Home › Forums › ALLGEMEIN (öffentlich) › Schizophrenie: Krankheit oder Wesenszug oder…
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09/11/2018 at 6:40 #1321
Wie geht man vernünftig damit um? Irgendwie muss man es ja annehmen/integrieren, wenn man es hat.
09/11/2018 at 9:52 #1364AnonymousIch habe 7 Jahre gebraucht, um die Diagnose zu akzeptieren und anzuerkennen. Das ist mir erst beim 2. Schub gelungen. Nach dem 1. dachte ich an einen Irrtum seitens der Ärzte und hatte viele Theorien, worin dieser Irrtum begründet liegen könnte. Heute sage ich für mich, ich habe zwar eine Diagnose aber ich identifiziere mich nicht damit. Ich bin wieder ICH, eine Person, die bestimmte Probleme hat, mehr nicht. Im Grunde hat sich doch nichts geändert, nur dass ich gelabelt wurde. Ob ich mir das Label gut sichtbar auf die Stirn klebe oder nicht, entscheide ich selbst. Sicher, das hat gedauert und ich bin noch nicht zu 100% im Reinen damit. Aber es ist für mich der beste Weg, die Diagnose nicht ständig vor mir her zu tragen. Weder als “Gabe” oder “Geschenk”, noch als Stigma oder Strafe.
09/11/2018 at 10:04 #1366Die Frage finde ich gut. Die Akzeptanz der Krankheit ist mit Sicherheit wichtig.
Ich glaube, dass es hilft, an seinem Selbstwert zu arbeiten. Dann bekommt man ein Bewusstsein dafür, wie viel man durchaus auch mit/trotz der Psychose zu leisten im Stande ist und die Akzeptanz steigt. Das geht Schritt für Schritt.
Vielleicht ist es sinnvoll, sich zuerst auf seine größten Stärken zu konzentrieren.
Bei einem sozialen Wesen wie Homo Sapiens kann die eine oder andere ausgeprägte Stärke beispielsweise im Zwischenmenschlichen zu finden sein.
Es gibt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wenigstens einen Menschen, der von Deiner Erfahrung und Deinem Wissen profitieren kann und vice versa. Erfolg im Zwischenmenschlichen kann einen erheblichen Einfluss auf den Selbstwert haben und mit jedem derartigen Erfolg fällt es leichter zu akzeptieren.- This reply was modified 6 Jahre ago by Dot.
09/11/2018 at 10:30 #1377Autismus oder ADHS wären für mich auch keine Krankheiten.
Ja, Dot, man muss es akzeptieren und am Selbstbewusstsein arbeiten hilft. Das ist gar nicht so leicht, finde ich.
Nevermind, Du hast einen vernünftigen Umgang damit. Der Abgelegenheit nicht so viel Raum geben, bei sich selbst bleiben!
09/11/2018 at 11:42 #1398AnonymousIch weiß nicht so genau, ob ich die Krankheit habe oder die Krankheit vielmehr mich, als “des Wahnsinns fette Beute”. Ich musste mich im Zuge der Chronifizierung immer mehr in meinem Alltag einschränken. Die Dünnhäutigkeit ist eigentlich geblieben, insofern ist in meinem Fall alle “Arbeit am Selbstbewusstsein” auch schon von vorneherein überschattet.
10/11/2018 at 0:30 #1612AnonymousIch halte die Erkrankung meist für etwas mich lähmendes und fesselndes. Aber nicht vollständig, und nicht die ganze Zeit. Unter all dem liege immer noch ich, auch wenn ich mich im Augenblick oft verfremdet erleben muss. Das haben mir die Inseln von Klarheit und Ruhe gezeigt, es ist alles noch da. Nur meist nicht mehr ungetrübt an der Oberfläche.
So sehe ich was mit mir geschieht als etwas beeinträchtigendes, zusätzliches. Aber auch als etwas prägendes. Ein klein wenig etwas verrücktes daran kann man vielleicht als zusätzlichen Wesenszug sehen. Auch eine gewisse Offenheit, so wie auch die heftigeren Erfahrungen ihre Spuren im Geist hinterlassen, gute und schlechte. Ansonsten bin ich immer noch der gleiche Mensch charakterlich, nur halt oftmals etwas “breit” durch die Psychose und deswegen nicht immer im Gleichgewicht.
