Antwort auf: Religiöse gefärbte Psychose

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Anonym

    Ich habe grade eine monatelange Psychose mit starken religiösen (aber dabei meist mich schlimm folternden), und auch generell spirituellen bzw. magischen Thematiken hinter mir. Ich hatte vor der Psychose das Vorhaben mich mit der Bibel (und damit auch dem Christentum) auseinanderzusetzen. Diese Auseinandersetzung mit in die Psychose zu nehmen war offensichtlich ein schlimmer Fehler. Ich kann jedem, der auch nur irgendwie empfänglich für sowas ist, nur empfehlen, mit der Bibel und ähnlichen Schriften vorsichtig zu sein, und das nur mit vollständig klarem Kopf und der Anleitung vertrauenswürdiger Personen zu machen. Und nur dann, wenn man denkt, dass Vertrauen und Glauben gute Dinge sind zu denen man fähig ist. Ich bin das nicht, darum hat es mir denke ich eine wirklich übelst schwere Zeit verschafft.

    Ich hatte durchaus eine Art natürlichen Glauben an eine höhere Kraft, die Ursache von all dem was wir erleben ist. Aber in der Psychose verkehrte sich alles in eine Art wahnsinniges total verkommenes Disneyland, mit mir als Kunstfigur die hin und hergebeutelt wird und sich nicht wehren kann dazwischen, inklusive Visionen von innerem Tod, Selbstopfern, geistiger Verstümmelung und Wahnvorstellungen von Schuld an Tod und Leid von Menschen und Geistern. Was ich erleben musste wünsche ich nicht mal meinem schlimmsten Feind, selbst für den wäre es mir zu grausam! Es hatte tatsächlich teils einfach nur hochgradig sadistischen Charakter, ich möchte auch nicht weiter darüber schreiben hier. Momentan klingt es zum Glück scheinbar endlich ab. Evtl. weil ich das Buch nun eine Weile schön weggelegt und nicht mehr angerührt habe. Und beschlossen habe, es bis ich alt bin liegen zu lassen…damit ich dann auf meine alten Tage vielleicht noch mal so richtig schön schlecht träumen kann…vielleicht wird mich das auch letztenendes abhalten…

    Ein bisschen was gutes hat es mir dann aber doch gebracht. Erstmal hat es mich endlich dazu gebracht, Halluzinationen, Eingebungen etc. generell als Störfaktoren zu sehen, die mit wenigen kontrollierbaren Ausnahmen eigentlich nicht da sein sollten. Und diese konsequent zu versuchen auszublenden und wegzusehen, auch wenn sie manchmal angenehm sind oder verlockend wirken.

    Ausserdem hat es mir die buddhistische Praxis näher gebracht, die ich derzeit versuche als spirituelles Element in mein Leben zu integrieren. Ich sehe das durchaus als grossen Gewinn, mir war die Spiritualität eigentlich seit Ausbruch der Krankheit abhanden gekommen. Nun habe ich wieder grosse Freude daran, mit Methoden aus dem buddhistischen Umfeld zu versuchen meinen Geist zu trainieren und zu kultivieren. Ich glaube auch durchaus daran, dass mir diese Philosophie und die Methoden dazu helfen konnten, mich aktiv nach und nach von den schlimmeren Visionen befreien zu können. So wie Vertrauen und Glauben im Christentum wichtig zu sein scheinen, hat der Buddhismus aber sicher auch seine Nachteile, etwa ist die Meditationspraxis und der Wunsch, sich selbst zu erkennen und radikal zu verändern sicher nicht jedermann’s Ding. Mich in der Psychose damit zu beschäftigen hatte sicher auch seine Schattenseiten…aber…irgendwie jedenfalls bei mir persönlich nicht ganz so pechschwarze wie das mit der Bibel.

    Ich denke, ich werde Jahre brauchen, mich von all dem zu versuchen zu erholen. Nicht zuletzt haben all die düsteren Visionen meinen Glauben an das letzte Fitzelchen Gutartigkeit im Menschen bzw in der Grundlage unser aller Existenz massiv untergraben. Wahn ist zerstörerisch, ich hatte immerzu das Gefühl, gezwungen zu sein wie blind an Dinge zu glauben, an die ich eigentlich nicht glauben wollte, tötet Schritt für Schritt die Seele ab. Zumal wenn die Inhalte solch hoher Natur sind wie bei religiös beeinflussten Psychosen. Man hat es nicht mehr nur mit den Nachbarn oder dem Geheimdienst zu tun, sondern mit den Kräften, die diese und die ganze Welt gemacht haben. Prost Mahlzeit!