Antwort auf: Medikamente

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Ich glaube ja, dass die (teilweise) Blockade von Dopaminrezeptoren eine wichtige Komponente ist, aber es kommt darauf an, in welcher Hirnregion. Meiner Meinung nach ist der Effekt der Atypika weniger, dass sie gleichzeitig Dopamin und Serotonin/Noradrenalin/Acetylcholin/Histaminrezeptoren blockieren, sondern dass sie sich durch die hohe Bindung an nicht-dopaminerge Rezeptoren anders im Gehirn anreichern, z.B. das Clozapin (Leponex) da wo im Hippocampus viele Acetylcholin-Rezeptoren sind, oder das Risperidon/9-Hydroxyrisperidon (Xeplion) im Frontalcortex, wo viele Serotonin-5-HT-2-Rezeptoren sind. Und dass dadurch die Atypika davon abgehalten werden, sich an Stellen anzureichern, wo besonders wahrscheinlich ein Parkinsonoid und Spätdyskinesien sowie Sitz- und Bewegungsunruhe (Akathisie) die Folge sind. Dass manche Substanzen wie das Aripiprazol (Abilify) dann z.B. auch dopaminartige Wirkungen haben, oder wie das Amisulprid bevorzugt an Dopamin-D3-Rezeptoren binden, macht die Sache noch komplizierter. Und dass nicht alle Symptome der Schizophrenie durch eine Dopamin-Überfunktion ausgelöst werden, wie oft erzählt wird.
Als Grundsatz gilt meiner Meinung nach, dass es Sinn hat, dauerhaft etwas zu nehmen, was mäßige Wirkung auf die Dopaminrezeptoren hat, also entweder Atpyikum oder wenn es denn sein muss, auch ein Typikum aber dann in geringer Dosis, die gerade ausreicht, dass man davon eine gewisse pharmakologische Wirkung im Gehirn erwarten kann (und auch nicht mehr). Alles Hochdosis-Studien mit Antipsychotika konnten nicht zeigen, dass viel auch viel hilft. Mag sein, dass jemand der heimlich die Tabletten wieder ausspuckt, bei der doppelten Menge Schwierigkeiten damit hat, es in der Klinik zu tun, und dann sagen die Therapeuten “der brauchte das”. Das sehe ich keinesfalls so. Man sollte im niedirgen Dosisbereich bleiben, gerade so, dass es wirken könnte und das kann man auch zum Beispiel durch Plasmaspiegel-Messungen kontrollieren. Wenn die zu niedrig sind, kann man es nämlich wahrscheinlich auch ganz lassen. Und wenn der Plasmaspiegel ausreichend ist, dann gibt es keine Studie, die zeigt, dass höher dosieren noch irgendetwas bringt. Sondern dann muss man eben Alternativen probieren (die sich nach meiner Meinung wie oben ausgeführt eben dann besser oder anders im Gehirn anreichern, was man aber nicht wirklich im Behandlungsalltag, sondern höchstens in PET-Studien nachweisen kann). Also eben individuell etwas ausprobieren, wie es auf Konzentration, Denkstörungen, Gefühle und Wahrnehmung der Realität wirkt. Weiss man aber nicht nach einmal einnehmen, sondern vielleicht nach 1-2 Wochen oder 1-2 Monaten im Vergleich zu vorher.

MfG
Prof. A. Klimke