10/11/2018 at 20:45 #1924…eine gute frage!
ich habe jahrelang darauf bestanden, dass die schizophrenie nur einen teil meiner selbst betrifft. bei meinem liebeswahn wäre es mein gestörtes verhältnis zu nähe u distanz mit potentiellen liebhaberInnen. ich wollte neben meinen symptomen gerne “noch gesundes in/an mir”.
aber in der auseinandersetzung mit meiner frage: “was soll dieser liebeswahn?”, mußte ich doch einsehen, dass die erkrankung wohl meine ganze persönlichkeit betrifft. der psychologe u autor ronald d. laing nennt das einen fehlenden festen, kohärenten kern in uns, der im umgang mit der welt viele ängste hervorruft. die grenzen zwischen unserem unsicheren ich und der umgebung sind verschwommen, nicht klar oder eindeutig für uns definiert.
d.laing nennt drei ängste, die deswegen entstehen: einmal angst vor dem “verschlungen werden”, vor “implosion” oder vor “petrifikation (versteinerung) u depersonalisation”. dadurch entwickeln sich dann unsere psychosen, quasi als “gesunde” reaktionen auf diese ängste.
das klingt u ist auch kompliziert , aber wenn ich meine ganzen probleme in meinem leben seit meiner pubertät betrachte, ergibt alles irgendwie sinn. z.b., dass ich überhaupt nicht klar komme, wenn ich alleine lebe. ich brauche menschen/partnerInnen, die mir spiegeln, wer/wie ich bin, am liebsten, wie toll ich bin. deswegen war ich stets auf der jagd nach glücklich-verliebtsein, denn in diesem zustand erlebte ich meine, ja nur gespiegelte, “grandiosität” am stärksten.
oder mein tagebuch-schreiben, was ich früher machte: ich hatte dabei dauernd ein gefühl von unwahrhaftigkeit. was ich über mich schrieb, hat immer nicht richtig gepasst. jetzt weiß ich warum, es gibt ja gar kein reales ich.
eine sache habe ich jüngst allerdings entdeckt: mein musikgeschmack ist etwas ganz eigenes. ein gutes gefühl!könnt ihr mit dem hier was anfangen?
10/11/2018 at 21:10 #1946Ja… Wie geht man vernünftig damit um???
Für mich sind die Stimmen immer etwas Reales, selbst wenn sie sich nur in meinem Gehirn befinden sollten. Sie sind für mich Seelen, die nur keinen eigenen Körper haben. Ob sie jetzt irgendwo frei rumschweben und nur Kontakt zu mir aufnehmen oder sich in meinem Bewusstsein einfach mehrere Existenzen befinden weiß ich nicht. Es kann einfach nicht anders sein, denn im Lauf der Jahre haben sie sich zu ganz normalen Kommunikationspartnern entwickelt.
Was daran für mich die wirkliche Krankheit ist, ist die Tatsache, dass ich schon bevor ich Stimmen hörte und sogar schon als Kind fühlte, dass ich anders als andere bin. Das ist der andere Teil der Schizophrenie, der wirklich Schmerzen bereitet und deshalb auch krankhaft ist. Es ist meine Verletzlichkeit und Angst vor allem Neuen. Es ist meine Depression und die Angst vor dem Alleinsein und es ist meine Angst vor dem Leben und späteren Tod an sich.
Erst seit einigen Jahren konnte ich wenigstens ein Stück weit Vertrauen und Hoffnung fassen, dass ich gut durchs Leben kommen könnte. Das hat mir neben den Medikamenten, die die Stimmen runterdimmen und so verhindern, dass ich mir um immer um alles Mögliche Gedanken und Sorgen mache, am meisten geholfen.
