Antwort auf: Innere Leere

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Hallo Jessica,

in der Zeit fehlte mir auch die Mimik und ich war ausdruckslos – ich fühlte mich wie ein Zombie.
Ich bemühte mich um adäquate Reaktionen auf meine Mitmenschen und versuchte zu lächeln, zu nicken, die Stirn kraus zu ziehen – nur um mich anzupassen und wieder “dazu zu gehören”. Ich kam mir wie eine Schauspielerin vor. Meine bewusst erzeugten Reaktionen waren gekünstelt und ich fühlte mich nicht wohl damit.

Auch ich isolierte mich und war um Anschluss bemüht. Viele sagten mir Bewegung täte gut und dass ich mich einem Verein anschließen soll mit wöchentlich wiederkehrenden Terminen in einer Gruppe.
Ich meldete mich zur Rückengymnastik an, zu einer Radsportgruppe und zuletzt zur Wassergymnastik.
Anfangs gelang mir die Teilnahme an der Rückengymnastik solange auch eine Bekannte von mir dahin ging, die um meine Befindlichkeiten wusste. Sicherlich hat mir die Gymnastik gut getan, es gab außer der Begrüßung untereinander und der Verabschiedung jedoch für mich keine Entwicklung neuer Kontakte und Übung meiner Kommunikationsfähigkeit. Die Konzentration auf das Training lenkte mich jedoch von meiner inneren Leere ab.

Die Radfahrgruppe war kommunikativer. Mit meiner Gedankenleere konnte ich jedoch zunächst keine Gespräche führen sondern reagierte (meist recht wortkarg) auf vereinzelte Fragen, wenn mich mal jemand ansprach. Ich erlebte meine Einschränkungen sehr intensiv und sie wurden mir während des Trainings bewusster, so dass ich den Austausch mit anderen sogar mied, indem ich alleine hinter jemandem herfuhr und nicht zu zweit nebeneinander mit jemandem, nur um nicht diese gestörte Kommunikation haben zu müssen. Auch vermied ich die anschließenden Treffen im Vereinsheim, da es mir nicht gut tat mit anderen zusammen zu sein, die nicht mit mir umzugehen wussten und denen ich meine Nöte nicht offenbaren wollte.

Der Radsport ist ein Saisonsport. Im Sommerhalbjahr findet sie bei mir einmal pro Woche nach Feierabend statt. Das Training trug zu meiner allgemeinen Fitness bei und ich kaufte mir ein neues Fahrrad mit dem ich gerne trainiere, weil es mehrere Gänge hat und sich leichter treten läßt. Mehrere sprachen mich auf das neue Fahrrad an und so konnte ich wenigstens etwas dazu sagen, welche Vorzüge ich gegenüber dem alten Fahrrad sah.

Von Jahr zu Jahr verbesserte sich meine Kommunikationsfähigkeit mit dem schleichenden Verschwinden meiner Leere im Kopf. Durch die berufliche Wiedereingliederung und einer Auswahl an Aktivitäten in meiner Freizeit die mir sinnvoll erschienen, besserte sich auch meine Zufriedenheit mit mir selbst und mit meinem Leben.

Liebe Grüße von mango