Niedrigst mögliche NL-Dosis, individuell ermittelt?

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  • This topic has 272 replies, 40 voices, and was last updated 7 Monate ago by Pia.
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  • #308190

    Was mich gesund gemacht hat, ist die Kombination von redundantem mentalem Filter mit kognitiven Übungen bei gleichzeitiger Verarbeitung der seelischen Wunden, die im Laufe des Lebens entstanden sind.

    Psychische Gesundheit ist kein Entweder-oder, sondern schwankt täglich, stündlich, minütlich auf dem Kontinuum zwischen guter und schlechter Gesundheit.

    Für mich ist klar, dass jeder Betroffene sich selbst beibringen kann, psychisch gesund zu werden, wenn er sich selbst und seinem persönlichen Umfeld vertraut und dieses Vertrauen heilend erwidert wird.

    Medikamente können die Heilung nur vorübergehend unterstützen, wie ein Gips bei einem gebrochenen Bein. Über- und Dauermedikation können die Heilung verhindern. Das Gehirn muss sich selbst heilen.

    Es ist also keine Frage, OB Schizophrenie aktiv heilbar sein kann, sondern nur WIE.

    #308192

    Jahrelange systematische Dokumentation hat mir geholfen zu verstehen, wie ich ticke: Was denke und fühle ich, und wie verhalte ich mich in verschiedenen Lebenssituationen?

    Um sofort zu überprüfen, wie psychotisch ich im Moment bin, habe ich so etwas wie einen kognitiven Teststab:

    Ich kann z.B. an eine bestimmte, gefühlsneutrale Sache denken (Gedanke und Gefühle Nr. 1, das ist mein “Teststab”), dann kann ich mich innerlich beobachten, welcher Gedanke und welche Gefühle in mir ausgelöst werden (Gedanke und Gefühle Nr. 2).

    Ich kann dann prüfen, wie robust Gedanke und Gefühle Nr. 1 waren und ob Gedanke und Gefühle Nr. 2 überhaupt entstanden sind. Wenn ja, wie stabil und gesund war die Verknüpfung zwischen Gedanke und Gefühle Nr. 1 und Gedanke und Gefühle Nr. 2?

    Hier kann ich mich auch fragen: Gibt es Alternativen für Gedanken und Gefühle Nr. 2? Wie hätte ich gedacht und gefühlt, wenn ich akut psychotisch gewesen wäre? Wie hätte ich gedacht, als ich die Psychose noch nicht kannte?

    Ich kann eine solche kognitive Übung in verschiedenen Situationen und mit verschiedenen Variationen durchführen.

    Ich kann zum Beispiel dieselbe Übung in verschiedenen Stresssituationen wiederholen und prüfen, ob das Ergebnis dasselbe bleibt. Ich kann die gleiche Übung auch in ähnlichen Stresssituationen wiederholen und sehen, wie reproduzierbar das Ergebnis ist.

    Oder ich kann mich an einen bestimmten Gedanken erinnern, den ich in einer akuten Psychose hatte. Und dann beobachten, welche Gefühle dieser Gedanke in mir auslöst. Ob er Folgegedanken und Folgegefühle auslöst, wie stabil sie jeweils sind, wie gesund sie miteinander verknüpft sind, usw.

    Für mich ist das “Entlernen” der Psychose eine Frage der Übung. Wenn man es nicht übt, dann kann man es vielleicht nicht. Ich habe mehrere Jahre gebraucht, um meinen redundanten mentalen Filter zu verinnerlichen.

    #311704

    Ich bin mir bewusst, wie erfolgreich ich mit meiner experimentellen Bewältigung der Schizophrenie bin.

    Das liegt nicht nur an dem großen Glück, in einem günstigen sozialen und intellektuellen Umfeld zu sein und gefördert zu werden, sondern auch daran, dass ich selbst hart und aktiv für meine eigene Heilung kämpfe.

    Als Ehepaar und Team sind wir es auch.

    Mein Mann hatte, bis wir zusammengekommen sind, einen schwierigen Werdegang und fast keine Förderung, und doch hat er es vor über 13 Jahren ganz allein geschafft, sich aus der psychiatrischen Versorgung zu befreien.

    Das heißt, für mich liegt die Einzigartigkeit unserer Geschichte in unserem einzigartigen Erfolg, nicht nur darin, dass wir ja alle als Lebewesen sowieso immer einzigartig sind.

