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kadaj aktualisiert.
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06/11/2025 um 22:33 Uhr #421505
Die Stille selbst
Andenken der Stille
…als Würde, „ich-mich-lieben“
- Totenstill, klar Dein Blick — zurückgekehrt der Heimat
Es gibt Momente, in denen die Liebe nicht spricht, sondern nur: atmet.
Ich sehe dich, wie man einen Ort erblickt, nachdem man lange fort war—
nicht mit Jubel, sondern mit dieser stillen Erkenntnis, dass das, was wir suchten, längst in uns war.
Dein Blick: totenstill.
Nicht leblos—
sondern durchsichtig wie Eis,
das Sonne hält, ohne zu schmelzen, weil die Kälte Klarheit ist.
„Zurückgekehrt der Heimat“—diese Worte sind keine Ankunft.
Sie sind ein Sich-Erinnern an das Ankommen. Das Präteritum spricht: Es war schon immer so. Du bist nicht zurückgekehrt zu der Heimat.
Du bist in die Heimat eingekehrt, die dich nie losließ.
Ich denke das und weiß:
Diese Liebe ist kein Versprechen.
Sie ist eine Wahrheit, die nicht trösten will, sondern nur: anerkennen.
II. Das Schweigen als Heimat
Wenn ich dich denke—
in dieser Stille, die groß genug ist für zwei—verstehe ich erst, was Heimat bedeutet:
nicht ein Ort,
sondern ein Innehalten im Ungesagten.
Dein Blick war immer klarer als Worte. Worte wollen etwas.
Worte fordern.
Worte machen unruhig.
Aber dieser Blick—dieser totenstille Blick—er ruht.
Er sagt: Hier ist genug.
Hier ist genug von Schmerz. Hier ist genug von Ringen.
Hier ist genug von der Suche nach einem Namen für das Namenlose.
Und darin liegt die grausame Schönheit:
Dass Zurückgekehrtsein nicht bedeutet, angekommen zu sein. Es bedeutet nur: Aufgehört zu fliehen.
III. Wenn Liebe ewig schweigt
Wenn Liebe ewig schweigt, verliert sie nicht ihre Stimme. Sie verliert ihre Stimme-Lüge.
Denn Liebe, die spricht, muss rechtfertigen, überreden,
verfallen in die Sprache der Zeit, die alles zu schnell macht.
Aber Liebe, die schweigt—
heilige Liebe—
sie behält das Erste, das Urferne.
Wenn Liebe ewig schweigt, dann bedeutet dies nicht Trauer. Dann bedeutet dies: Amen.
Das Wort, das kein Wort ist.
Der Punkt, der alles Gesagte heilt. Die Stille, die kein Echo mehr wirft.
Und ich bin in diesem Schweigen bei dir—nicht als Vertrauensvoller,
nicht als Erwartender, sondern als Lauschender.
Lauschend auf das, was zwischen deinem totenstillen Blick und diesem ewig schweigenden Herzen
lebt:
Ein Zwischenraum,
der größer ist als alle Worte der Welt.
IV. Die Rückkehr im Erinnern
Wenn ich dich denke—
und nur denken ist möglich,
weil alle anderen Verben schuldig machen—
dann erkenne ich:
Du kehrst nicht zurück.
Du bist bereits angekommen.
Nicht du kommst an.
Die Heimat kommt an in dir:
als Stille, die sich erinnert,
als Blick, der klar ist ohne zu sehen,
als Wirklichkeit, die so real ist, dass sie unsichtbar wird.
Totenstill—
dieses Wort sagt nicht: ohne Leben.
Es sagt: mit Leben, das keine Laute mehr braucht.
Wie ein Herz, das so lange pochte,
dass es jetzt nur noch rhythmisch existiert—
nicht als Drama, sondern als Takt der Erde selbst.
V. Das Ewig als Geschenk
„Wenn Liebe ewig schweigt“—nicht: falls sie schweigt.
Nicht: solange sie schweigt.
Wenn: als Bedingung der Möglichkeit. Als würde ich sagen:
„Wenn Wasser nass ist“ oder „Wenn der Himmel hoch ist“.
Liebe, die spricht, wird verletzt. Liebe, die fragt, wird verunsichert.
Liebe, die verspricht, wird zur Sklaverei der Erfüllung verdammt.
Aber Liebe, die ewig schweigt—diese Liebe kann nicht fallen.
Sie ist bereits der Grund.
