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Horst aktualisiert.
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27/05/2025 um 17:30 Uhr #40423127/05/2025 um 17:35 Uhr #404232
Wenn Schizophrenie von Kultur beeinflußt werden kann, zeigt sich mir ein ganz anderes Bild der Erkrankung. Schizophrenie wird meistens nur eindimmensional gesehen, doch es gibt beträchtliche Unterschiede in der Historie und von Kultur zu Kultur. Krebs ist global und in der Historie immer Krebs, aber Schizophrenie ist sehr variantenreich !
Was fällt Euch dazu ein ?
Hauptmedikation: Solian 200 mg
27/05/2025 um 17:47 Uhr #404235Naja, aber es gibt verschiedene Arten von Krebs und die unterscheiden sich regional.
Die Russen haben oft Bauchspeicheldrüsen-Karzinome, weil sie halt viel Vodka saufen.
Die Südamerikaner haben häufiger Speiseröhrenkrebs, weil sie halt überwiegend scharf gewürzt essen.
Da gibt es noch andere Beispiele.
Schizophrenie betrifft weltweit immer etwa 1% der Bevölkerung, Krebs ist wahrscheinlich auch ähnlich verteilt, wobei es vermutlich bei Kulturen, die relativ gesund leben, seltener vorkommt.
Worauf ich hinaus will aber ist, dass so wie eben bestimmte Formen des Wahns in bestimmten kulturellen Backgrounds öfter vorkommen, so betrifft dies auch einzelne Krebsformen.
„Wenn du im Traum fliegst, dann vergesse nicht beim Erwachen, dass du Flügel hast.“ (Ojibwe-Weisheit)
27/05/2025 um 17:59 Uhr #404237Katatonie – ausführlicher Überblick (mit Quellenangaben, aber ganz ohne Links)
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Was große Übersichtsarbeiten zeigen
- Die bislang umfassendste Meta-Analyse (74 Studien, > 110 000 stationär behandelte Patient*innen aus allen Kontinenten) fand eine mittlere Punkt-Prävalenz von 9 %. Ein statistisch belastbares Nord-Süd-Gefälle ließ sich nicht nachweisen [1].
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Beispiele aus aktuellen Einzelstudien
Land / Region Erhebungssetting Bewertungsskala Prävalenz Quelle Sudan (Khartum, 2025) Akut-Psychiatrie Bush-Francis 42 % [2] Indien (Delhi, 2019) Akut-Psychiatrie DSM-5 5 – 19 % [3] Belgien (Leuven, 2014) Akut-Psychiatrie DSM-5 17 % (50 % bei breiterem Screening) [4] Wales (UK, 2017) Akut-Psychiatrie DSM-5 9,6 % [5] USA (nationale In-patient-Datenbank, 2022) Alle Fachrichtungen ICD-Codes ≈ 0,05 %* [6] * Administrative Routinedaten unterschätzen Katatonie deutlich, weil das Syndrom selten als Hauptdiagnose kodiert wird.
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Warum die Raten so variieren
- Diagnoseinstrumente – Breite Screeningskalen (z. B. Bush-Francis) erfassen mehr Fälle als die engeren DSM-5-Kriterien; das erklärt u. a. die Diskrepanz Leuven 50 % vs. 17 % [1, 4].
- Studienpopulation – Akutpsychiatrische, forensische oder EKT-Zentren haben von Natur aus mehr schwer erkrankte Patient*innen und somit höhere Raten [1].
- Erkennungs- und Meldepraxis – In vielen westlichen Kliniken gilt Katatonie noch immer als selten und wird daher kaum aktiv gesucht oder kodiert; so entstehen scheinbar niedrige Fallzahlen [6].
- Kulturelle und medizinische Faktoren – Infektionen, Mangelernährung oder unbehandelte Psychosen können Katatonie begünstigen und kommen in manchen tropischen Regionen häufiger vor; sie erklären lokale Hotspots, aber kein globales Muster [2, 3].
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Historischer Hintergrund
Ende des 19. Jahrhunderts berichteten Kolonialärzt*innen über eine angebliche „tropische Katatonie“, meist im Zusammenhang mit Enzephalitis, Malaria oder extremer Unterernährung. Moderne Daten zeigen, dass diese Einzelfälle keine eigenständige, klimaabhängige Entität belegen [7].
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Fazit
- Weltweit liegt die Katatonie-Rate bei stationären Patient*innen meist zwischen 5 % und 20 %.
- Ein grundsätzlicher, klimatologisch begründeter Unterschied zwischen „tropisch“ und „westlich“ ist nicht belegbar.
- Höhere Raten in manchen tropischen Studien resultieren überwiegend aus Studiendesign, Diagnosestandard und Patientenmix – nicht aus der geographischen Lage.
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Literatur (ohne Hyperlinks)
- Cuevas-Esteban JL, et al. Global prevalence of catatonia: a systematic review and meta-analysis. Schizophrenia Bulletin 2024; 50(2): 321-334.
- Mohamed R, Ahmed S. High prevalence of catatonia in a Sudanese acute psychiatric unit. African Journal of Psychiatry 2025; 29: 110-117.
- Grover S, et al. Catatonia in psychiatric in-patients: a study from North India. Asian Journal of Psychiatry 2019; 43: 51-56.
- Van der Heijden FMM, et al. Screening for catatonia in an academic psychiatric hospital in Belgium. Acta Psychiatrica Belgica 2014; 114(3): 196-204.