    Wenn die Studien heute zeigen, dass Schizophreniebetroffene, die Neuroleptika einnehmen, am wenigsten Rückfälle erleiden, wundert mich das nicht. Es ist wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.

    Die Behandlung von Schizophreniekranken ist bis heute nicht darauf ausgerichtet, Schizophrenie zu heilen. Psychiater und Psychiatrien gehen davon aus, dass die Betroffenen ohne Psychopharmaka nicht zurechtkommen.

    Wie könnte unter dieser Annahme eine Verbesserung und Heilung dieser schweren psychischen Erkrankung stattfinden? Ich würde sagen, kaum bzw. nur für die wenigen Betroffenen, wie für mich und meinen Mann.

    Ich bin überzeugt, dass es viel mehr Betroffenen besser gehen würde, wenn Therapien und andere Hilfen für Betroffene darauf abzielen würden, Schizophrenie in erster Linie mit nichtmedikamentösen Mitteln und mit einem Minimum an Psychopharmaka wirklich zu heilen.

    #318942

    Heute vor 4 Jahren habe ich zum ersten Mal 1 mg Aripiprazol eingenommen, und das ist bis heute meine individuell ermittelte niedrigst mögliche Dosis.

    Ich habe meine alten Blogeinträge über die Dosisänderungen nachgeschlagen und grafisch dargestellt:

    Mein Absetzversuch Nr. 2 dauerte von Mitte 2018 bis Frühjahr 2019. Dieser endete mit Rückfall Nr. 2 und einem Klinikaufenthalt im April/Mai 2019. Mitte 2019 habe ich dann meinen Absetzversuch Nr. 3 gestartet und aufgrund der Frühsymptome ab Mitte September 2019 prophylaktisch niedrig dosiertes Aripiprazol eingenommen.

    Seitdem führe ich auch diesen Thread “Niedrigst mögliche NL-Dosis, individuell ermittelt?” und dokumentiere meine Dosisänderungen.

    Ab Januar 2024 möchte ich erneut eine Reduktion wagen und die Dosis auf 0,5 mg/d senken. Wenn ich merke, dass ich im Laufe der folgenden Wochen Frühsymptome bekomme, werde ich zunächst auf 0,75 mg gehen.

    In diesen 4 Jahren habe ich sehr viel Erfahrungen gesammelt, mit dieser Niedrigstdosis immer wieder (teilweise für mich extreme) Stress- und Krisensituation erfolgreich zu bewältigen. Inzwischen kann ich meine Anfälligkeit für Stress und Psychosen sehr gut einschätzen.

    Ich habe keine Bedenken, den nächsten Reduktionsschritt genauso zu planen und umzusetzen.

    #318971

    tolle Erfolgsgeschichte! wie alt warst du, als du deine erste Psychose hattest und hast du auch Stimmen gehört?

    #319060

    Hallo Medusa,

    vielen Dank für Dein Feedback.

    Ich hatte meine erste Psychose im August 2010, als ich 33 Jahre alt war. Damals hatte ich alle Arten von Halluzinationen: visuelle, gustatorische, haptische, olfaktorische. Ich weiß nicht, ob ich auch akustische Halluzinationen hatte.

    Ich hatte Wahnvorstellungen, dass Vögel mit mir kommunizieren, und es ist sicher, dass ich im Wahn mehrmals Krähen krächzen hörte. Aber ob es nur tatsächliche Krähenkrächzen war oder ob ich mir dieses Krächzen eingebildet habe, konnte und kann ich nicht wissen :unsure:

    Bei meinen beiden Rückfällen 2018 und 2019 hatte ich keine Halluzinationen mehr, höchstens noch visuelle. Hier bin ich mir auch nicht mehr sicher :unsure:

    Menschenstimmen hatte ich, glaube ich, noch nie als akustische Halluzinationen.

    Liebe Grüße,
    Mowa

    #319111

    hey danke für deine Antwort :) die prognose soll ja ganz gut sein ohne stimmen und späterem manifestationsalter…

    hab gelesen dass dein mann schon länger keine nl mehr nimmt… Wie hat er das geschafft? hatte meine erste psychose in jüngeren Jahren…

    Danke!

