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23/06/2025 um 8:29 Uhr #407008
Reaktion auf Messerattacken:
„Patienten auch gegen ihren Willen behandeln“
Von Karin Truscheit, München
23.06.2025, 06:26 Lesezeit: 6 Min.(Bild Nr. 1)
Zuletzt kam es im Mai am Hamburger Hauptbahnhof zu einer Messerattacke einer psychisch erkrankten Frau.Mehr Therapie in Kliniken und mehr Betreuung vor Ort: Fachleute stellen ein Konzept zur Gewaltprävention bei psychisch Kranken vor.
Als im Mai eine Frau am Hamburger Hauptbahnhof auf zahlreiche Menschen eingestochen hat, stand eine Frage im Fokus: Wie kann man Taten von psychisch kranken Menschen verhindern, die zuvor schon gewalttätig und sogar in stationärer Behandlung waren?
Diese Frage stellt sich seit langem: Nach der Attacke im Januar in Aschaffenburg, als ein psychisch kranker Afghane mit einem Messer auf eine Kindergruppe eingestochen und zwei Menschen getötet hat. Und ebenso nach dem Angriff in der Würzburger Innenstadt im Juni 2021, als ein psychisch auffälliger Somalier drei Frauen mit einem Messer erstochen hat.
(Bild Nr. 2)
Im Januar kam es in Aschaffenburg zu einer tödlichen Messerattacke auf eine Kindergartengruppe. dpaDie Fachgesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie DGPPN hatte nach der Tat von Aschaffenburg angekündigt, Vorschläge für eine verbesserte Gewaltprävention zu erstellen. Die Fachgesellschaft hat jetzt ein Positionspapier vorgestellt, das als wesentliche Präventionsmaßnahme den verbesserten Zugang zu Therapie und Betreuung anführt. Um das Risiko für Gewalttaten zu reduzieren, müssen demnach vor allem drei Elemente der Unterstützung ausgebaut werden: die Versorgungsstrukturen, die Eingliederungshilfe und die Sozialpsychiatrischen Dienste.
Erstmals hebt die DPGGN nun deutlich die erhöhten Risiken für Gewalttaten hervor, die von psychisch Erkrankten ausgehen können. Die Fachgesellschaft bezieht sich auf „neuere komplexe Studien“, die ein statistisch erhöhtes Risiko für Menschen mit psychischen Erkrankungen belegen, gewalttätig zu werden. Das Risiko ist demnach „eindeutig gesichert für Schizophrenien und andere Psychosen“. Zudem für Drogensucht und Alkoholabhängigkeit sowie für schwere Persönlichkeitsstörungen. Die Präsidentin der DGPPN, die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, stellt jedoch klar, dass „die überwiegende Mehrheit der Menschen, die an diesen Erkrankungen leiden“ nicht gewalttätig seien. Laut DGPNN gibt es in Deutschland 18 Millionen Menschen mit psychischen Erkrankungen.
Nach der Tat von Aschaffenburg war die Einschätzung der DGPPN zu den Risiken noch eher zurückhaltend. Damals teilte die Gesellschaft mit, dass „bestimmte psychische Erkrankungen“ mit einem erhöhten Risiko für Gewalttaten „einhergehen können“. Neue gesetzliche Regelungen oder ein Register für psychisch kranke Gewalttäter hatte die Fachgesellschaft nach Aschaffenburg abgelehnt. Bei dieser Haltung ist sie geblieben: „Register“ oder die „Weitergabe von medizinischen Daten an Behörden“ würden das Gewaltrisiko nicht mindern – im Gegenteil. Wenn ein Patient aus „Furcht vor Stigmatisierung“ nicht oder spät zum Arzt gehe, werde das Risiko für Gewalttaten erhöht. Die Beobachtung einer „großen Zahl psychisch erkrankter Menschen durch behördliche Dienste“ ist demnach weder „praktisch möglich“ noch „erfolgversprechend“.
Therapie mit „sozialer Integration“
Laut Gouzoulis-Mayfrank müssen die „bestehenden rechtlichen Möglichkeiten“ konsequent genutzt werden. Die wirksamste Gewaltprävention ist demnach eine psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung. Denn eine „konsequente Therapie“ senke „nachweislich“ das Risiko für Gewalttaten. Die Therapie muss jedoch mit „sozialer Integration“ einhergehen. Nur so könnten die Risiken minimiert werden, die aus einer psychischen Erkrankung entstehen können. Denn: Diese Risiken werden noch erhöht durch weitere Risikofaktoren für Aggressionen, die sich aus den Lebensumständen der Menschen ergeben können. Dazu zählt die Fachgesellschaft jugendliches Alter und männliches Geschlecht, Alkohol- und Drogenkonsum, Gewalterfahrung, das Aufwachsen in sozialer Vernachlässigung, soziale Isolation, Armut und Wohnungslosigkeit.
