Menschen mit verschiedensten Lebenserfahrungen, Überzeugungen und Fähigkeiten zusammen und arbeiten gemeinsam im Dienste der Wissenschaft, für die Allgemeinheit. Jeder Mensch ist ein einzigartiges Individuum, und wir alle können einander respektieren, voneinander lernen und uns gegenseitig bereichern. Genau darin besteht für mich die Exzellenz. Ich bin stolz, Teil dieser Gemeinschaft zu sein.

    Referenzen
    (1) ***
    (2) Persönliche Kommunikation. Siehe auch: Nicolas Rüsch, Das Stigma psychischer Erkrankung: Strategien gegen Ausgrenzung und Diskriminierung, Urban & Fischer/Elsevier, München, 1. Aufl. 2021, 332 Seiten.

    #137874

    Danke schön @xrth :bye:

    Mein Mann hat mich mit unserem Weihnachtsbaum fotografiert. Das ist unser Chenchen-Baum. Chenchen war mein/unser Goldhamster, und als wir ihn im April 2017 auf dem Berg begraben haben, haben wir so eine Babykiefer mitgenommen. Am Grab wuchsen ganz viele kleine Kieferbäumchen. Inzwischen ist der Chenchen-Baum so groß geworden, dass wir die kleine Lichterkette angebracht haben.

    #137976

    Danke schön liebe @Blumenduft und liebe @Bernadette :heart:

    So, heute backe ich Brot und bereite das Weihnachtsessen vor.

    Mit dem Einkaufen waren wir sehr spät dran, und leider waren die Peking-Ente von Alnatura vergriffen. Stattdessen haben wir ein ganzes Bio-Hähnchen geholt, und bereiten es wie eine Ente zu ;-) Dazu mache ich noch Apfelrotkohl, Rosenkohl und Kartoffelknödeln.

    Plätzchen haben wir auch eingekauft. Selbst backen wäre mir zu stressig geworden. Dafür habe ich die Tage mehr freie Zeit, und das ist auch viel wert!

    Den Entwurf für meinen Beitrag habe ich seit gestern wieder mehrfach aktualisiert. Langsam habe ich das Gefühl, dass der Text so stehen bleiben kann. Etwas kürzen sollte ich ihn eventuell noch, jetzt bin ich bei ca. 7500 Zeichen, d.h. 500 Zeichen drüber… :scratch:

    #137977

    Inklusion – Ein persönlicher Erfahrungsbericht
    Von Mowa

    Psychische Belastungen gibt es überall im Alltag, und je nach Intensität und Dauer können sie jeden Menschen krank machen. Um so wichtiger ist eine Initiative wie das „Mental Health Collective“ der *** (Abk. „MHC“), die sich für die Förderung der psychischen Gesundheit aller Mitarbeitenden einsetzt (1). Das MHC wurde im Februar 2020 von vier jungen wissenschaftlichen Mitarbeitenden gegründet: ***.

    Erst im Oktober 2020 hat das MHC die *** mit großem Erfolg veranstaltet, mit mehr als 1100 Teilnahmen an diversen Vorträgen und Seminaren zum Thema psychische Gesundheit. Zweiwöchentlich findet auch die *** statt, die einen offenen Austausch im geschützten Raum über psychisch belastende Erfahrungen ermöglicht. Eine Arbeitskultur, die hinsichtlich der psychischen Gesundheit und der Erkrankung offen ist, bedarf einer aktiven Mitwirkung nicht nur von uns Mitarbeitenden, sondern vor allem auch vom Präsidenten Prof. *** als der Leiter der ***. Weitere Unterstützungen dieser bislang noch ehrenamtlichen Initiative mit ihren vielen Ideen für zukünftige Projekte bleiben unverzichtbar.

    Im Folgenden möchte ich von meinen persönlichen Erfahrungen berichten und mich als Mitarbeiterin der *** und als Betroffene mit einer psychischen Erkrankung erkenntlich zeigen. Ich hoffe, sowohl Betroffene als auch Nichtbetroffene dazu einladen zu können, eigene Haltungen zu überdenken und selbst zum Stigma-Abbau beizutragen.

    Im November 2010, als ich aus meinem ersten Psychiatrieaufenthalt entlassen wurde, kam ich mir wie eine Außerirdische vor. Alles um mich herum war grell, rau und fremd. Ich konnte nicht fassen, was mit mir passiert war. „Paranoide Schizophrenie, Erstmanifestation (ICD-10: F20.0)“ – was bedeutete das? Mitten in der geschäftigen Altstadt von Freiburg i. Br., wo ich das Jahr zuvor als Medizinstudentin im Zweitstudium verbrachte, nahm meine kleine Schwester meine Hand und half mir über die Straße.

