Krankheitseinsicht

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  • #64975

    Seit fast 4.5 Jahren werde ich mit Medikamenten behandelt. Ja, ich sehe ein, ich hatte Symptome, die diese Diagnose F20.0 unterstützen.

     

    Trotz der Behandlung mit den Medikamenten bin ich aber nie den Eindruck losgeworden, dass damals tatsächlich etwas übernatürliches passiert ist. Zu komisch waren manche Zufälle, zu konsistent manche Einsichten und Eingebungen, als dass es einfach nur eine Fehlfunktion meines Gehirns hätte sein können.

    Nach wie vor, habe ich meine Einstellung gegenüber dem Wahnerleben nicht “abgelegt”, es wurde durch die Medikamente einfach nur gedämpft und mir wurde der Antrieb geraubt, auch danach zu handeln. Die Medikamente waren weniger eine hilfe gegen die Symptome, sondern mehr eine “Watschen”, eine Bestrafung, die mich abgeschreckt hat, weiterhin nach meinen Überzeugungen zu handeln. Ich muss mich anpassen, sonst werde ich wieder medikamentös “einbetoniert” und unfähig gemacht, sodass ich meinen Lebensunterhalt nicht mehr selber bestreiten kann.

    Ja, es kann sein, dass ich krank bin. Aber seit wann hilft einem eine Krankheit im Leben besser zurecht zu kommen?

    Ja, ich verdiene jetzt viel mehr Geld als ich verdient hätte, hätte ich mich nicht in Behandlung gegeben. Und ja, ich konnte mich in meinem Job jetzt 4 Jahre lang halten, ohne durch mein Verhalten irgendwie “untragbar” zu werden. Ja, ich habe mich einfach richtig angepasst, und habe dort “Abkürzungen” und kleine Unwahrheiten etc in Kauf genommen, wo es nicht auffallen würde und was mir Ärger erspart hat. Ja, hätte ich keine Medikamente genommen, hätte ich das niemals gemacht und damit wäre ich angeeckt und wahrscheinlich bald auch entlassen worden. Keiner braucht einen Mitarbeiter, der sich ständig aufgrund seiner ihm eigenen Überzeugungen quer stellt.

    Ok, ich spiele jetzt mit. Und ok, was war werde ich niemals wieder haben können.

     

    Und trotzdem fehlt es mir an der Einsicht, dass mein Erleben und mein Verhalten damals krank sein sollten. Es war “besonders”, ja. Aber es war nicht krank. Es fühlte sich an wie eine übernatürliche Intervention und dieses Gefühl oder diesen Eindruck habe ich immer noch, selbst 4.5 Jahre nach dem Beginn der medikamentösen Behandlung.

    #64987

    @nichtraucher

    Das, was du beschreibst, kenne ich. Zum einen habe ich typische Symptome wie Paranoia, ganz selten auch Stimmen, die ich meist irgendwann als Symptome erkenne. Jedenfalls war das bisher so (klopf auf Holz). Andererseits hatte ich in der Vergangenheit recht merkwürdige Träume, wo ich das Gefühl hatte, “jemand liest sozusagen mit”, manchmal ist diese Person sogar als Gestalt in meinen Träumen aufgetaucht. Durch die Erfahrungen mit der Krankheit versuche ich aber nicht nach merkwürdigen Wahrnehmungen zu handeln, ob sie im Wachbewustsein oder in meinen Träumen auftauchen. Wenn ich auf die falsche Spur gerate, versuche ich meist ärztliche Hilfe in Anspruch zunehmen, wie gesagt, meist habe ich es gemerkt, wenn ich Symptome entwickelte.