Hatte es die DGPPN nach Aschaffenburg noch vermieden, auf die besonderen Risikofaktoren gerade bei Asylbewerbern hinzuweisen, werden diese nun eigens erwähnt: Vor allem bei „der Gruppe der Geflüchteten“ treffen demnach mehrere Risikofaktoren für Aggression und Gewalttätigkeit zusammen. Das Risiko wird laut Positionspapier noch weiter verstärkt, da für diese Personen der Zugang zur psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung in den ersten drei Jahren ihres Aufenthaltes in Deutschland „nur begrenzt“ möglich sei.
Wie soll nun laut Fachgesellschaft die Prävention verbessert werden? Zunächst werden Defizite benannt: Die Fachgesellschaft kritisiert, dass „die Angebote der Regelversorgung nicht ausreichend“ sind. Gefordert wird daher, niedrigschwellige Behandlungsmöglichkeiten flächendeckend auszubauen. Diese Angebote sollen sich „flexibel am Bedarf der Betroffenen orientieren“. Sie sollen insbesondere auch „sozial marginalisierte Betroffene und Geflüchtete“ ansprechen. Gerade schwer erkrankte Personen würden durch die ambulante psychiatrische Regelversorgung „häufig nicht erreicht“. Was damit zum Ausdruck gebracht wird, ist ein gravierendes Problem: Wenn die Betroffenen die Angebote, die ihnen vielleicht zuvor in der stationären Behandlung empfohlen wurden, nicht in Anspruch nehmen. Somit müssen laut DGPPN auch Möglichkeiten geschaffen werden, die Erkrankten da zu behandeln, wo man sie erreiche – also auch „aufsuchend“ in ihrem Wohnumfeld. Doch auch hier gibt es dasselbe Problem wie bei den ambulanten Angeboten: Es gibt Betroffene, die sich nicht „aufsuchen“ lassen wollen und Hilfen verweigern.
Gesetzliche Möglichkeiten stärker nutzen
Als weitere Präventionsmaßnahme wird der Ausbau der Eingliederungshilfe genannt. Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen und erhöhten Risiken für Gewalttaten müssten „ausreichend“ Leistungen zur sozialen und beruflichen Teilhabe erhalten. Auch braucht man demnach mehr Personal für die Sozialpsychiatrischen Dienste der Kommunen, die mit der Fürsorge für Betroffene auch einen Beitrag zur Gefahrenabwehr leisteten. Ebenso sollte man über den Aufbau von forensisch-psychiatrischen Fachstellen bei den Polizeibehörden nachdenken.
Die Fachgesellschaft hebt hervor, dass man vor allem diejenigen Betroffenen „gezielt unterstützen“ muss, die sich bereits in der Vergangenheit aggressiv oder gewaltbereit gezeigt haben – und deshalb in einer psychiatrischen Klinik untergebracht waren. Das war der Fall bei den Tätern in Aschaffenburg und Würzburg, ebenso bei der Täterin in Hamburg. Die DGPPN empfiehlt, diese Personengruppe zusätzlich „intensiv und flächendeckend“ zu betreuen.
Besonders herausfordernd sind zudem Patienten, die bereits durch Aggressivität aufgefallen sind und sich jedoch gegen eine Behandlung aussprechen. Die Fachgesellschaft drängt darauf, hier die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten stärker zu nutzen, um Personen mit Gewaltrisiko auch gegen ihren Willen unterzubringen – und gegen ihren Willen mit Medikamenten zu behandeln. Festgestellt wird hier in der Praxis eine „zum Teil große Zurückhaltung bezüglich einer unfreiwilligen medikamentösen Behandlung im Rahmen einer Unterbringung“. Verwiesen wird zudem auf die schwierige rechtliche Lage in den Psychiatrien: Denn eine Unterbringung ist nur solange möglich, solange der Patient eine Bedrohung für sich oder andere darstellt. Die rechtlichen Grundlagen für diese Unterbringung sind in den jeweiligen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzen (PsychKHG) der Bundesländer geregelt. Die Unterbringung werde jedoch „unmittelbar“ beendet, „wenn die akute Symptomatik abgeklungen ist, auch wenn sich der Zustand noch nicht ausreichend stabilisiert hat“. Damit sei „weder den Betroffenen noch der Gesellschaft geholfen“. Diese Praxis sollte laut DGPPN „unbedingt“ überdacht werden.