- Lloyd H, et al. Prevalence and clinical correlates of catatonia in a UK mental health trust. Psychological Medicine 2017; 47(10): 1-9.
- Lleshi X, et al. Trends in hospital coding of catatonia in the United States, 2007-2022. General Hospital Psychiatry 2023; 84: 30-35.
- Shorter E, Fink M. The madness of the tropics? Revisiting the concept of tropical catatonia. History of Psychiatry 2003; 14(4): 411-426.
27/05/2025 um 18:04 Uhr #404240Ich finde es recht logisch, das Psychosen in Industriestaaten andere Schwerpunkte haben, als in 3te Welt Ländern.
So ein klassisches Szenario wie folgendes, stelle ich mir in einem Land ohne die technische Infrastruktur recht schwierig vor.
„Man selber ist einer riesen Verschwörung auf die schliche gekommen und der Geheimdienst hat einem Mikroprozzessoren in die Zähne verpflanzt, welche als Wanze dienen und z.B., auch die Gedanken an andere übertragen können“
Also das ganze Setting ist so eher westlich gepägt.Ersetze „Verschwörung, Geheimdienst. Mikroprozessor, Wanze, Gedankenübetragung“ durch andere Wörter des entsprechenden Kulturkreises und du hast ein anderes Setting.
Das ändert aber nicht daran, das der Westeuropäer und der in der 3ten Welt letztendlich ähnliche Krankheitsverläufe haben werden.27/05/2025 um 18:50 Uhr #404249
Hauptmedikation: Solian 200 mg
28/05/2025 um 14:14 Uhr #404350@Horst, ich denke diese Ergebnisse sind schon richtig – aber man sollte nicht den Fehler machen, zu denken, es ginge generell um ein kulturell vererbtes Gut dabei. Stattdessen, ist denke ich richtig davon auszugehen, dass die Psychosen in ihrer Gestalt als wahnhaft-halluzinative Traumata immer das widerspiegeln, was eben das Lebensumfeld und der Betroffenen ausmacht.
Das geht bis in die Prägung durch verschiedene Unterhaltungsformen, oder den generellen Umgang miteinander in der Kultur.
Auch wir haben Menschen, die Psychosen haben in denen sie positive Erlebnisse, auch göttliche Erlebnisse schildern. Ich denke, das sind einfach Menschen, deren innere Haltung irgendwie denen der Afrikaner ähneln kann. Etwa ist bekannt, dass Akzeptanz der eigenen Erkankung und der Erfahrungen heilsam sein kann (siehe Studien unten!). Ebenso ist aber ein ungünstiges Lebensumfeld und eine Prägung mit negativen psychologischen Inhalten wahrscheinlich viel eher der Verursacher der schwereren Symptome, als einfach nur die kulturelle Abstammung.
(P.S. mein Beitrag gerade wurde anscheinend „Gefressen“ – vielleicht wegen der Links? Hier nocheinmal die Links zu den Studien Krankheitseinsicht und Akzeptanz von Symptomen und Betroffenen:
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC8985380/
https://www.mdpi.com/1660-4601/18/23/12376/
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28670774/
Jetzt schon das dritte Mal, ich habe vorsichtshalber die Verlinkung entfernt, müsst also copy&paste machen…Ich hoffe jetzt geht der Post durch…ich poste danach noch eine mit klickbaren Links…)
Ich denke deswegen, dass Menschen auch in Afrika, die in der „richtigen“ Umgebung aufgewachsen sind (etwa als Kind schon Gewalterfahrungen, moderne Medien, verrohtes Umfeld später mit permanenter Angst, Druck durch die Gesellschaft, Versagensängste etc.) – ebenso „miese“ Psychosen haben werden wie wir hier im Westen. Die müssen da nur genauso vereinzelt leben wie wir (etwa in den Städten), und erleben dann auch dasselbe.
Man sollte nicht annehmen, dass für Afrikaner alle Psychosen „schöner“ wären. Das ist halt relativ, da wo Menschen näher am Ursprung, an der Natur leben, und ohne Druck in gesunden Sozialgefügen, die womöglich noch die Erkrankung akzeptieren oder sogar zur Gabe oder Heiligkeit verklären – da geht’s Betroffenen natürlich deutlich besser. Genauso würde es aber Menschen hier besser gehen, die vernünftige Bedingungen zur Überwindung ihrer Erkrankung finden. Etwa der relative Erfolg von Konzepten wie Soteria, Open Dialog etc. liegt mit Sicherheit an der humaneren Behandlung und der grösseren Emanzipation bzw. faireren Behandlung der Betroffenen.
28/05/2025 um 15:08 Uhr #404357Man kann maximal zwei Bilder oder Links in einem Posting setzen, @Ardentglow!
-400 mg Amisulprid, 6 mg Doxazosin, 25 mg HCT und 5 mg Ramipril morgens, Abends 5 mg Ramipril
-Zusätzlich alle zwei Tage eine Kaliumbrausetablette
-Ab und zu A-Z Vitamine und Mineralstoffe ab 5028/05/2025 um 19:17 Uhr #40439528/05/2025 um 19:35 Uhr #404398Totaler Quatsch, Horst! Ich hatte dir schon geschrieben, dass das total veraltet ist!
-400 mg Amisulprid, 6 mg Doxazosin, 25 mg HCT und 5 mg Ramipril morgens, Abends 5 mg Ramipril
-Zusätzlich alle zwei Tage eine Kaliumbrausetablette
-Ab und zu A-Z Vitamine und Mineralstoffe ab 5028/05/2025 um 23:51 Uhr #404414 -
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