    „Was sind Ihre Visionen der nächsten 10 Jahre?“, wurde ich einige Monate später gefragt, im Bewerbungsgespräch bei einer NGO, die sich mit Ökologie und Nachhaltigkeit befasste. In diesem Augenblick wusste ich nur, dass ich im letzten Sommer einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte, der Psychose hieß; dass ich ein Medikament einnahm, das Neuroleptikum hieß; dass es mir etwas besser ging und ich nicht mehr nur bettlägerig war; dass mein Kopf sich wie eingegipst anfühlte und meine Gedanken und Gefühle wie verschüttet waren; dass ich Adipositas bekam. Sprachlos und verlegen, verabschiedete ich mich.

    Seit diesem Tag kam es schon mal vor, dass ich mir ausmalte, was ich hätte alles noch ohne meine Erkrankung und als Nachwuchswissenschaftlerin erleben können. Und doch habe ich so viel in Fülle erlebt und gelernt, was es bedeuten kann ein Mensch zu sein. Daher denke ich nicht, etwas verpasst zu haben oder verpassen zu werden. Hätte ich dies damals geahnt, hätte ich bestimmt geantwortet: „Mein großer Traum ist, dass immer mehr Menschen mit psychischen Erkrankungen ein so hohes Maß an Inklusion erfahren wie ich selbst“. Mit Inklusion meine ich vor allem meine Arbeit für die Abteilung von Prof. ***, zuerst am *** in *** und dann am *** in ***.

    Erst durch die Sicherheit, die mir meine Arbeit gab, konnte ich meinen Genesungsprozess einleiten und diesen aufrechterhalten: Finanziell kann ich für mich selbst sorgen; bin von Menschen umgeben, die mich und meine Arbeit wertschätzen; habe eine Tagesstruktur. Darüber hinaus wurden mir Freiheiten gewährt, und ich konnte meine Arbeit inhaltlich weitgehend selbst gestalten, sei es im IT-Support, in Forschungsprojekten, und inzwischen auch im Betriebsrat und Gesamtbetriebsrat. Meine beiden Rückfälle im Frühjahr 2018 und 2019, bei denen ich mit akuten Symptomen wie Hypomanie und Wahn teilweise auch auf der Arbeit war, haben nicht dazu geführt, dass ich ausgegrenzt oder gekündigt wurde. Im Gegenteil, ich habe weiterhin Geduld und Unterstützungen erfahren.

    Dass es Stigma, Vorurteile und diskriminierendes Verhalten bei psychischen Erkrankungen gibt, schließen meine persönlichen Erfahrungen natürlich nicht aus. So geht es mir auch z.B. mit Rassismus. Nur weil ich selbst keine offenen Anfeindungen und Diskriminierungen aufgrund meiner Herkunft und der sonstigen Merkmale erlebt habe, bedeutet es nicht, dass es keinen Rassismus gibt. Viele Menschen mit psychischen Erkrankungen leben mit schweren Krankheitsverläufen und medikamentösen Nebenwirkungen, haben Schicksalsschläge und existenzielle Krisen überlebt. Und viele Menschen sehnen sich nach mehr Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, auch an der Arbeitswelt, und doch fristen viele Menschen ein Schattendasein am Rande unserer Gesellschaft.

    „Haben Sie schon mal von der UN-Behindertenrechtskonvention gehört? Menschen mit psychischen Erkrankungen haben ein Recht auf Arbeit. Es geht nicht um Mitleid oder Almosen, wenn sie arbeiten wollen“. Das waren die einprägsamen Worte von Prof. Nicolas Rüsch, Psychiater und Stigma-Forscher an der Universität in Ulm, die mich ins Staunen versetzten (2). Dieses Selbstbewusstsein und Selbstverständnis wünsche ich mir zuerst für mich selbst, sind doch meine Leistungen erheblich eingeschränkt, im Vergleich zu früher, vor meiner Erkrankung? Wie passt das zusammen mit dem Vorzeigebild der ***, mit ihrer Spitzenleistung und Exzellenzforschung?