Aus der Psychiatrie entlassen, aber nur unter Auflagen
Um Patienten besser zur Behandlung zu motivieren, schlägt die Fachgesellschaft eine Art Bewährung vor: Patienten könnten unter Auflagen die gesetzlich beschlossene Unterbringung in der Psychiatrie verlassen. So könne zum Beispiel festgelegt werden, dass der Patient „verpflichtend“ seine Medikamente erhält und keine Drogen nimmt. Wenn er jedoch gegen die Auflagen verstößt, könne er zurück in die Klinik gebracht werden. Diese Möglichkeit, so die Präsidentin, werde zur Zeit sehr selten genutzt. Doch es sei geeignet, um in „ausgewählten Fällen“ nach einem Aufenthalt in der Psychiatrie eine „konsequente Therapie“ sicherzustellen.
Die DGPPN weist zudem darauf hin, dass nach einer „unfreiwilligen“ Unterbringung gemäß der Landesgesetze schon jetzt eine „Informationspflicht“ der Kliniken an Gerichte, Sozialpsychiatrische Dienste, weiterbehandelnde Ärzte und Ordnungsbehörden besteht. Kritisch scheint jedoch zu sein, dass diese Informationspflichten je nach Landesgesetz „unterschiedlich“ geregelt werden – die Fachgesellschaft empfiehlt hier eine „Harmonisierung“. Informationen über Patienten mit Gefährdungspotential, die über diese Regelungen hinaus gehen, wertet die DGPPN jedoch als „unverhältnismäßige Aushöhlung der ärztlichen Schweigepflicht“. Unterstellt wird hier eine „geringe Treffsicherheit bei der Vorhersage von Gewaltereignissen“ – daher seien erweiterte Informationen über Patienten „nicht vertretbar“.
Das Positionspapier der DGPPN wird nach eigenen Angaben von einer Vielzahl von Fach- und Klinikverbänden sowie von Angehörigen- und Betroffenengruppen unterstützt. Es soll nun eine „praxisorientierte“ Diskussionsgrundlage darstellen, um Präventionsmaßnahmen zu erarbeiten.
23/06/2025 um 8:45 Uhr #407009Quelle: https://www.dgppn.de/aktuelles/stellungnahmen-und-positionen/praevention-von-gewalttaten.html
DGPPNDeutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie,
Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V.23.06.2025 | PositionspapierPrävention von Gewalttaten
Mit diesem Positionspapier stellt die DGPPN wissenschaftliche Daten zum Risiko von Gewalttaten durch psychisch erkrankte Menschen zusammen und macht Empfehlungen zur Prävention. So soll eine fundierte, praxisorientierte und ethisch reflektierte Grundlage für Diskussionen um mögliche Maßnahmen geschaffen werden, die sich grundsätzlich immer im Spannungsfeld zwischen dem Schutz der Bevölkerung und den Rechten von Menschen mit psychischen Erkrankungen bewegen. Um das Risiko für Gewalttaten durch Menschen mit psychischen Erkrankungen zu senken, empfiehlt die DGPPN insbesondere den Ausbau der Versorgungsstrukturen, der Eingliederungshilfe und der Sozialpsychiatrischen Dienste. Es brauche keine neuen Regelungen, sondern die konsequente Nutzung bestehender rechtlicher Möglichkeiten.
Links und Downloads
Prävention von Gewalttaten [PDF] | DGPPN-Positionspapier | Juni 2025
23/06/2025 um 14:03 Uhr #407024Stellungnahme zum Positionspapier der DGPPN „Prävention von Gewalttaten” vom 23. Juni 2025
Montag, den 23. Juni 2025 um 13:51 Uhr23/06/2025 um 14:24 Uhr #40702623/06/2025 um 14:32 Uhr #407028Das verstehe ich nicht, @Horst.
Wie kommst Du auf die Frage, warum die DGPPN der Antipsychiatrie-Bewegung nahesteht?
Hast Du zuerst die KI nach dem OB gefragt, anstatt nach dem WARUM?
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Diese Antwort wurde vor 1 Monat, 2 Wochen von
Mowa geändert.