    #64990
    Anonymous

      @nichtraucher:

      mir gehts ähnlich. Viele Sachen in der Psychose können keine Zufälle sein. Damals dachte ich, es wäre von anderen alles initiieren, jetzt denke ich es nicht mehr. Das war für mich der krankhafte Teil. Krank ist auch die negativsymptomatik die Ich heute noch leicht habe. Meine einzige optische Halluzination war aber zu mächtig. Das kann sich ein Gehirn nicht ausdenken. Das hatte religiöse Elemente. Wenn das alles nicht von meinem Schwarm initiiert wurde, wie ich dachte. Dann gibt es evtl. eine übernatürliche Kraft, die mir einen Streich gespielt hat. Ich glaube nicht an einen Gott. Sondern vllt an eine universelle Kraft.
      Trotzdem fahre ich mit den Medikamenten viel besser und es ist auch besser, dass ich diesen Zufällen und der Halluzination nicht Zuviel Bedeutung zu schreibe.
      Ich will nur ein ganz normales leben (guten Job, Kinder,Mann  etc.). Esbringt einen nicht weiter Zuviel über das was passiert ist nachzudenken

      #64991

      Das Problem von Wahn ist ja, das die Erfahrungen absolut real rüberkommen. Das Gehirn kann nicht mehr Unterscheiden, was eingebildet und was real ist.

      Während meiner Psychose gab es Momente, in denen ich mich geborgen und eins mit der Welt gefühlt habe. Jede Kleinigkeit ergab irgendwie Sinn und alles schien miteinander verflochten zu sein.

      Aber im Nachhinein betrachtet:
      Klar ging es mir ein Zeitlang super gut.
      Meine Neuronen haben gefeuert wie blöde und Dopamin wurde in Massen ausgeschüttet.
      Psychose ist der ultimative Trip.
      Aber dieses “Sinn ergeben”, war nur für mich so. Rückwirkend habe schon ziemlich bescheuerte Sachen gedacht und gemacht in meinem Wahn.
      Und klar musste ich irgendwann auf der geschlossenen Enden.

      “In der DDR war es gar nicht so schlecht” und “Hitler hat auch gute Sachen gemacht”
      Der Mensch neigt evtl. dazu, bestimmte Dinge einfach auszublenden und in einer verklärten Sicht auf die Vergangenheit zu leben.

      Wenn du in der Öffentlichkeit auffällig geworden bist und deswegen auf der geschlossenen gelandet bist, hatte das einen Grund. Und der war sicher nicht übernatürlich.
      Ich kann das hier nur empfehlen:

      https://youtu.be/wCsi4XfMwro?t=56

      #64992

      @Lisi

      Was war das für eine optische Halluzination? Magst Du das beschreiben?

      #64994

      @Digger22

      Ich hatte auch Träume, die mir wichtige Botschaften übermittelt haben, aber auch welche, die irgendwo ein “Streich” waren oder so. Aber nicht nur das, sondern auch Menschen die ich auf dem “Trip” getroffen habe, oder was die Leute zu mir gesagt haben, das hat eben alles soviel Sinn gemacht.

      Ein paar Sachen waren Wahn, sicherlich aber bei ein paar Sachen fällt es mir schwer zu glauben, dass das nicht irgendeiner Intention gefolgt sind, die eben “übernatürlich” sein müsste oder irgendwie überfassend oder so. Etwas das mehr wusste als ich selbst.

      #64995

      Ist es ein Zufall, das sehr viele Psychotiker an Übernatürliche Kräfte, Esoterik und ähliches Glauben? Ich denke nicht.
      Eine Psychose kann einem durchaus das Gefühl geben, ein “Auserwählter” zu sein. Auf sowas fahren besagte Esoteriker natürlich total ab.
      Und klar ist es dann doppelt schwer einfach  loszulassen. Einfach weil immer der Restzweifel bleibt: “Es gibt doch eine größere Macht, warum soll sie also nicht zu mir gesprochen haben”

      Ich betrachte die Psychose als Unfall, die mir Jahre meines Lebens geraubt hat. Sie ist etwas das ich hinter mir lassen will und nichts, aber auch gar nichts, war gut in dieser Zeit. Jede “Erkenntnis” die ich während der Psychose gesammelt habe ist für mich nur Teil eines mit Botenstoffen überfluteten und durch fehlgeleitete Eindrücke überforderten Gehirnes.
      Und genau diese Einstellung hilft mir nach vorne zu schauen.

      #65029

      Also zu mir hat nie irgendeine “Macht gesprochen” während meiner Psychosen.

      Ich habe mir allein durch intellektuelle  Verarbeitung dessen, “was da ist”, also Literatur, Musik, oder Filme, das erarbeitet, was ich bis heute weiß. Ich habe nie irgendein Thema ignoriert, weil ich der Auffassung bin, dass so ziemlich alles, was mir im Leben passiert, seinen Platz hat, und ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass meine Psychosen nur Puzzleteile oder Mosaiksteine sind, die zusammengesetzt ein Bild ergeben, das Sinn macht.