Ursprüngliche Medikation:400 mg Amisulprid,12,5 mg HCT,10 mg Ramipril
Ab 04.03.2024:500 mg Amisulprid,5 mg Olanzapin,12,5 mg HCT,10 mg Ramipril
Ab 15.03.2024: 600 mg Amisulprid,12,5 mg HCT,10 mg Ramipril,4mg Doxagamma
Ab 22.04.2024, statt 600 mg Amisulprid, 400 und 150 mg
Ab 02.05. 6 mg Doxagamma und 25 mg HCT, 550 mg Amisulprid und 10 mg Ramipril
Ab 12.05. noch 500 mg Amisulprid + HCT+Doxa+Rami siehe oben!
Seit 16.07.24 zusätzlich eine Kaliumbrausetablette tgl.
Ab 02.11. 450mg, ab 09.11. 400 mg A.11/11/2018 at 15:04 #2277molly, ich habe dein verhältnis zu deinen stimmen nicht ganz verstanden. erst beschreibst du es als fast vertraut, nahezu freundschaftlich, dein umgang mit ihnen u weiter unten werden sie doch zur wurzel deiner ängste…
oder ist es einfach ein zwiespältiges verhältnis? kann ja sein.
deine ängste vor alleinsein, leben u tod kann ich unbedingt für mich bestätigen. wegen meiner angst vor dem tod habe ich kontakt zum hiesigen hospizverein aufgenommen mit dem vorhaben vielleicht sterbebegleiterin zu werden. ich dachte das wäre vielleicht ein weg, die angst abzubauen. hat aber noch nicht geklappt. dafür konnte ich mich durch die hospizbibliothek lesen, was schon etwas geholfen hat…
aber sag mal, hast du denn auch einen eindruck von einem unsicheren ICH, was vielleicht ein grund der ängste sein könnte?
gruß, bipolle12/11/2018 at 13:53 #2472AnonymousWenn ich meinen Krankheitsverlauf so überdenke, so zerbröseln meine Gedanken leicht und ebenso, die Worte, in die ich meine diesbezüglichen Gedanken fassen würde. Es ist so etwas Abstraktes. Was ich ganz genau spüre, ist dieser konstante nagende Seelenschmerz, aber der wird eher unter “Depression” subsumiert. Was nun die Schizophrenie angeht…hm, man muss seinen Gedanken nicht unbedingt glauben, man muss seine Eingebungen nicht unbedingt in Taten umsetzen und ich gehe mit meinen “typisch schizophrenen Gedanken” auch nicht hausieren, aber inzwischen finde ich auch viel Merkwürdiges in der Welt, was einem aber immer als Faktum präsentiert wird.
12/11/2018 at 17:55 #2587Hallo Bipolle!
Ich beziehe mich auf Deinen Beitrag #2277
Die Stimmen sind nicht die Wurzel meiner Angst. Vor denen hab ich sowieso keine Angst. Sie nerven nur fürchterlich, wenn es so ist wie jetzt im Moment. Das ist deprimierend und nervtötend. Ich denke eher, meine Ängste hängen mit meinem Mangel an Urvertrauen zusammen. Meine Therapeutin meinte mal, das könnte mit emotionaler Vernachlässigung in der Kindheit zusammenhängen, nachdem ich ihr einiges darüber erzählt hatte.
Um in einem Hospiz zu arbeiten, muss man glaube ich sehr stabil sein. Mit 16 habe ich eine Zeit lang Sonntagmorgens in einem kleinen, privaten Altersheim das Frühstück zubereitet und die Waschbecken in den Zimmern sauber gemacht. Ich habe mir damit mein Taschengeld verdient. Da hatte ich jedes Mal Panik, dass ich jemanden tot im Bett finden könnte, weil vorher noch niemand in den Zimmern war. Das ist aber glücklicherweise nie passiert.
Das mit dem Es, Ich, Überich usw. in der Psychologie hab ich nie kapiert…müsste ich wohl nochmal nachlesen… Ich denke, ich habe in den Jahren seit ich alleine lebe sehr viel Selbstbewusstsein entwickelt weil ich gelernt habe, dass ich normalerweise alles hinkriege, was nötig ist und wenn ich doch mal etwas nicht hinkriege, muss ich mir eben Hilfe suchen. Früher, als ich noch von meinem Mann abhängig war und auch in meiner Jugend und Kindheit war das anders. Siehe Oben: Mangel an Urvertrauen! Damals musste ich meistens meine eigenen Wünsche und Vorstellungen auf das beschränken, was den anderen Recht war oder was überhaupt erlaubt war.