23/06/2025 um 14:36 Uhr #407031@Horst
Diesmal kann ich meinen Einwand anbringen, ohne mir selbst ins Knie zu schießen
Fragen an die KI sollte man möglichst neutral stellen. Mit „Warum steht die DGPPN der Antipsychiatrie nahe?“ legt man der KI quasi schon in den Mund, dass sie das tut. Während die Antwort auf eine neutral gestellte Frage so aussieht:
23/06/2025 um 14:44 Uhr #407034Danke, @Zoidberg.
Ich hätte mich auch sehr gewundert, wenn die KI anders geantwortet hätte.
Die obige Antwort der KI auf die Warum-Frage von @Horst klingt für mich ebenfalls ausweichend und nicht überzeugend.
23/06/2025 um 15:36 Uhr #40703623/06/2025 um 16:07 Uhr #407039Keine Ahnung was an reduziereren „verwirrt“ sein soll.
Alleine schon wenn man den Ansatz „So wenig wie möglich, aber soviel wie nötig“ verfolgt, landet man Zwangsläufig beim reduzieren.
Ontop noch die 30%, welche ja deiner Meinung nur „Glück“ hatten und keine NL mehr nehmen müssen. @Horst
Um zu den 30% zu gehören, mussten die ja auch mal alle absetzen.Ganz schlimm, alles natürlich „Spinner“
23/06/2025 um 16:51 Uhr #407044Man kann nicht oft genug betonen, dass Schizophrenie-Betroffene meistens friedlich und leider auch sehr oft Opfer von Gewalt sind.
Und natürlich gibt es die, welche wieder von einer Psychose/Schizophrenie genesen und keine Medikamente mehr brauchen und solche, die von einer Reduktion profitieren, weil sie zu viel nehmen.
sich mit Selbstmitgefühl begegnen
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Diese Antwort wurde vor 1 Monat, 2 Wochen von
Forsythia geändert.
23/06/2025 um 17:46 Uhr #407046Anonym
Fragen an die KI sollte man möglichst neutral stellen. Mit „Warum steht die DGPPN der Antipsychiatrie nahe?“ legt man der KI quasi schon in den Mund, dass sie das tut.
Das habe ich natürlich ganz am Anfang von ChatGPT herausgefunden und „trickse“ so immer bei meine KI-Antworten !
23/06/2025 um 18:44 Uhr #407049Das habe ich natürlich ganz am Anfang von ChatGPT herausgefunden und „trickse“ so immer bei meine KI-Antworten !
@Horst, meinst Du, dass Du die Antworten der KI gezielt so beeinflusst, dass sie Deine Sichtweise bestätigen?
Du hast doch immer wieder geschrieben, dass Du im Forum eine Diskussion zum Thema Schizophrenie suchst.
Für mich bedeutet eine Diskussion, dass ich mich mit anderen über unterschiedliche Perspektiven austausche, meine eigene Haltung hinterfrage und im besten Fall neue Einsichten gewinne.
Ich frage mich, was Du unter einer Diskussion verstehst.
23/06/2025 um 19:29 Uhr #407054Anonym
@Mowa, wen willst Du hier verkohlen ? Du hinterfrägst nie Deine eigene Haltung und fährst in Deinem Topic „@Mowa oder wie ich die Welt sehe“ wie ein Panzer stur Deinen Weg ?!
23/06/2025 um 20:37 Uhr #407056Du hinterfrägst nie Deine eigene Haltung und fährst in Deinem Topic „@Mowa oder wie ich die Welt sehe“ wie ein Panzer stur Deinen Weg ?!
Was für ein Bullshit.
Im Gegensatz zu dir ist @Mowa sehr reflektiert, sie erötert und erklärt ihre Meinung und sie hat meiner Meinung nach dadurch eine sehr genaue Sicht auf ihre Erkrankung.
Außerdem zwingt sie niemandem ihre Meinung auf im Gegensatz zu dir @Horst.Von dir @Horst kommt halt nur:
- „Ich habe schon immer dies und jenes gemacht, das war gut und was anderes hilft nicht.“
- „Was mir geholfen hat, hilft auch allen anderen“
- „Alle Menschen sind gleich, weil sie von 4 Affen abstammen, deswegen muss das was mir geholfen hat natürlich allen anderen helfen“
- „Wer was anderes denkt hat keine Ahnung“
- ….
Und das quasi in Dauerschleife
Aber ist halt recht ermüdent und Sinnfrei sich mir darüber austauschen zu wollen @Horst
23/06/2025 um 21:28 Uhr #407057Anonym
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Diese Antwort wurde vor 1 Monat, 2 Wochen von
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AutorBeiträge
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