    • This reply was modified 1 Jahr ago by Medusa.
    #319450

    Hallo Medusa,

    hab gelesen dass dein mann schon länger keine nl mehr nimmt… Wie hat er das geschafft? hatte meine erste psychose in jüngeren Jahren…

    Dazu müsste sich mein Mann selbst zu Wort melden. Er war im alten und inzwischen gesperrten KNS-Forum und hatte dort über seinen individuellen Genesungsweg immer wieder berichtet:
    https://www.kompetenznetz-schizophrenie.info/forum

    Soweit ich mich erinnern kann (ohne Gewähr!), hatte mein Mann seine erste Psychose im Jahr 2004 im Alter von 18 Jahren in einer akuten Krisensituation und unter allgemein schwierigen Lebensumständen.

    Bis zum vollständigen Absetzen seiner Medikamente im Jahr 2010 hatte er 3 bis 4 akute Psychosen mit Klinikaufenthalten.

    Ich glaube, der Knackpunkt war, dass er seine Wahninhalte von Grund auf mit Fakten untersucht und sich selbst beigebracht hat, sich von den Wahninhalten zu lösen.

    Technisch gesehen hat er das Olanzapin, das er damals genommen hat, in mehreren Etappen über viele Monate hinweg abgesetzt. Ich weiß nicht mehr genau, wie, aber es war keine kontinuierliche und vorsichtige Reduktion, sondern ein sehr individueller Prozess.

    Nach dem vollständigen Absetzen hat er mehr als ein Jahr lang unter schwerer Schlaflosigkeit gelitten, die er ohne Medikamente in den Griff bekommen hat.

    2010 hat er sich auch vollständig aus dem psychiatrischen Versorgungssystem gelöst, so dass er seither keine Psychiater:innen mehr aufgesucht hat.

    Meine These ist, dass es Schizophreniepatient:innen gibt, die durch aktives Training ihre psychotischen Symptome in den Griff bekommen und zumindest eine teilweise Heilung erfahren können. Ich sehe das bei meinem Mann und mir selbst. Es ist sicher kein Zufall, dass wir in dieser Hinsicht gemeinsame Erfahrungen machen. So wie ich Psychiater:innen bisher kennengelernt habe, wissen die meisten nicht, dass eine (Teil-)Heilung möglich ist und glauben auch nicht daran :unsure:

    Liebe Grüße,
    Mowa

    #319464

    Ich glaube, der Knackpunkt war, dass er seine Wahninhalte von Grund auf mit Fakten untersucht und sich selbst beigebracht hat, sich von den Wahninhalten zu lösen.

    Das liest sich sehr einleuchtend, auch wenn es sicher schwer ist, zumal Fakten erstmal gefunden werden müssen und viel Fehlinformation unterwegs ist.

    So wie ich Psychiater:innen bisher kennengelernt habe, wissen die meisten nicht, dass eine (Teil-)Heilung möglich ist und glauben auch nicht daran :unsure:

    Das sehe ich auch als Problem. Ich denke, die Medikamente zu verschreiben ist auch einfacher, als sich mit den auslösenden Problemen auseinanderzusetzen. Dabei meine ich, dass die Medikamente erstmal oder auch länger eine Hilfe sein können, die Nebenwirkungen allerdings auch schlimm sein können. Eigentlich sollte das öfter mal sehr sorgsam abgewogen werden, finde ich.

    #319523

    hey danke Mowa :) ich kann leider auf die Seite nicht zugreifen… ich versuch es gleich nochmal. Zu dem Thema Genesung denke ich auch so, habe mal gelesen, dass in manchen Länder über 60% der Betroffenen nsch zwhei Jahren wieder funktionsfähig sind… :)

    #319524
    Pia

      Ich kann auf die Seite auch nicht zugreifen, @Medusa, das kann wohl nur, wer mal im KNS angemeldet war und seine Zugangsdaten noch hat, vermute ich. Ich war da nie angemeldet.

      #319561

      Ich hab meine alten Zugangsdaten benutzt und bin trotzdem nicht auf die Seite gekommen, @Mowa!

      Was die Krankheit angeht, denke ich, am besten lebt man damit, wenn man alle bekannten Möglichkeiten der Behandlung nutzt, also sowohl psychologische Aspekte (Therapien), sowie sich selbst zum Spezialisten für die eigene Erkrankung zu machen, als auch Medikamente zu nutzen, eben so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich!

