Antwort auf: Selbstmordgedanken

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Anonym

    Ich finde in diesem Zusammenhang Gedanken über eine eventuelle “Nützlichkeit” als einen schlimmsten moralischen Abweg. Daraus spricht in meinen Augen finsterste menschenfeindliche Philosophie. Wer bestimmte Rechte nur jemandem zusteht, den er irgendwie für “nützlich” befindet, der sollte wissen, dass er damit potentiell sich selbst verdammt. Denn ein Wegfall von dieser “Nützlichkeit”, wie auch immer die auszusehen hat, kann jederzeit jeden treffen. Ich bin der Ansicht, das Leben ist in jeder Form zu ehren wie es nur irgend möglich ist. Einzig das eigene Leben sollte in der Entscheidungsgewalt von Menschen liegen, der Wert des Lebens anderer niemals. Von Nützlichkeiten von Menschen als Argument für einen moralischen Stand ihnen gegenüber zu sprechen ist in meinen Augen nichts weiter als ein Instrument, um das generelle Benutzen von Menschen zu welchen Zwecken auch immer zu rechtfertigen, und ihnen dabei auch noch das Selbstbewusstsein zu untergraben, damit sie nicht mehr in der Lage sind ihre Würde souverän zu verteidigen.

    Wer akzeptiert, dass jeder, egal wie er geartet ist und wie stark und produktiv usw er ist, das gleiche Recht zum und den gleichen Stellenwert im Leben haben muss, der kann finde ich überhaupt erst anfangen, sich selbst zu akzeptieren und zu mögen, und sein Leben zu lieben. Wer andere dafür hasst, dass sie nicht hart genug dienen können, der bewirkt in sich das Gegenteil. Ich finde wirklich schlimm, wenn Menschen aufgrund eines Mangels an Kraft zur Dienstbarkeit ihr Platz in der Gesellschaft abgesprochen werden soll. Ich finde, man sollte eher über Probleme sprechen, wo Menschen aktiv Leid und Schaden an anderen zu ihrem Vorteil erwirken. Solche Menschen sind finde ich für die Gesellschaft viel kritischer als solche, die aufgrund von Schwächen nicht die Leistungen erbringen können, die andere gerne von ihnen hätten.

    Ich wünschte, unsere Gesellschaft wäre derart geartet, dass bei’m Thema “Selbstmord” keine Diskussionen über mangelnden Stellenwert der sozialen Rolle geführt werden. Sondern dass konsequent demonstriert würde, dass jeder dazugehören muss. Und bei jedem, der aus einer Rolle fallen musste mit gemeinsamer Anstrengung geschaut wird, wie er eine neue Rolle bekommen können würde. Nicht damit andere in dieser von ihm etwas fordern können, sondern damit derjenige sehen kann, dass er auch mit noch so schlimmen Beeinträchtigungen ein geschätztes Mitglied der Gemeinschaft sein kann.

    Zum Thema Suizid sage ich nur, dass auch ich am Anfang meines Erkrankungsweges in dieser mentalen “Bringschuld Falle” gegenüber der Gesellschaft gewesen bin, und zudem glaubte, ich könnte nie wieder etwas sinnvolles tun. Ich spielte mehrfach mit dem Gedanken mir konkret das Leben zu nehmen. Zum Glück ist es nie zum schlimmsten gekommen. Ich lehne für mich persönlich mittlerweile Überlegungen, mein Leben beenden zu wollen konsequent ab. Ich glaube, der menschliche Körper in dem wir sind ist etwas sehr sehr wertvolles, das man nicht einfach vernichten darf, auch wenn er einem manchmal noch so grosse Schmerzen macht. In diesem Körper steckt immer die Möglichkeit, diesen Schmerz zu überwinden und Dinge zu erfahren, die diesen Schmerz tausendmal wert sein können. Selbst der Schmerz kann es wert sein, weiterzuleben. Schmerz zu tragen und zu ertragen ist ein Ding, das den Geist stärken kann wie nichts anderes – nach dem Schmerz kommt dann vielleicht irgendwann das Aufhören des Schmerzes, und das Leben in einem Leben, das so viel reicher ist als das vorher. Diese Möglichkeit, diese Hoffnung, nimmt man sich durch einen Suizid selbst weg. Lasst es sein, habt Geduld mit euch und anderen. Kein Schmerz währt ewig. Lebt, es lohnt sich.