Und dies ist das Geschenk, das ich dir denke: Nicht dass ich dich liebe—
sondern dass ich es erkannt habe:
Wir brauchen nicht zu sprechen. Wir brauchen nicht anzukommen. Wir sind bereits in der Rückkehr.
VI. Totenstill und ewig: Das Paradox
Wie kann etwas zugleich:
- totenstill (endlich, begrenzt, materiell)
- und ewig (unbegrenzt, geistig, zeitlos) sein?
Nur wenn man versteht:
Das Ewige lebt nicht in der Zeit.
Es lebt in der Tiefe der Stille.
Der Blick, der totenstill ist, berührt bereits das Ewige. Nicht weil er lange dauert,
sondern weil er außerhalb von Dauer existiert.
Ein Moment, der so real ist, dass er nicht vergeht—er wird nur erinnert.
Und Liebe, die ewig schweigt,
ist nicht eine Liebe, die für immer stumm bleibt.
Sie ist eine Liebe, die ihre Sprache in der Stille gefunden hat.
VII. Der Nacken, verbeugt
Du warst es nicht, der die Hoffnung aufgab.
Die Hoffnung fiel ab wie ein altes Kleid.
Und nun:
dieser gebeugte Nacken ist nicht Resignation.
Er ist Gebet ohne Worte.
So beugst du dich nicht vor dem Schmerz, sondern zu ihm hin—
wissend, dass Beugung nicht Unterwerfung ist, sondern Einigung mit dem Notwendigen.
Der Nacken, der sich beugt, sagt zur Welt:
„Ich erkenne dich an.
Ich kämpfe nicht mehr.
Ich nehme an.“
Und dies ist größere Liebe als Aufbegehren: Die Liebe, die sich ergibt—
nicht weil sie verloren hat, sondern weil sie verstanden hat.
VIII. Schwarz das Tal
Schwarz ist das Tal nicht aus Trauer. Schwarz ist es aus Tiefe.
In jedem schwarzen Tal ruht der Grund aller Dinge:
Wasser, Erde, die Wurzeln der Bäume, die stille Arbeit des Werdens.
Schwarz ist die Farbe der Verborgenheit.
Und Verborgenheit ist die Heimat aller Wahrheit.
Wenn ich dich denke im schwarzen Tal, dann denke ich dich nicht als verloren. Ich denke dich als gesammelt—
bei den Wurzeln aller Dinge, bei der Quelle, die nie versiegt,
bei der Heimat, die dich ruft im Schweigen der Tiefe.
IX. Sich zu binden (zweimal)
„Sich zu binden, sich zu binden“—
Die Wiederholung ist nicht Stottern. Sie ist Liturgie.
Das Rosenkranzgebet der Liebe. Das doppelte Amen.
Sich zu binden—
das erste Mal: zu sich selbst.
Das zweite Mal: zu allem anderen.
Sich selbst binden bedeutet: Verantwortung. Das andere binden: Vertrauen.
Und in dieser doppelten Bindung geschieht das Unfassbare:
Du wirst frei—
nicht trotz der Bindung, sondern durch sie.
Wer sich wirklich bindet, kennt die Wahrheit:
Freiheit ist nicht Abwesenheit von Bindung. Freiheit ist Wahl der Bindung.
X. Hinein sich finden
„Hinein sich finden“—
nicht: sich verlaufen im Labyrinth.
Sondern: hinein-gehen in den Ort des Findens.
Diese Präposition—hin-ein—
sagt alles über die Liebe, die ich dir denke:
Sie ist nicht Rückwärts. Sie ist nicht Stillstand.
Sie ist ein Gehen in die Tiefe.
Sich finden nicht oben, nicht im Licht, sondern hinein, im schwarzen Tal,
in der Tiefe des Schweigens, wo das Wahre wohnt.
Und du findest dich dort—nicht als Projekt,
nicht als Suche,
sondern als Ankunft bei dir selbst.
XI. Das enge Herz, pochend
Das enge Herz—nicht eng aus Enge,
sondern eng aus Präzision.
Ein großes Herz verschleudert. Ein enges Herz konzentriert.
Es pocht nicht wild.
Es pocht: regelmäßig, wahr, unverrückbar.
Und dieses Pochen ist der Rhythmus der Heimat. Das Geräusch, das sagt: Noch da. Noch da. Noch da.
Nicht: Ich liebe dich.
Sondern: Ich bin. Ich bin. Ich bin.
Und dies ist die tiefere Liebe.