    Bis ich selbst erkrankte, hatte ich keine Berührungen mit psychischen Erkrankungen. Mir fehlte das Wissen völlig, wie sehr psychische Erkrankungen gesellschaftlich stigmatisiert werden. Vor einigen Jahren bezeichnete ich mich einmal selbst als „Psycho“ und meinte es wertfrei, und doch wurde ich von einer langjährigen Freundin, die nicht von psychischen Erkrankungen betroffen ist, sofort korrigiert: „Sage bitte so etwas nicht über dich!“. Erst später habe ich verstanden, warum meine Freundin so schockiert war und dass die Bezeichnung „Psycho“ Stereotype von Menschen mit psychischen Erkrankungen implizierte, wie etwa: schwach; faul; aggressiv; unberechenbar – und einfach nicht normal!

    Die Frage nach der eigenen Identität: „Was und wie bin ich und warum?“ beschäftigt sicher jeden Menschen sein Leben lang, mal mehr, mal weniger. Was normal sein sollte, fiel mir schon immer schwer zu begreifen, auch im Kindergarten. Ich sehe mich selbst als das normalste Individuum meiner Welt und kann es mir kaum vorstellen, dass meine Mitmenschen über sich selbst anders denken könnten.

    In der *** treffen Menschen mit verschiedensten Lebenserfahrungen, Überzeugungen und Fähigkeiten zusammen und arbeiten gemeinsam im Dienste der Wissenschaft, für die Allgemeinheit. Jeder Mensch ist ein einzigartiges Individuum, und wir alle können voneinander lernen, uns gegenseitig bereichern und einander respektieren. Genau darin besteht für mich die Exzellenz. Ich bin stolz, Teil dieser Gemeinschaft zu sein.

    Referenzen:
    (1) ***
    (2) Persönliche Kommunikation. Siehe auch: Nicolas Rüsch, Das Stigma psychischer Erkrankung: Strategien gegen Ausgrenzung und Diskriminierung, Urban & Fischer/Elsevier, München, 1. Aufl. 2021, 332 Seiten.

    #138076

    Guten Morgen liebe Leute,

    Glückwunsch, liebe Mowa, zu so langer psychosefreier Zeit im Selbstversuch.

    Danke DiBaDu.

    Das liegt bestimmt vor allem daran, dass ich von 0 mg auf 1 mg Aripiprazol aufdosiert habe. Dann ist es sicher auch so, dass ich generell mit mir immer besser umgehen kann, auch bei Konfliktisituationen zu Hause.

    Bei 1 mg Aripiprazol habe ich keine nennenswerten Stimmungsschwankungen und gar keine Frühwarnsymptome mehr, bin erstaunlich stabil. Ich mache mir keine Sorgen, dass das in den kommenden Monaten plötzlich anders werden könnte, wobei Schicksalschläge o.ä. auch mich aus der Bahn werfen könnten natürlich.

    Einfach nur Bravo

    Das freut mich sehr, dass Du mir das geschrieben hast. Vielen Dank liebe Freia :heart:

    Was gibt es jetzt zu den weihnachtsfeiertagen bei euch zu essen?

    Danke rispi der Nachfrage. Der Heiligabend war bei uns gemütlich und schön. Gestern am ersten Weihnachtstag habe ich ein ganzes Hähnchen gekocht, und ich habe es so behandelt wie eine Ente ;-) Dazu habe ich Apfelrotkohl und glasiertes Gemüse (Möhren und Rosenkohl) gemacht, und Kartoffelknödeln. Sind ganz gut geworden, nur von den Kartoffelknödeln war ich etwas enttäuscht aber ok.

    Für mich liest sich der Artikel runder als die erste Fassung.

    Danke Dopplereffekt. Den bedenklichen Absatz habe ich nicht gelöscht, der ist noch genau so vorhanden ;-)

    Was mir noch wichtig war, diesen Satz hier so zu ändern, damit er weniger missverständlich ist:

    Ich sehe mich selbst als das normalste Individuum meiner Welt und kann es mir kaum vorstellen, dass meine Mitmenschen über sich selbst anders denken könnten.

    Gleich skype ich noch mit meiner Mutter. Morgen gibt’s wieder ein gemeinsames Skypen mit Mama und meinem Bruder, meine Schwester wird dieses Mal nicht teilnehmen.

    Wünsche allen einen schönen zweiten Weihnachtstag!

    LG,
    Mowa

Viewing 15 posts - 1066 through 1080 (of 1131 total)
  • You must be logged in to reply to this topic.