      Dazu braucht man die richtige Einstellung, man muss alles in Demut annehmen.


      @nichtraucher

      Vielleicht hilft es dir, wenn ich dir sage, dass auch das, was du erlebt hast, seinen Sinn hat, und dass du eines Tages herausfinden wirst, welchen Sinn. Vielleicht wirst du gedanklich irgendwann an deine Erlebnisse vor den Medikamenten anknüpfen, nur halt in einem anderen gedanklichen Bezugsrahmen. Sieh die Erlebnisse als etwas besonderes an, die sich in dein Leben geschmuggelt haben, und die du nie vergessen wirst.

      Was alles dahinter steckt, darüber kann man nur spekulieren, aber sie haben in dir das Interesse für Übersinnliches geweckt. Das ist spannend, wenn man dabei auf dem Teppich bleibt.

      #65030

      dass meine Psychosen nur Puzzleteile oder Mosaiksteine sind, die zusammengesetzt ein Bild ergeben, das Sinn macht.

      Psychosen machen keinen Sinn und das Bild das sich daraus ergibt, noch weniger.

      #65033
      Anonymous

        Ich war Allerheiligen mit meiner Familie in Münster. Die Lamberti- Kirche wurde rot beleuchtet und ist in blau übergegangen. Das hat mich an Jeanne d‘arc, die verbrannt wurde und danach heilig gesprochen wurde und die in meiner Psychose auch eine Rolle gespielt hat. Ist ne ganz komplizierte Geschichte.
        Paar Wochen später bin ich mit meiner Mutter abends im Garten gewesen, ich war sehr manisch und fand alles um mich herum wunderschön. Dann war da ein Straßenwagen mit orangenem Licht (In Wirklichkeit). Vor meinem inneren Auge ist das Licht auch blau geworden. Es sind aus dem Licht zwei große Hände entstanden, die mir applaudiert  haben.
        Im Wahn dachte ich, mein Schwarm hätte diese Lichtshow für mich organisiert und ich werde heilig gesprochen, für die tollen Sachen, die ich alle in meinem Leben so gemacht habe. ? ich habe ein bisschen überdreht, aber die Halluzination sah so echt aus. Und ich weiß echt nicht, wie mein Gehirn darauf gekommen ist. Schon faszinierend.

        #65034

        @Lisi

        Ich glaube wir hatten beide sehr ähnliche Psychosen

        #65035

        Psychosen machen keinen Sinn und das Bild das sich daraus ergibt, noch weniger.

        Akzeptiere es einfach, dass Psychosen auch einen Sinn haben.

        • This reply was modified 5 Jahre, 2 Monate ago by Lightness.
        #65037
        Anonymous

          Aber ansonsten hilft es mir im Alltag nicht zu sehr an den Psychosen festzuhalten, sondern es so wie Planb zu sehen. Viele Sachen passten nur gut zusammen durch eine Überreizung des Gehirns. Wunsch und Angst spielten eine entscheidende Rolle. Eigentlich bin ich such Atheistin. Und ich versuche mein Leben mit dem Glauben nach der Psychose so weiterzuführen

          #65038

          Psychosen machen keinen Sinn und das Bild das sich daraus ergibt, noch weniger.

          Das stimmt aber nicht. Mich hat die Psychose in gewisser Weise sogar gerettet und gebessert. Ohne die Psychose hätte ich viele Sachen gar nicht gelernt, was mein Verhalten betrifft, aber auch über mich selbst. Für mich war die Psychose tatsächlich wie ein wunderbares Geschenk.

          #65040

          Das stimmt aber nicht. Mich hat die Psychose in gewisser Weise sogar gerettet und gebessert. Ohne die Psychose hätte ich viele Sachen gar nicht gelernt, was mein Verhalten betrifft, aber auch über mich selbst. Für mich war die Psychose tatsächlich wie ein wunderbares Geschenk.

          Was meinst du denn genau damit? Welche Verhaltensweisen und Sachen hast du gelernt? Was hat sich dich genau gerettet/was hat sich gebessert?

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