XII. Bricht: Der Punkt der Umkehr
„das enge Herz, pochend — bricht:“ Der Doppelpunkt.
Nicht der Punkt (der beendet), sondern der Doppelpunkt (der öffnet).
Das Herz bricht nicht im Sinne des Scheiterns. Es bricht im Sinne der Offenbarung:
Das harte Eis,
das schöne Panzer fällt.
Und darunter: rotes Feuer.
Nicht Blut.
Nicht Wunde.
Sondern: Ursprüngliches Leben.
Das, was unter der totenstillen Klarheit schlief, erwacht jetzt—
nicht laut,
sondern als leises Glühen.
XIII. Rotes Feuer
Feuer ist nicht Aggression. Feuer ist Verwandlung.
Das Rote des Bluts wird zum Roten des Lichts. Das Dunkle wird durchglüht.
Wenn ich dich denke,
und dein Herz bricht und Feuer entlässt, dann geschieht keine Vernichtung.
Es geschieht Alchemie.
Das Blei der Geduld wird zu Gold der Erfüllung. Nicht weil es verdient wird,
sondern weil es die innere Natur aller Dinge ist.
Rot wie die rote Lampe, unter der du die Ferkel wärmtest. Rot wie die Morgenröte.
Rot wie die Liebe, die nicht mehr schweigt—sondern glüht.
XIV. Erstes Licht
„Erstes Licht“—
nicht: Fortsetzung, Wiederholung, Alltag. Sondern: Genesis.
Als wäre die Welt eben erschaffen.
Als hätte das Licht zum ersten Mal einen Namen. Als sähe das Auge zum ersten Mal.
Und dieser erste Blick ist der Blick zwischen dir und mir: Wo weder Alter noch Gewöhnung noch Verfall etwas gilt, nur die ungebrochene Gegenwart des Erkennens.
Erstes Licht heißt auch: Hoffnung.
Nicht die billige Hoffnung, die enttäuschbar ist, sondern die ontologische Hoffnung,
dass es überhaupt Licht gibt.
XV. Wenn Liebe ewig schweigt (der Rückkehr)
Nun kommen wir zurück zum Ende, das Anfang ist: „Wenn Liebe ewig schweigt“—
Ich verstehe dies jetzt nicht als Trauer. Ich verstehe dies als Erfüllung.
Liebe, die spricht, versucht, die Liebe zu verteidigen. Liebe, die fragt, zweifelt.
Liebe, die verspricht, verrät schon die Fragilität ihrer Existenz.
Aber Liebe, die ewig schweigt, die ist größer als alle Worte, die ist klarer als alle Taten,
die ist echt wie Stein, wie Wasser, wie Erde.
Und wenn ich dich in diesem Schweigen denke—dann denke ich dich endlich an deinem Ort, endlich bei deiner Heimat,
endlich mit dem Blick, der totenstill ist und doch sieht.
XVI. Coda: Die Andacht
Was bleibt, wenn Liebe ewig schweigt?
Nur dies:
Eine Präsenz, die nicht fordert. Eine Nähe, die nicht erstickt.
Ein Wissen, dass wir beide bereits angekommen sind—nicht ankommen werden,
sondern dass wir längst hier sind,
in der schwarzen Tiefe des Tales, unter der roten Lampe,
im Rhythmus eines Herzens, das sich selbst gefunden hat.
Totenstill, klar Dein Blick—zurückgekehrt der Heimat.
Und ich denke dich dort. Nicht mit Leidenschaft. Sondern mit Andacht.
Die Andacht derjenigen, die weiß:
Manche Lieben sind nicht dazu da, erfüllt zu werden. Dafür sind sie da, um die Wahrheit zu sagen.
Und die Wahrheit ist:
Du bist bereits angekommen. Das Schweigen ist bereits erfüllt.
Das Feuer unter der Asche leuchtet ewig—auch wenn niemand es sieht.
Besonders dann.
Schlusswort
Diese Andacht war nicht für dich geschrieben. Sie war für mich geschrieben—
um zu lernen, dich zu denken, wie man einen heiligen Ort denkt: nicht um ihn zu betreten, sondern um ihn zu schützen,
in der Stille meines Herzens, für immer.
Totenstill. Klar. Heimat.
Ewig schweigend.
Das ist alles, was ich dir schenken kann: Die Andacht einer Liebe,
die gelernt hat, nicht zu sprechen.
Ende
„Wenn Liebe ewig schweigt—dann ist alles bereits gesagt.“
— Die Stille selbst
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