LG,
Molly
Ursprüngliche Medikation:400 mg Amisulprid,12,5 mg HCT,10 mg Ramipril
Ab 04.03.2024:500 mg Amisulprid,5 mg Olanzapin,12,5 mg HCT,10 mg Ramipril
Ab 15.03.2024: 600 mg Amisulprid,12,5 mg HCT,10 mg Ramipril,4mg Doxagamma
Ab 22.04.2024, statt 600 mg Amisulprid, 400 und 150 mg
Ab 02.05. 6 mg Doxagamma und 25 mg HCT, 550 mg Amisulprid und 10 mg Ramipril
Ab 12.05. noch 500 mg Amisulprid + HCT+Doxa+Rami siehe oben!
Seit 16.07.24 zusätzlich eine Kaliumbrausetablette tgl.
Ab 02.11. 450mg, ab 09.11. 400 mg A.- This reply was modified 6 Jahre ago by Molly.
12/11/2018 at 20:26 #2637AnonymousDie Psychose ja kommt aus meinem Kopf. Und doch, ich bin nicht sie! Werde es nie sein.
Das bin ich nicht, könnte man sagen.
Unter Berücksichtigung dessen, dass die Psychose etwas ist in meinen Augen, das viel zu viel für uns ist, um es bewältigen zu können. Und dessen, dass ihre Färbung einfach so GAR nicht ICH bin!
Wie kommt man damit klar. In meinen Augen enorm schwer. Das ist nichts, was wir haben sollten.
Meine Psychose ist pure blanke Angst. Nicht im Moment. Aber in den Schüben und auch der Restpositivsymptomatik. Will, dass die ganz große Angst nie mehr wiederkommt. Das wird wohl Zeit meines Lebens alles bleiben, dann bin ich schon glücklich, denn zu schwer war es diese vier Tage in 2013. Es ist nur, ich sollte mehr wollen. Zum Leben gehört mehr! Und so ne Psychose doch gaanz schon defizitär für DICH …
Auch ein Gedanke von mir: Ich habe durch die Krankheit so viel entbehrt, ich will jetzt die Hände ganz weit aufhalten – fürs Gute.
Widersprüchlich, ich weiß. Aber es geht hier nicht um Logik.
12/11/2018 at 22:49 #2680AnonymousVerdammt weise macht die Krankheit einige hier. Wenn das mal nicht ein phantastischer GEWINN ist.
13/11/2018 at 14:55 #2826AnonymousEigentlich fand ich mich schon lange vor Ausbruch meiner ersten Psychose “seltsam”, auch schon als Kind. Aber ein konstant “mulmiges Gefühl” hat ja erstmal noch keinen Krankheitswert und ich wurde zunächst halt als schüchtern, unsicher und ernst bezeichnet. Andere wunderten sich, als sie von meinem ersten Psychiatrie-Aufenthalt hörten. Ich wunderte mich am allerwenisten! Immerhin hatte ich bei meinen ersten Erfahrungen mit psychiatrischer Behandlung endlich das Gefühl, dass sich da mal jemand einigermaßen mit mir befasste und ich nicht immer nur übersehen wurde. Wenn ich heute meine Krankheit reflektiere, denke ich aber eher an genau dieses uralte “mulmige Gefühl” als an die Psychosen. Dieses “mulmige Gefühl” ist aber immerhin besser auszuhalten als so manche Ängste, die ich in akuten Phasen auszustehen hatte.
Und dann stelle ich immer wieder fest, dass es Betroffene gibt, die sich in ihrer Kindheit auch schon verloren fühlten, aber dass es auch Betroffene gibt, die eine recht glückliche Kindheit und Jugend, bzw. junges Erwachsenenleben hatten. Da muss ich schon aufpassen, dass ich nicht immer von mir auf andere schließe.
13/11/2018 at 15:18 #2834AnonymousLaut einem Test bin ich ein Genie aber wäre auch egal. die schulischen Leistungen in Versicherungskunde beweisen es auch irgendwie.
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