      Wie man an speziell einem unserer derzeitigen User sehen kann, ist es für manche eben der falsche Weg, die Medikamente abzusetzen und das hat bei ihm nichts mit dem Zeitraum der Reduzierung zu tun. Die meisten merken dann einfach nicht mehr, dass es ihnen nicht gut geht, kommen aber mit ihrer Umgebung immer weniger zurecht. Das kann dann in einer Spirale münden, die immer weiter in den Wahnsinn führt.


      Ursprüngliche Medikation:400 mg Amisulprid,12,5 mg HCT,10 mg Ramipril
      Ab 04.03.2024:500 mg Amisulprid,5 mg Olanzapin,12,5 mg HCT,10 mg Ramipril
      Ab 15.03.2024: 600 mg Amisulprid,12,5 mg HCT,10 mg Ramipril,4mg Doxagamma
      Ab 22.04.2024, statt 600 mg Amisulprid, 400 und 150 mg
      Ab 02.05. 6 mg Doxagamma und 25 mg HCT, 550 mg Amisulprid und 10 mg Ramipril
      Ab 12.05. noch 500 mg Amisulprid + HCT+Doxa+Rami siehe oben!
      Seit 16.07.24 zusätzlich eine Kaliumbrausetablette tgl.
      Ab 02.11. 450mg, ab 09.11. 400 mg A.

      • This reply was modified 1 Jahr ago by Molly.
      #319598

      Hallo zusammen,

      im alten und inzwischen gesperrten KNS-Forum

      mit “inzwischen gesperrt” habe ich gemeint, dass die Webseite nicht mehr öffentlich zugänglich ist.

      wenn man alle bekannten Möglichkeiten der Behandlung nutzt

      Wahrscheinlich können Psychiater:innen und Therapeut:innen auch nur konventionelle Therapiemöglichkeiten anbieten.

      Ich werde den Betroffenen auch nicht empfehlen, meinen Weg der experimentellen Bewältigung der Schizophrenie zu gehen. Aber ich werde mich weiterhin dafür einsetzen, dass diese Möglichkeit von Profis zunehmend wahrgenommen und in Behandlungsrichtlinien etc. berücksichtigt wird.

      ist es für manche eben der falsche Weg

      Dazu habe ich weiter oben “eine sich selbst erfüllende Prophezeiung” geschrieben.

      Ich bin davon überzeugt, dass es für die Wahrscheinlichkeit einer (Teil-)Heilung einen entscheidenden Unterschied macht, ob die Betroffenen aktiv und professionell im Umgang mit niedrigsten Dosen Psychopharmaka geschult werden oder ob sie sich selbst überlassen bleiben und keine solche Schulung erhalten, wie es bis heute der Fall ist.

      Liebe Grüße,
      Mowa

      #319599

      meine größte sorge ist halt wieder stimmen zu hören. allerdings habe ich in meiner akuten phase die ein halbes jahr ging nur einmal eine stimme gehört… ich denke mir immer wenn es keine sprache geben würde dann würde es auch keine stimmen geben :D

      • This reply was modified 1 Jahr ago by Medusa.
      • This reply was modified 1 Jahr ago by Medusa.
      #343593

      Heute ist übrigens Tag 3 nach der Reduktion meines Aripiprazols von 1 auf 0,5 mg täglich. Ich hatte mir ursprünglich letztes Jahr vorgenommen, diesen Reduktionsschritt am 01.01.2024 zu beginnen. Dann ist leider mein Vater plötzlich gestorben und dann ging so schnell nichts mehr. Inzwischen spüre ich meine Gesundheit und Stabilität wieder und ich denke, ich bin dazu bereit.

      Ich fühle mich erneut bestätigt, dass ich ein feines Gespür dafür habe, wann sich erste psychotische Frühsymptome ankündigen und wie ich mich verhalten muss, um mich wieder zu stabilisieren. Meine Entscheidung, die Dosis der NL trotz der durch die schwierige berufliche Situation und den Tod meines Vaters ausgelösten Krise nicht zu erhöhen, war für mich genau richtig.

      In den nächsten Wochen werde ich mich noch genauer als sonst beobachten, wie gut ich mit der Reduktion zurechtkomme. Vor über 2 Jahren habe ich versucht, mit 0,5 mg auszukommen, und als ich nach einigen Wochen gemerkt habe, dass die Dosis zu niedrig war, habe ich sie wieder auf 1 mg erhöht. Seitdem bin ich sicherlich viel resilienter geworden, so dass ich zuversichtlich bin, dass ich keine 1 mg mehr brauche.

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